Die Mannschaft von Frank Schmidt erkämpft sich ein 0:0 in Bremen, Werder muss am Montag Nachsitzen in Heidenheim. Weiß bis dahin, wo Heidenheim liegt: der Liveticker.
Guten Abend. Heute also Relegation, allerdings in einem leeren Stadion und statt Werder gegen den HSV gibt es Werder gegen, nun ja, Heidenheim. Und klar, Heidenheim wäre das nächste süddeutsche Kaff, das einen großen Bundesligisten mit lebendiger Vereinskultur und Tradition verdrängt und klar, Heidenheim hat nicht so wirklich viele Fans. Aber ey: Heidenheim hat immerhin einen Trainer namens Frank Schmidt. Was bedeutet, dass dem Klub heute mindestens 85.212 Männer Mitte 40 die Daumen drücken werden. Und das ist doch nicht nichts, richtig?!
Außerdem hat Heidenheim Marc Schnatterer. Der ja nun wirklich eine Art Legende ist. Weil er seit 1985 die Außenbahnen deutscher Zweitligaplätze hoch- und runterwetzt. Weil er Jahr für Jahr seine Hütten gemacht hat, traumhaft schöne oftmals. Weil er der einzige Mensch auf dem Platz ist, der Claudio Pizarro duzen darf, ohne unverschämt zu wirken. Er ist, und jetzt outen wir uns eben als Fanboys, einfach eine coole Socke. Und wenn später das Flutlicht angeht, dann passt genau auf: Das, was man vierfach neben Schnatterer entlang huschen sehen wird, ist nicht sein Schatten. Der Rasen möchte nur aussehen wie er.
Skandal auch, dass das Ding hier bei DAZN läuft. Erst hat meine App Ärger gemacht, dann das blöde Chromecast-Ding und jetzt realisiere ich auch noch: Womöglich werde ich nun nie hören, wie Matthäus Schnatterer ausspricht.
Gerade hat Kohfeldt im 4‑Meter-Tonangel-Interview gesagt, man habe gegen Köln, am letzten Spieltag, „ausbalanciert“ spielen wollen. Und ich glaube, ich habe einen neuen Moderner-Fußball-Angeber-Hassbegriff gefunden.
Kleindienst, Heidenheims bester Torschütze, klingt fast wie ein perfekter Abend. Wäre da nicht das L.
Habe Kollege Reich gerade gefragt, für wen er ist, aber die Antwort nicht verstanden, weil sein „Extra-Option Fanatmosphäre“-Stream auf maximaler Lautstärke läuft.
Als Werder zum letzten Mal als haushoher Favorit in ein so wichtiges Spiel gegangen ist, war Red Bull nicht mehr als einfach nur ein ekliges Getränk.
Anpfiff. Oder wie sie in Heidenheim sagen.… mh, nee, keine Ahnung, weiß gar nicht, wo das ist, entsprechend auch gar nicht, welchen Nischendialekt die da sprechen. Würde tippen: O’ngbfeiff. Oder so.
Eigenartig, diese Idee, da Stadiongeräusche bei leeren Rängen laufen zu lassen. Ist das im Stadion? Oder bei DAZN? Fühlt sich an wie in „Feld der Träume“, nur ein Kornfeld, aber man hört das Klacken vom Baseballschläger. Sehe Kohfeldt schon mit abwesendem Blick vier Bases in den Rasen furchen, verständnislose Blicke von Baumann und Bode erntend.
Ah, war die falsche Tonoption. Mein Fehler, ich habs nicht so mit Technik.
*gesendet von meinem Nokia 3310
Spielaufbau bei Heidenheim bisher: Alle hinten rein, dann langes Holz, den Rest macht Schnatti. Der aber gar nicht mitspielt. Tja, so leicht wird man von Kohfeldt ausgecoacht.
Wir schulden euch noch die Aufstellung von Heidenheim, sorry. Also: Der Dicke im Tor. Der Älteste und irgendein Treter hinten drin. Rechts und links hinten die beiden Graupen, damit sie möglichst wenig Schaden anrichten. Auf der Sechs der Kapitän, den alle Kapitano nennen, daneben der Verrückte, der auch am meisten Saufen kann, klar. Auf der Zehn der, der mal höher gespielt hat. Rechts- und Linksaußen die beiden schnellen Jungen mit den bunten Schuhen. Vorne drin der lange Schlacks, der mal ein Probetraining beim SSV Reutlingen hatte.
