Mit einem ACHTZUZWEI gegen den FC Barcelona zieht der FC Bayern ins Champions-League-Halbfinale ein. Mehr noch: Die Münchner zerstören das Werk einer ganzen Generation. Saß halb-weinend, halb staunend daneben: der Liveticker.
Modefans aufgewacht! Heute geht die Champions League erst so richtig los. Barca gegen Bayern, das hat trotz Fantasietransfers, trotz Corona, trotz Geisterspielen, trotz Karl-Heinz Rummenigge noch immer den Klang des ganz großen Fußballs. Der Ticker (geschätzter Marktwert: 461 Millionen Rubel) läuft zu diesem Spektakel mit folgender Aufstellung auf: Florian „El Pibe de Oro“ Nussdorfer im Angriff, Alex „Kaiser“ Raack hinten drin. Ab 20:45 Uhr wird hier flach gewitzelt und hoch gesponnen!
Liebe Freundinnen und Freunde von 11FREUNDE, Willkommen zum Viertelfinale, Willkommen in Lissabon, Willkommen beim immer noch einzigartigen und nur ab und an erreichten Liveticker des Kulturmagazins eures Vertrauens. Bayern gegen Barca, das klingt wie Tyson gegen Foreman, Becker gegen Stich, Jan Ove Waldner gegen Stefan Rosskopf. Speedy Nussdorfer und BumBum Raack freuen sich trotz allem irgendwie auf die Partie. Vielleicht finden wir im Laufe der kommenden 90 Minuten heraus, wieso.
In den Tagen vor diesem Duell ist immer mal wieder an jenes Tor von Messi erinnert worden, als wir alle dachten, dass Jerome Boateng am Folgetag mit hängenden Schultern und Tränen in den Augen seinen sofortigen Rücktritt verkünden würde. Für die Jüngeren: Dribbling Messi, Boateng fällt auf den Arsch, Messi lupft ins lange Eck, Traumtor. Allerdings, und das muss zur Ehrenrettung des ja wirklich außerordentlich talentierten Zweikämpfers Boateng ja mal gesagt werden, in dieser Situation wäre vermutlich selbst die Berliner Mauer heillos überfordert gewesen. David Hasselhoff singt noch heute ein Lied von diesem Tag.
Für die Kollegen vom altehrwürdigen Kicker berichtet Georg Holzner von den Bedingungen vor Ort in Lissabon: „Hochsommerlich, 21 Grad. Bestes Fußballwetter also in der portugiesischen Hauptstadt.“ Fritz Walter dreht sich im Grabe um und wartet weiter auf Regen.
Duell das Abends im Stadion des Lichts: Bayerns Linksverteidiger-Weltwunder Alphonso Davies gegen Naturschutzerbe Lionel Messi. Die größte Herausforderung in der noch jungen Karriere des Bajuwaren. Wie sich das wohl anfühlen muss, wenn man noch vor ein paar Jahren in einem Flüchtlingslager darauf warten musste, dass irgendwann mal wieder die Sonne scheint. Der Ticker wünscht ganz gerührt viel Erfolg.
Anstoss. Dazu passend haben wir übrigens hier ein tolles Interview bei uns auf der Seite. Stichworte: Oliver Huhn, Manuel Alter und das wilde Privatleben der Fußballmanager. Jaha, Werbung und so. Aber ist der ganze moderne Fußball nicht eine einzige große Werbeveranstaltung? Da dürfen wir doch wohl auch.
„In der Offensive richten sich alle nach den Laufwegen von Lionel Messi“, sagt Wolff Fuss. Und so sieht das dann aus:
Bayern ist auf 180! Beziehungsweise: 180 Sekunden brauchen die Bayern, um hier in Führung zu gehen! Perisic flankt, Lewandowski legt ab, Müller vollendet. Das geht hier so fix, nach dem Spiel muss Alphonso Davies den Roadrunner für Thomas Müller vertonen.
