Nach dem 1:3 gegen Mainz 05 rückt der Abstieg für Werder Bremen immer näher. Schließlich dürfen sie am letzten Spieltag nicht gegen Dortmund spielen. Ist ein bisschen traurig: der Liveticker.
Freunde, zieht die Alu-Treter an und fresst ein wenig Gras, denn wir melden uns vom Abgrund. Und wer hätte das im August 2019 gedacht: dieser Abgrund liegt in Bremen, bzw. in Mainz, wo Werder heute das erste Mal seit 1980 aus der Bundesliga absteigen kann. 1980, das muss man sich mal vorstellen. Da war Helmut Schmidt Kanzler, „Der Nippel“ von Mike Krüger in den Charts und Claudio Pizarro wurde zum ersten Mal Vater.
Bitter auch, dass der Abstieg Werders ausgerechnet im Mainzer Stadion passieren könnte, dieser baulichen Manifestation der Trostlosigkeit, irgendwo auf einem windigen Acker vor den Toren der Stadt, eine Frischluftschneise, wegen der das Stadion acht Meter tiefergelegt werden musste, weht unablässlich den Hauch der Vergänglichkeit ins Geschehen. Könnte wetten, dass es bald regnet, und Kohfeldt im Falle eines Falles mit gesenktem Kopf durch den Regen über den Acker aus dem Bild läuft, die Tränen unsichtbar im regennassen Gesicht, im Hintergrund spielen Violinen, die Welt schwarz-weiß.
Aber: Kann ja auch gut gehen und Werder zieht Mainz wieder ordentlich runter in den Abstiegssumpf. Fänd ich auch ok. Ich als Frankfurter Snob fand es immer eine Zumutung, dass Mainz nicht den Anstand hatte, einfach mal wieder abzusteigen. Das gehört sich nicht.
Geht gleich los, es müssen nur erst noch alle 792.934.299.532.739.446.728 Wettanbieter ihren Werbeclip spielen.
Eieiei, Werder, so der Sky-Kollege eben, ist 1899 gegründet worden. Und bestreitet heute sein 1899. Bundesligaspiel. Wäre das bitter, wenn der Fußballgott wirklich 121 Jahre lang auf diese Pointe gewartet hätte.
20 Sekunden gespielt, erster Fehlpass Werder Bremen. Schlechter reingekommen sind zuletzt nur 11FREUNDE-Redakteure im Club. Also als man noch in Clubs gehen konnte, versteht sich.
Moment, das ist hier heute das 1899. Bundesligaspiel für Werder Bremen? Ist dann vielleicht also einfach Dietmar Hopp daran schuld, wenn Werder hier heute absteigen sollte?! Oder finanziert er vielleicht eine Zwangsimpfung gegen den Abstieg? Attila Hildmann, übernehmen Sie!
Hui! Erste Chance für Werder. Sargent pfeffert ordentlich drauf, aber Florian Müller nimmt die Würze raus.
MAINZ BLEIBT. MAINZ. steht dick und fett auf der Tribüne. Und ich muss kurz loswerden: DIESER PUNKT. MACHT MICH WAHNSINNIG.
Und schon wieder eine Chance für Werder. Die Bremer hier in der Anfangsphase wie ein fauler Student: lassen viel liegen.
Oh, gute Nachrichten für Werder Bremen: In Düsseldorf geht Augsburg in Führung. Man muss sich ja auch mal auf die anderen verlassen können, nicht wahr, Borussia Dortmund?!?!
Marcus Lindemann redet von Außenspiegeln und toten Winkeln. Gleich kommt der Mann mit dem Handkarren und Florian Kohfeldt muss entscheiden, wer Vorfahrt hat.
Starke Anfangsphase der Bremer. Giftig. Aggressiv. Die Gegner werden gnadenlos attackiert und zur Not auch umgehauen. Kennen wir so eigentlich nur aus einer ganz normalen 11FREUNDE-Themenkonferenz.
Wahnsinn, wie unablässlich Werder bei jedem Kleinscheiß meckert und schreit. Gäbe es hier eine Fensterbank, Kohfeldt würde sich ein Kissen drauflegen, die Arme draufstützen, die Nachbarskinder anmaulen und Falschparker aufschreiben.