Kohfeldt das erste Mal auf 180, wegen einer umstrittenen Einwurfentscheidung. Schon erstaunlich, wie schwiegersohnhaft der in den Interviews vor dem Spiel ist, und im Spiel ist er kurz davor, den Vierten Offiziellen mit einem Medizinkoffer zu erschlagen und dessen Herz zu essen, als Zeichen an die übrigen Unparteiischen.
Wenn ich Kohfeldt brüllen höre und dabei die Augen schließe, befinde ich mich nicht in einem Bundesligastadion, sondern im U‑Bahnhof Alexanderplatz, Samstagnacht, 04:00 Uhr. Er ist besoffen. Und ich habe ein bisschen Angst, was auf die Schnauze zu bekommen.
Gelb für Claassen. Kohfeldt schreit: „Lächerlich“. Ich finde, er hat recht. Warum Doppel‑A? Und direkt dahinter Doppel‑S? Wer soll sich das denn merken?
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist die Relegation doch der Wettbewerb, bei dem ein Zweiligist, der die Saison seines Lebens gespielt hat, 180 Minuten alles gibt, sich abrackert, die komplette Seele auf dem Platz lässt und ein Erstligist, der 34 Spieltage die letzte Grütze zusammengekickt hat, sich mit einem 0:0 zu Hause und einem 1:1 auswärts in der Liga hält. Oder?
Oha, heikle Situation. War da ein Heidenheimer an der Strafraumkante etwa mit der Hand am Ball? Ja, war er, sieht man ganz eindeutig. Aber: Der VAR würfelt in seinem Kabuff eine Drei. Weiter geht’s.
Das Schlimmste an Geisterspielen ist ja, dass man jetzt plötzlich sogar hört, wie schlecht manche Jungs spielen.
Geile Aktion von Dorsch, der sich im zentralen Mittelfeld elegant vier Gegnern entzieht. Die Bremer finden einfach kein Mittel gegen Dorsch bisher. Wenn jetzt der HSV spielen würde, die wüssten was:
Freistoß für Werder. Eh eine ziemliche Treterei, Klaassen steht kurz vor der Tätlichkeit. Sehe gleich schon Kohfeldt zum 50-Meter-Paulo-Guerreiro-Gedächtnissprint ansetzen, der per Blutgrätsche an irgendeinem Heidenheimer und / oder Schiri-Wadenbein endet.
Man kann es leider nicht anders sagen, aber Bremen hier ideenloser als Sigmar Gabriel, wenn er seine Lobbygeschäfte rechtfertigen will. Auch ein ordentliches PR-Desaster. Bin gespannt auf die Umfragewerte, ein weiteres Jahr Grün-Weiß auf Bundesebene wird so aber schwierig.
So, Pause. Oder wie es Florian Kohfeldt ausdrücken würde: EEEEEEEEEEEYYYYYYY, PAUSSEEEEEE!!!!!!!!!
Bin verwirrt. DAZN zeigt in der Halbzeit ja gar nicht durchgängig Wettanbieter-Werbung!? Das ist nicht mehr mein Fußball.
Wunderbare Statistiken zu Frank Schmidt jetzt. Vermisse allerdings die Statistik zu seiner nahezu hundertprozentigen Dad-Bod-igkeit. Schade.
Wiederanpfiff. Nicht zu verwechseln mit dem Wiederanschiss, den es für die Bremer Spieler gerade in der Kabine gab.
Würde ja gerne das Spiel jetzt weiter ganz analytisch und sachlich und treffend begleiten. Habe aber nur einen einzigen Satz im Kopf: Weil ich meine Haare behalten will.
Würde gerne wissen, wer die Vuvuzela dabei hat. Und wie lange dieser jemand noch tröten kann, bevor Kohfeldt ihm ein paar verpasst.
Ein Blick auf die Bremer Auswechselspieler. Und, siehe da, ja, stimmt: Fin Bartels sieht exakt so alt aus, wie Claudio Pizarro ist.
Bremen ballert viermal in Folge von der Strafraumkante rauf, viermal in Folge treffen sie einen Heidenheimer. Kollege Reich hat Bingo.
Die Heidenheimer Tattoo-Dichte ist auch bemerkenswert. Als ob der Vereinsname nicht reichen würde, um als Dorffußballer durchzugehen.