Das schöne ist ja: die Bayern führen. Und wenn sie gewinnen sind sie weiter. Kein Taktieren, keine Auswärtstorregel, wer gewinnt, ist weiter. So einfach kann Fußball sein.
Und das bedeutet eben auch: Wenn Barca ein Tor schießt, steht es 1:1 und alles geht wieder von vorne los. Und auch wenn sie dafür David Aalaba brauchen, der ins eigene Tor trifft. Wie soeben geschehen. Fußball kann so einfach sein.
Wilder Beginn hier. So ähnlich wie beim Mannschaftsabend unserer Kreisliga-Truppe, wo ebenfalls alle von Beginn ordentlich Gas geben. Wir zeigen da in der Regel aber auch ordentlich Durchhaltevermögen. Mal gucken, ob Barca und Bayern da mithalten können.
Kurze Serviceinfo: Die Bayern residieren hier in Lissabon übrigens im „Penha Longa Resort“. Und weil ihr da bestimmt schon wieder an Ferkelkram denkt, klären wir kurz mit unseren Kneipen-Portugiesisch auf: Das bedeutet nur, dass man da besonders gut lange schlafen kann.
Viele Kopfbälle gerade, ein bisschen Ping Pong im Mittelfeld. Also wenn ich da nochmal auf unsere Kreisliga-Truppe zurückkommen dürfte…
Schon toll, wie das hier so abgeht. Schon scheiße, dass die Hälfte von euch vermutlich gerade im Strahl kotzt, weil der Stream nicht funktioniert. „Wegen des großen Ansturms.“ Behauptet Sky. Uwe Seeler hat angeblich nichts damit zu tun.
Thomas Müller war vor dem Spiel übrigens in hübscher Reeperbahn-Stimmung. Barca, so der ewige Raumdeuter, sei „keine Laufkundschaft“. Lionel Messi spielt einen Steilpass in die Ritze.
„Pressing wie Gegenpressing funktioniert“, hat der Kicker vor der Partie zufrieden festgestellt und meinte das Spiel der Bayern. Geburtshelfern gefällt das.
Da macht es Bumm: Perisic bekommt den Ball im Strafraum auf der linken Seite, lässt einfach mal einen wachsen und ter Stegen hat keine Chance. TOR! 2:1 für die Bayern. Krasses Spiel. Einer dieser Tage, wo man sich zwischenzeitlich immer wieder sagen muss, dass man die Bayern nicht leiden kann. Kleine Beckerfaust musste ich eben trotzdem machen.
Herrliche Erinnerung zwischendurch, Wie der 18-jährige Xavi 1998 den großen Stefan Effenberg decken musste. Sah aus, als wolle der Ibiza-Vater seinen jungen Stiefsohn mit in die Disco schmuggeln. Song des Abends: „Eye of the Tiger“.
Meine Fresse: 3:1 Bayern. TOOOR!! Noch schöner als der Abschluss von Gnabry: Der Direktpass von Goretzka in den Lauf. Gelupft und angeschnibbelt. Eine Vorlage, so schön, dass wir wirklich sehr sehr gerne einen Tag am Strand mit ihr verbringen wollen. Und kurz darauf vergibt Lewandowski die nächste Riesenchance. Was ist hier los?
Und hin und her und hin und her. Der gute alte offene Schlagabtausch. Kimbo Slice hätte das gefallen, Steffi Graf gefällt der Name Kimbo Slice. Und während wir kurz davor sind vor lauter Schlagabtauschigkeit beinahe in einen Karsten-Braasch-Singsang verfallen, planiert der FC Bayern den großen FC Barcelona nieder. Hansi Flick zufrieden: Vorteil Auf.
Und während wir uns hier nen Ast tickern, macht Thomas Müller das 4:1. 4:1! Wenn Udo Lattek das noch erleben dürfte!
