Heute tritt Bayerns Leroy Sané zum ersten Mal vor die Presse. Und jemanden vorzustellen ist immer schöner als jemandem nachzustellen. Findet auch: der Liveticker
Noch haben wir beide miteinander kein Wort gewechselt, doch unsere Blicke verraten uns gegenseitig, dass wir gerade den gleichen Gedanken haben: Ja, auch das muss jetzt getickert werden. Kollege Dinkelaker schaut mich noch immer angestrengt an. Dabei ist er für mich nicht mehr als eine Internet-Bekanntschaft. Egal. „Da bist du ja endlich“, sage ich. Vielleicht wird gleich geknutscht.
Jedenfalls: Leroy Sané wird hier gleich vorgestellt bei den Bayern. Ein Jahr hat der Rekordmeister gebuhlt. Um ihn, die neue Muse, die Mätresse, die Kurtisané. Nun ist er da. La Traviata. Dinkelaker: „Sanés Vater betreibt eine Vermittlungsagentur mit Jens Jeremies.“ Trivia, nicht Traviata. Nun denn.
Manchmal frage ich mich ja, wie ich in solche Situationen reingerate. Eine Spieler-Vorstellungs-Pressekonferenz per Liveticker begleiten. Das ist schon einigermaßen bescheuert. Andererseits: Es geht immer noch ein bisschen bescheuerter.
Damit Leroy Sané gleich zum ersten Mal vor der Presse. Nur eines von vielen ersten Malen in den letzten Tagen.
Wenn ich das richtig sehe, verstößt Sané gegen keinerlei Sponsoren-Agreements der Bayern. Das nennt man dann wohl einen klassischen Fehlstart.
Und dann zeigt die Kamera zum ersten Mal diesen gut gebräunten, bärtigen Endboss, der diesen Jahrhunderttransfer festgezurrt hat und der entfernt an, ja richtig, diesen, Moment, habs gleich, genau!, Brazzo erinnert. Weiß jemand, wie der Mann da vorne heißt?
Sané nennt Kimmich den nervigsten Bayern-Spieler. Rummenigge kramt schon mal das Grundgesetz raus.
Heißer Tipp: So oft, wie Leroy Sané gerade über seinen Antwortsatz gestolpert ist, wird er es in der gesamten Saison nicht wieder tun.
Frage aus einem stickigen Berliner Wohnzimmer: „Leroy, nach drei Jahren unter Pep Guardiola: Wie sehr hassen Sie Pfeffer- und Salzstreuer?“
Jetzt wird es wirklich interessant. Kalle spricht über Thiago und bestätigt, dass der Spanier weg will. Ein Verein habe sich bei ihm allerdings noch nicht gemeldet. Andererseits könnte es natürlich auch einfach sein, dass Kalles Leitung die ganze Zeit besetzt war. Allein ich habe in den vergangenen Tagen ja knapp 429-mal angerufen, um ihm für den SportBILD-Moment des Jahres zu gratulieren.
Salihamidzic: „Der Markt ist überhitzt.“ Weiß jetzt nicht, warum er von seinem letzten Sonnenstudio-Besuch erzählt, aber es wird ein Boulevardblatt schon interessiert haben.
Oliver Kahn wird eine Frage gestellt. Und schaut dann so kahnhaft-böse, dass ich anstelle der Frage ganz schnell wieder umkehren würde.
Finde es nicht in Ordnung, dass Oliver Kahn mit einer Plexiglasscheibe abgetrennt wird. Seine letzte Beißattacke liegt nun schließlich 16 Jahre zurück. Kahn: „Unsere Narben haben die Angewohnheit und daran zu erinnern, dass die Vergangenheit Realität war!“ Rummenigge zieht den Maulkorb enger.
Brazzo wird nach Zweifeln gefragt. Bleibt aber cool. „Ich kenne keinen Zweifeln. Wo spielt der denn?“
Gleich – hoffentlich – Christian Falk an der Reihe.
„Wollen wir ihnen von gestern erzählen, Leroy?“
„Ach nein“
„Ach doch“
„Ach nein“
„Deine Augen sind so schön, Leroy“
„Was?“
„Was?“
Weiß wer, ob die offizielle Rückentattoo-Sané-Vorstellungs-PK direkt im Anschluss kommt?
Salihamidzic: „Wir wussten, dass uns Leroy verstärkt. Das stand immer im Vordergrund.“ Was seltsam ist zu hören, von einem, der immer im Hintergrund steht.
„Wir schauen, wer uns verletzt“, kündigt Brazzo an. Wusste bisher nicht, wie emotional aufgeladen die Beziehung zwischen den Bayern und Thiago ist.
Jeder Journalist mit einer anderen Begrüßungsformel: „Hallo, Herr Sané“, „Hi Leroy“, „Heey“, „Guten Tag“, „Hallo, Herr Sahne, herzlich Willkommen“, „Servus!“. Falls jemand von den Anwesenden mitliest, ein 11Freunde-Abo und ein Bier für den Kollegen, der ihn singend begrüßt. So.
Wie Christian Falk wohl damit umgeht, dass so viele andere Leute seinen Leroy jetzt von der Seite zulabern? Es muss weh tun.
Rummenigge macht drauf aufmerksam, dass die Sonne draußen nicht mehr hell scheint. Ich sag mal so: Seine Gesichtshaut sagt etwas anderes.
Noch fünf Fragen. Kann mit der Info allerdings nichts anfangen, wenn der Fragen-Countdown nicht auf einem Videowürfel von hirnrissigen Spieler-GIFs runtergezählt wird.
Irgendwie geht mir das grade zu viel um Vertragsmodalitäten und zu wenig um Leroy Sané. (Hat Christian Falk mir grade gesimst.)
Rummenigge: „Einen Summer-Sale wird’s beim FC Bayern trotz Corona nicht geben.“
FC Bayern:
Bei der Frage, wie kurz er schon im letzten Jahr vor einem Transfer stand, gerät Leroy dermaßen ins Schwimmen, dass ich an Stelle von Speedo ihn mir langsam mal als Testimonial sichern würde.
Gute Frage an Sané, wie das damals lief, vor einem Jahr, als die Bayern schon an ihm interessiert waren, aber Sané noch einmal für ManCity spielen sollte und sich das Kreuzband riss. Was er sich dabei gedacht hat.
Und ich will nicht sagen, dass Sané bei der Forderung, einfach mal Tacheles zu Reden, ins Schwimmen gerät, aber Kalle Rummenigge pustet ihm die Schwimmflügelchen auf. Auf denen dick und fett „Neeeein, also ähm… Neeiiin“ steht. Bevor er dann untergeht, in diesem Pool aus Halbwahrheiten und Dementis. Und gen Sonnenuntergang reitet Donis Avdijaj, den ja mittlerweile niemand mehr irgendwas fragt, auf einem Pferd davon.
Und das war es auch schon wieder. Die Bayern ziehen sich ihre Masken auf und machen noch ein Foto, wir stülpen uns die Gesichter gleich ganz nach innen und vergessen, was wir da in den vergangenen 40 Minuten gesehen haben. Insofern nicht wundern, wenn ihr gleich nichts mehr von dem versteht, was ich zu sagen versuchhabsv ghgweanevsam <dv2.