Mainz jetzt auch ganz okay im Spiel. Hier mal ein Halb-Konter, da mal eine Fast-Chance, und dann das: Toooooooooooor für Mainz. Freistoß für den FSV, dann Kopfball, dann Gewühl, dann ist der Ball irgendwie hinter der Linie. 1:0 für Mainz. Umgerechnet in Dortmund-Spiele ist das ein 4:0.
Wow, jetzt wirds bitter: Latza kurvt Bremens Abwehr aus, legt auf Boetius ab, der nagelt das Ding zum 2:0 ins Eck. Und parallel gleicht Düsseldorf gegen Augsburg aus. Für so viele Nackenschläge muss man eigentlich an einem sibirischen Ohrfeigenwettbewerb teilnehmen.
Kurze persönliche Randnotiz eines Schalke-Fans: Bin einigermaßen froh, dass ich dieses Spiel tickern darf und dadurch davon abgehalten werde, mir das Elend gegen Wolfsburg anzusehen.
Frage: Max Kruse hat ja seinen Vertrag bei Fenerbahce aufgelöst. Könnte der dann nicht am letzten Spieltag…? Und ja, dass wir uns hier diese Gedanken machen, zeigt ganz gut, wie es derzeit um Werder Bremen bestellt ist.
Doppelchance für Mainz! Aber Pavlenka reagiert wie das frisch gewaschene Auto von Alman-Achim am Samstagnachmittag: glänzend.
Gebre Selassie humpelt, das sieht nicht gut aus. Teilt das Schicksal mit vielen Musikerinnen und Musikern derzeit: kann kaum auftreten.
Grüße an dieser Stelle übrigens an meinen Kumpel, der gegen einen anderen Kumpel eine nicht unerhebliche Summe darauf gesetzt hat, dass Werder Bremen bis 2033 noch einmal Deutscher Meister wird. Ist ja noch ein bisschen bis dahin.
Oh Gott, Frank Baumann gerade auf der Werder-Bank mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen „schlechte Milch in den Kaffee gekippt“ und „Scheiße, wir steigen ab“.
Halbzeit. Puh. Sieht düster aus für Werder. Doch es gibt doch Licht am Ende des Tunnels, Werder! Schaut mal auf eure Bank!
Werbung. Jürgen Klopp. Giovanni Trapattoni. Oliver Kahn. Wo bleibt Klaus Augenthaler?
Idee: Wenn dieses trostlose Stadion doch eh schon irgendwo draußen auf dem Acker steht, könnte man dann nicht dieses Spiel einfach auch als gutes altes Ackermatch austragen? Gerüchten zufolge ist Werder da ja immer noch ganz gut aufgestellt.
Also ich bin ja kein Fachmann, aber ob es so eine gute Idee von Kohfeldt war, Rashica, Füllkrug, Pizarro und Selke erstmal auf der Bank zu lassen? Halt, Moment, ich bin Fachmann. War ne scheiß Idee.
Übrigens: Im US-Bundesstaat Minnesota gibt es einen Raum, der 99,99 Prozent der Geräusche absorbiert und damit der offiziell stillste Raum der Welt ist. Es ist darin so still, dass es kein Mensch lange darin aushält. Und so ungefähr stelle ich mir die Stimmung in der Werder-Kabine eben in der Halbzeit vor.
Hui, Riesenchance für Werder, Füllkrug setzt sich durch und nagelt drauf. Aber anders als wenn er vor dem Spiegel steht und grinst, findet er hier nicht die Lücke.
Tja, wäre schon eigenartig, würde Werder absteigen. Ich bin kein Fan oder Sympathisant, aber sie waren eben immer irgendwie da und ganz ok. Wie dieser eine Klassenkamerad früher, mit dem man ganz gut ausgekommen ist, ohne dass es für eine Freundschaft gereicht hat, und den man dann halt aus den Augen verliert, wie es so ist. Und viele Jahre später sieht man ihn dann bei Facebook und denkt: „Mensch, der Werder. Hat’s den nach Sandhausen verschlagen, soso. Hab mich immer gefragt, wie es dem ergangen ist. Na ja. Oh, ein süßes Katzenvideo.“
Hui, jetzt ist wieder Feuer unterm Dach, denn Tooooooooooor für Werder. Füllkrug im Liegen zu Klaassen, der zu Osako, der nagelt den Ball unters Dach. Jemand muss den Mann zum Rettungssanitäter ehrenhalber ernennen. Er hat gerade einen ganzen Klub wiederbelebt.