Barcelona lässt hier so viel mit sich machen, das nimmt gerade schon irgendwelche Fetisch-Züge an. Und Bayern kommt schon wieder…
Sieht also ganz so aus, als würde Bayern ins Halbfinale einziehen. Und wenn sich dann morgen ManCity wie erwartet gegen Lyon durchsetzt, dann sind wir – und das hätten wir tatsächlich nicht gedacht – international tatsächlich mal für die Bayern. Wenn die Bayern der sympathischste von vier verbliebenen Klubs sind, sagt das aber eben auch eine ganze Menge aus über diesen Wettbewerb und über den Fußball im Jahr 2020.
Gerade einmal elf Jahre her: Klinsi Trainer bei den Bayern, nicht nur die Buddha-Figuren in der Kritik und dann zwei Packungen gegen Barca. Unvergessen, wie Karl-Heinz Rummenigge vor Schmerz ergriffen nach dem 0:4 im Hinspiel sagte: „Ich habe unseren alten Freund Udo Lattek in der Halbzeit gesehen: Er hat geweint.“ Ob vor Freude oder Trauer hat Rummenigge damals nie verraten. Dürfte KHR heute ziemlich wumpe sein, die Story. Diese Halbzeit war so viel wert, die könnte man glatt durch den Zoll schmuggeln wollen.
Damit der Bajuware auch in der Halbzeit glücklich gemacht wird, lässt Sky Oliver Kahn Werbung für Glücksspiel machen. Mit dieser Stimme wurden früher unter dem Weihnachtsbaum die Walnüsse geknackt.
Und weiter geht´s. 15 Minuten lang haben wir uns jetzt geschüttelt, gekniffen (aber nicht vom Fleck gerührt), doch es steht tatsächlich noch immer 4:1 für den FC Bayern. Nicht gegen Werder Bremen, nicht gegen Werder Bremen II, sondern den fucking FC Barcelona. Für Lothar Matthäus sind diese Bayern nah dran am perfekten Fußball. Dass dazu ein volles Stadion, vertretbare Eintrittspreise, anständiges Pils und eine ganze Menge Stehplätze gehören, hat er vergessen zu erwähnen.
Für Barca jetzt auf dem Platz: Antoine Griezmann. Nur, um euch noch mal klar zu machen, gegen wen die Bayern hier mit 4:1 führen. Und draußen macht sich Rakitic warm. Hat bestimmt richtig Bock, in diesem Spiel noch eingewechselt zu werden.
Und dann doch der erste richtige Nackenschlag für alle Bayern: Jürgen Klopp macht jetzt auch Werbung für Weißbier. Irgendwann werden sie noch Lederhosen aus seinem Charisma verkloppen.
Jetzt darf auch Manuel Neuer mal ran. Böllert den Ball mit viel Gefühl für Zeit und Raum in des Gegners Hälfte und dort in den Lauf von Lewandowski. Der verstolpert zwar, aber Neuer ist jetzt on fire. Geht gleich mit nach vorne und beordert Kimmich zwischen die Pfosten. Ich tippe auf Doppelpack. Toni Polster schickt eine verschmitzte SMS. Wir Thekenschlampen grüßen Dich!
Eben zweitbeste Szene von Suarez. Geht nach einem recht harmlosen Zweikampf so theatralisch zu Boden, dass irgendwo in Kolumbien Carlos Valderrama begeistert von seiner Couch aufspringt und Shakespeare zitiert. Suarez ist dann doch nicht verstorben.
Und plötzlich schlägt ebenjener Suarez einen Haken und versenkt den Ball im langen Eck. Nur noch 2:4.
Eben noch wurde Fuss pathetisch: „Der legendäre Kurzpassfußball ist Geschichte.“ Dichtete hier munter den Abgesang von Barca daher und kondolierte in Gedanken schon mal der Karriere von Lionel Messi. Muss er später seinen Gedenkkranz zurückgeben?
Den sechs Buden zum Trotz sind wir doch immer noch etwas irritiert über den in Ehren genährten Roy Makaay. Den Mann hat man früher „das Phantom“ genannt, heute verdunkelt der gute Roy schon aus fünf Metern Entfernung die Sonne.