Parallel läuft übrigens Manchester City gegen Liverpool. Falls jemand gerne Fußball schauen würde.
Ein Heidenheimer liegt auf dem Boden, er scheint wirklich verletzt zu sein, aber die Bremer spielen unbeirrt weiter. Noch ein bisschen unfairer, und man könnte sie mit dem Meisterschaftskampf in der Bundesliga verwechseln.
Schnatterer, dieser Ibrahimovic der Ostalb, übrigens immer noch nur auf der Bank. Sehe schon das Zerwürfnis mit Schmidt. „Du hast einen Fiat Punto. Und du fährst ihn wie einen Fiat Panda.“ Wann verkündet er seinen Wechsel nach Sandhausen?
Der FCH heißt mit vollem Namen übrigens 1. FC Heidenheim 1846. So lange gibt es die schon. Was damals wohl die ersten Sportarten waren, die man beim FCH machen konnte? Baumstammwerfen? Wett-Aderlass? Fassküferei? Lehnsherr-Beleidigen? Cousine heiraten?
Freistoß Bremen, wird aber abgewehrt. Und Werder beim zweiten Ball dann wie der eine Typ von Jackass: Es gibt keinen.
Ha, Schnatti jetzt doch drin. Wenn er jetzt noch trifft, haben wir endlich, eeeeendlich, 25 Jahre nach Sean Dundee, endlich wieder ein Tor-Krokodil. Und jetzt alle: Schni, Schna, Schnatti, Schnatti, Schnatti, Schnatt…
Frage am Abend: Wenn Tim Kleindienst seiner Mannschaft einen Bärendienst erweist, ist das dann nicht so schlimm?
Uuuuuuuhhh, fiese Schnatti-Ecke, die Pavlenka gerade so wegwischt. Schnatterer auch so ein Phänomen. Der einzige Spieler der Welt, der zugleich ein verhinderter Bundesligaspieler und ein verhinderter Bezirksligaspieler ist. Verstehe ich irgendwie nicht.
Falls ihr euch fragt, warum Werder hier so spielt, als würden sie gar nicht zwingend drin bleiben wollen: Im Falle des Klassenerhalts muss der Verein Davie Selke für 15 Millionen Euro kaufen.
Ein Jahresgehalt von Leroy Sané würde übrigens reichen, um den gesamten Kader von Heidenheim zu kaufen. Und da ist der Legenden-Zuschlag für Schnatterer schon mit einberechnet.
Werder wechselt zum fünften Mal. Heißt: Claudio Pizarro wird nicht mehr kommen. Aber der hatte sich ja eh wie sonst auch um 21:30 Uhr mit einer Heizdecke schlafen gelegt.
Als Frank Schmidt bei Heidenheim angefangen hat, hatte Claudio Pizarro erst ein einziges Enkelkind.
Moisander hat keinen Bock mehr, mariocantaluppit einen Heidenheimer um und fliegt mit Gelb-Rot vom Platz. Kohfeldt schmeißt mit einem Kaugummi nach dem Schiedsrichter.
Aber ey, egal, was Werder in der Relegation noch passieren mag, sie werden sich immer damit trösten können, zumindest nicht von Dennis Diekmeier zerstört worden zu sein.
Dieser Rashica ist ja wirklich ein feiner Fußballer. Aber was zur Hölle will er hier beim Calcio storico?
Nach einer Ecke für Heidenheim köpft Beermann den Ball nur Zentimeter am Bremer Tor vorbei. Aber der Abschluss am Ende dann doch wie ein Zoom-Meeting mit mehr als fünf Personen: technisch mit Luft nach oben.
Und dann endet eine Partie, die eher Krampf war als Spiel. Ein 0:0 der schlechteren Sorte. Ein 0:0, das 90 Minuten lang so laut nach 0:0 geschrien hat, dass Kollege Reich und ich zeitweise versucht waren, die Polizei zu rufen, wegen Lärmbelästigung. Aber wir haben es überstanden. Ihr habt es überstanden. Werder hat es überstanden. Wir wünschen gute Nacht, schlagen den Diercke-Weltatlas auf, suchen Heidenheim und gehen dann in ein paar Stunden, ohne Erfolg gehabt zu haben, frustriert ins Bettchen. Ahoi.