Werder hat den Ball, Werder gibt ihn wieder her, Werder hat den Ball, Werder gibt ihn wieder her. So gehts das jetzt schon einige Minuten. Nur, falls sich noch irgendjemand fragt, wieso Werder überhaupt da unten drin steht.
Mainz wechselt, Szalai kommt für Mateta, Fernandes für Kunde. Guter Kundenservice sozusagen, höhö. Gerne wieder.
Wenn mich meine Blicke nicht täuschen, hat Adam Szalai die Corona-Pause auch eher im Higuain-Style verbracht. Ganz gut im Futter, der Junge. Sympathisch.
Ach komm, wo wir gerade schon so Lookism-mäßig unterwegs sind: Fin Bartels sieht mit seinen grauen Haaren mittlerweile auch aus, als würde er alte Herren spielen. Schraubt sich wahrscheinlich nach dem Spiel zusammen mit Claudio Pizarro alleine ‚ne Kiste rein und beschwert sich über die Jungspunde, die sofort nach dem Duschen abhauen.
Jede Menge los auch auf den anderen Plätzen. Schalke zum Beispiel liegt gegen Wolfsburg mit 1:4 hinten. Und irgendwo in Rheda-Wiedenbrück bekommt der Begriff „beleidigte Leberwurst“ eine ganz neue Bedeutung.
Für mich der Knackpunkt der Werder-Saison: Der Abgang von Max Kruse. Der hätte in schwierigen Phasen mal das Zepter in die Hand geno… ach, egal.
Nächste Chance Mainz, aber Pavlenka ist da. Dennoch, Mainz macht das gut. Hinten der Abwehrriegel, vorne die Flügelzange, immer mal wieder nagelt einer drauf. Macht sich bemerkbar, dass die in einem Baumarkt spielen.
Ecke Bremen, aber die Chance verfliegt. Aber vielleicht ist das ja ein Mittel, mal per Kopf nach nem Standard. Wenn man schon einen Spieler wie Davy Klaassen hat, der ja quasi zu 80 Prozent aus Stirn besteht, sollte man das auch nutzen.
Puh, bin irgendwie richtig aufgewühlt. Denn: Tooooooor für Mainz, Fernandes veredelt einen Konter. Puh. Puh, puh. Wenn jetzt Düsseldorf trifft… Was eine Tragödie ein Bremer Abstieg wäre. Werder, dieser stolze Traditionsklub. Viermal Deutscher Meister. Sechsmal Pokalsieger. Europacup-Sieger. Höttges, Burdenski. Völler, Schaaf. Rehhagel, Eilts und Herzog. Micoud, Klose, Ailton, ach, ach, so ein Jammer. Und irgendwo in Essen pfeift Otto Rehhagel ein trauriges „Junge, komm bald Werder“ auf dem kleinen Finger.
So eine bittere Niederlage hat Claudio Pizarro seit den Bauernkriegen 1524 nicht mehr hinnehmen müssen.
Fünf Minuten Nachspielzeit. Fühlt sich nicht ok an, jetzt noch so lange zuzugucken. Als würde man bei einem Unfall auf der Autobahn extra langsam vorbeifahren, um zu gaffen.
Und das war’s. Werder hier so wie das, was wir nach dem ersten Date immer hören: War schon ok eigentlich, aber es reicht halt irgendwie nicht. Einziger Hoffnungsschimmer: Düsseldorf hat nicht gewonnen, man kann also noch auf den Relegationsplatz springen. Aber was für ein Trost soll das sein, wenn man zwei auch in dieser Höhe verdienten 0:4‑Niederlagen gegen Heidenheim mit einem überragenden Marc Schnatterer entgegensieht? Wir verbleiben mit den besten Wünschen und gucken uns jetzt der guten alten Zeit halber eine VHS mit Uli Borowkas schönsten Grätschen von hinten an. In diesem Sinne, schönen Abend euch.