DAVIES! DAVIES! Der Außenverteidiger tanzt mit dem ersten Barca-Spieler, dann mit Semedo, schwoft dann locker-lässig in den Sechzehner, zwinkert kurz verschwörerisch Joshua Kimmich zu und der vollendet mit einem biederen Standard-Move. Und wenn ich mir nur eines wünschen darf an diesem Abend, dann das Phonzy Davies auch mal mit mir tanzt!
Wenn Barcelona hier jetzt noch ernsthaft etwas reißen will, sollten sie langsam mal Ivan Rakitic einwechseln. Denn wenn uns die bisherigen Viertelfinal-Spiele etwas gezeigt haben, dann ja wohl, dass Rettung in aussichtsloser Situation nur über Ex-Schalker funktioniert.
Und der gerade eingewechselte Coman macht mit seinem ersten Kontakt fast das 6:2. Aber kein Ding, Kingsley, wir kennen das. Zum Beispiel aus dem Club, wenn wir jemanden ansprechen wollen. Da haben wir auch meistens Probleme mit dem ersten Kontakt.
Doch Barcelona, und das ist vielleicht auch besser so, pfeift auf unsere Ratschläge und bringt nicht Ivan Rakitic, sondern Ansu Fati. Hier übrigens ein exklusives Bild von Fatis Freundin:
Fünf Tore für die Bayern. Und da sind die drei Lewandowski-Tore, die ja zwangsläufig noch fallen werden, nicht einmal mit eingerechnet.
Vom früheren Konditionstrainer der Bayern, dem berüchtigten Egon Coordes, erzählt man sich, dass er einst sogar seinen Schäferhund totgelaufen habe. Wenn dem wirklich so war, wäre Thomas Müller vermutlich in der Lage, Egon Coordes totzulaufen. Spult einen Kilometer nach dem anderen ab und wenn sie ihn nicht in Quarantäne gesteckt hätten, würde der nach dem Spiel noch nach München joggen, um seinen Pferden frischen Hafer rauszustellen.
Und so grooven wir jetzt hier dem Schlusspfiff entgegen. Die Münchener haben Barca wirklich fünf Buden eingeschenkt – es soll schon schönere Zeiten in Katalonien gegeben haben. TikiTaka im Lockdown.
Flanke Coutinho, Tor Lewandowski, 6:2! 6:2? Lange lässt uns der Videoschiri warten und entscheidet dann auf: TOR! Spiel, Satz und Sieg.
Freunde: 7:2. Coutinho. „Schallende Ohrfeige“, sagt Fuss, „wäre eine maßlose Untertreibung.“ Einigen wir uns darauf, dass die Bayern soeben mit einem LKW über den FC Barcelona hinweggenagelt sind.
Was soll man jetzt von diesem Spiel halten, wenn man nicht Fan des FC Bayern ist und sich natürlich längst einen in die Rüstung gekippt hat? Sind die Bayern so gut? War Barca so räudig? Kennt Messi das Wort „räudig“ überhaupt? Wann hört Thomas Müller auf, Druck zu machen? In diesem Moment fällt das 8:2. Coutinho will nicht mehr jubeln, uns wird das langsam richtig peinlich.
Wir waren verliebt, als Messi, Xavi und Iniesta einst den Fußball veränderten und verzauberten. Wir wollten Fußball so denken wie Busquets. Waren kurz davor, uns die Frisur von Puyol auf die Wade zu tätowieren. Und jetzt, am 14. August 2020, an einem feucht-warmen Sommerabend, sitzen wir hier vor unseren Bildschirmen und können es nicht fassen. Der FC Bayern München gewinnt mit 8:2 gegen den FC Barcelona und TikaTaka ist soeben gestorben. Es erlag einem 90-minütigen Virusleiden: BAYERN-20.
Gratulation an die Münchener. Was ein Auftritt. Und trotzdem wollen wir gar nicht dran denken, was diese Riege in der kommenden Bundesligasaison mit einer Mannschaft wie dem FC Augsburg anstellen wird. Peace out und gute Nacht!