Wunder gibt es immer Werder: Bremen schießt sechs Tore und spielt nun in der Relegation. Für immer Fifteen-Love: der Ticker.
Hallo und herzlich Willkommen! Letzter Spieltag in dieser unwirklich anmutenden Bundesligasaison. Und tatsächlich: mit Spannung. Es ist ein Zweikampf. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Ein Fernduell. Immer fragend: Was sinkt schnell – Werder Bremen oder das Niveau?
Florian Kohlfeldt, nur noch einen Klassenerhalt davon entfernt, dass jeder Journalist seinen Namen richtig schreibt, jedenfalls verspricht: „Morgen gibt es nur ‚Messer zwischen die Zähne und raus da!‘“ Ich persönlich finde: Wiesenhof sollte geschlossen bleiben.
Wolff-Christoph Fuss meldet sich aus Bremen. Wohl nur, weil Uli Klose keinen Arbeitsvertrag bei Sky hat.
Bitte nicht vergessen: Es geht heute auch um sehr viel Geld. Genauer, um 15 Millionen Euro, die Hertha nur bekommt, wenn Werder nicht absteigt und damit 0‑Tore-Stürmer Davie Selke in Brem… hahaha. Tschuldigung.
Fuss informiert: „Sie haben sich bewusst gegen ein Trainingslager entschieden.“ Ich finde, so schlecht war die Vorbereitung unter Kohfeldt nun auch wieder nicht.
Klar, Werder auf Sicherheit bedacht. Will ein Gegentor vermeiden. Aber können sie über 90 Minuten eine Standardsituation vermeiden?
Fraglich natürlich, ob Bremen genug für den Klassenerhalt getan hat. Düsseldorf z.B. hat erst gestern einen neuen Rechtsverteidiger verpflichtet.
Uff! Beziehungsweise: Modeste. Hat Hammer und Nagel in der Hand, bereit, Werder vorerst einzusargen. Belässt es dabei, Pavlenka anzuschießen. Schweigen von den Rängen.
Über Bremen regnet es. Wann wechselt Kohfeldt Fritz Walter ein? Oder wenigstens Johan Micoud?
So sehr wie Werder mit dem Rücken zur Wand steht, wundert mich eigentlich nur, dass Alfred Draxler für Bremen noch nicht seinen guten Ruf als Journalist aufs Spiel gesetzt hat.
Herrlicher Pass auf Rashica in die Lücke. Aber: Keine Chance, Füllkrug hatte die Lippen verschlossen.
TOOOOOOOOR für Bremen! Friedl spielt den Ball in die Mitte, Eggestein will vielleicht schießen, aber verzieht. Verzieht perfekt. Der Traumpass des kleinen Mannes. Osako am Ball, schlenzt zum 1:0 in den Winkel. So effizient, bei Wiesenhof stellen sie ab morgen auf Osakordarbeit um.
TOOOOR in Berlin! Für Union. Es läuft alles so dermaßen nach Plan, wann genau hat Google Maps die Rechte an der Bundesliga gekauft?
Bums mich! 3:0 für Werder! Weil Bremen erst auf Handspiel reklamiert und dann einfach das macht, was Bremen seit dem 1. Spieltag nicht mehr getan hat: spielt einfach weiter. Und Füllkrug steht in der Mitte, schweißt den Ball so dermaßen in die Maschen, ein IHK-Vorsitzender überreicht beim Torjubel die Ausbildungsurkunde.
Köln bringt Höger. Spätestens jetzt würde ich an Düsseldorfer Stelle mal Einspruch einlegen.
Nur noch zehn Minuten, bis Dieter Nuhr im Fortuna-Fanradio nichts andeuten will, aber Greta Thunberg für die Ergebnisse verantwortlich macht.
Wer hätte gedacht, dass Wolff-Christoph Fuss kurz vor dem Pausenpfiff fragt, wie Werder mit der unbekannten Situation umgehen wird. Und damit eine 3:0‑Führung meint.
Will nicht andeuten, dass Köln den Eindruck macht, es ginge hier für sie um nichts mehr. Aber wenn ich es gerade richtig gesehen habe, dann hat Gisdol gerade den Zeugwart angewiesen, die Liegestühle aufzustellen.
Schiri Dankert pfeift zur Pause. Jetzt ist Kohfeldt gefragt, kann er spontan einer Mannschaft begreifbar machen, wie man eine Führung verteidigt?
Aber bleiben wir sachlich. Die größte Überraschung sicherlich, dass Schalke hier heute nicht mehr in Abstiegsgefahr geraten kann.
Weiter geht’s. Bremen hofft auf Düsseldorf. Beziehungsweise: Die Hölle, das sind immer die anderen.
Falls noch jemand Argumente braucht, warum Düsseldorf kein Tor mehr schießen sollte, einem Werder aber eigentlich auch komplett egal ist: Zwei(!) Spiele(!) mehr(!) für(!) Pizarro(!!!).
Ernsthaft, Schalke liegt 0:3 hinten gegen Freiburg. Wartet seit 15 Spielen auf einen Sieg. Also ganz ehrlich, ich meine das nicht einmal mehr verhöhnend, sondern fordernd, dass die da oben bei der DFL, die dieses Produkt ja auch verkaufen wollen, und das ist ja das einzige Argument, was denen noch recht ist, der Umsatz, endlich eingreifen. Und Schalke zwangsabsteigen lassen. Aus Gründen der Menschlichkeit.
TOOOOR in Berlin! 2:0 für Union. Und ich will nicht sagen, dass Werder mit einem Bein in der Relegation steht, aber Florian Kohfeldt sollte langsam mit der Videoanalyse für Heidenheim oder Hamburg beginnen.
TOOOOR für Werder Bremen! Unfassbar. Rashica hält drauf, der Ball wird abgefälscht. Aber Klaassen spurtet durch und kann freistehend den Abpraller einschieben. Ich leg mich fest: Das ist der Klaassenerhalt, mindestens bis zur kommenden Woche.
TOOOR für Werder Bremen! Osako mit dem zweiten Tor! Das waren die besten vier Minuten seit der Szene aus Good Will Hunting, als Will diesem langhaarigen Studenten sein Geschichtswissen um die Ohren gehauen und danach die Handynummer von Skylar eingesackt hat. Und an der Seitenlinie steht Kohfeldt, drückt Düsseldorf die Nummer ins Gesicht und fragt nach Pflaumen.
Auf der andere Seite: Bremen könnte hier noch hundert Tore schießen und würde absteigen, wenn der Spielplan Düsseldorf heute nach Schalke oder Dortmund geschickt hätte.
Werder hat seine Arbeit verrichtet, wartet darauf, ob sich noch etwas in Berlin tut. Ein wenig so, wie jeder Ministerpräsident dieser Tage.
Kohfeldt will Fin Bartels bringen. Ob sie bei Werder wohl vor jedem Spiel den Kader durchzählen, und dann merken, dass sie eigentlich einer zu wenig sind? Und die A‑Jugend zeitgleich spielt. Und die Dritte schon am Freitagabend gespielt hat und also da nun wirklich keiner kann. Sodass sich alle ratlos im Vereinheim anschauen. Bis dann irgendwann einer sagt: „Wir könnten doch Fin anrufen!“ Irgendjemand aber einwirft, dass der doch ein Haus baut und sowieso T‑Rex, wie sie ihn hier liebevoll nennen, hat doch seine Karriere nach dem letzten Bänderriss beendet, als er mit seinen Kindern im Garten gespielt hat. Aber Fin, also T‑Rex, dann doch angerufen wird. Und seine Frau das Gespräch mit anhört und sie irgendwann sagt: „Ja, komm. Dann gehst halt..“ Und die Sporttasche lag längst gepackt in der Garage.
Bremen also mit sechs Toren. Werder Bremen. Und ganz ehrlich, mittlerweile muss man kritisch hinterfragen, warum in Dresden keiner mehr an den Klassenerhalt glaubt!
Wann genau werden sie in Bremen wohl bemerken, dass sie sich über die Relegation nicht für den Europacup qualifizieren können?
Kohfeldt bringt Pizarro. Sein letztes offizielles Bundesligaspiel. Läuft sich warm für die Rettung in letzter Minute.
„Werder mit der besten Saisonleistung“, sagt Fuss. Mit einem ähnlich überraschten Unterton, wie ich in meinen Gedanken, wenn ich es morgens aus dem Bett schaffe.
Wäre zu gern gerade Mitglied der Heidenheimer WhatsApp-Gruppe. Wenn 20 Spieler gerade zuhause auf der Couch liegen und sich denken: „Joa, lasst sie mal kommen…“
Bremen heute mit sechs Toren. Damit fast so viele wie Schalke in der ganzen Rückrunde. Keine Pointe.
Union führt 3:0, dort wird abgepfiffen. Und hier pfeift Dingert auch ab! Bremen in der Relegation. Die Kameras fangen Kohfeldt ein, der sofort in Richtung Kabine marschiert. Und wir würden gerne hinter ihm laufen, bewaffnet mit einer Schubkarre, um all die Steine einzusammeln, die gerade von seinem Herzen fallen. Um damit ein Haus zu bauen. Und wenn es am Ende auch nur ein Traumschloss ist.
Düsseldorf ist abgestiegen. Und ganz ehrlich, das ist eine Schande, ein mittlerer Skandal. Dass diese Mannschaft runter muss. Und Schalke weiter Bundesliga spielen darf.
Davy Klaassen und Niklas Füllkrug suchen bei Sky nach den richtigen Worten. Für das Wunder von der Weser. Für sechs Tore. Und im Hintergrund läuft die Hymne von Union Berlin. Und vielleicht ist damit schon alles gesagt.
Und damit verabschiede ich mich fürs erste. Weil ich jetzt, nachdem ich diesen Nachmittag verfolgt habe, nachdem ich gesehen habe, dass Osako noch Tore schießen und Werder noch kämpfen kann, wie ein Ungläubiger zurück in die Kirche kehre, die sich Fußball nennt. Und nun also das zweite Wunder erwarte. Dass der HSV es auch noch irgendwie dreht. Denn dann sehen wir uns hier schon am Montag wieder. Wenn wir live aus dem Metronom berichten.