90 Minuten Vollsprint, echte Gefühle! Liverpool überrennt Manchester City in einem der schnellsten Spiele des Jahres, der Ticker hechelte atemlos hinterher.
Und dann isses tatsächlich aus, aus, aus und irgendwer muss mir jetzt mal ein Sauerstoffgerät vorbeibringen, damit ich richtig durchatmen kann. Ein Spiel so schnell wie früher nur Handball-Weltmeisterschaftshalbfinals zwischen Deutschland und Frankreich, mit Mo Salah als Markus Baur und Jürgen Klopp als Heiner Brandt. Der Ticker bastelt sich jetzt einen Kloppo-Bart, verbringt die kommenden 90 Minuten in Trance und denkt daran, was er da gerade sehen durfte. Danke, Fußball.
Robertson mit dem guten alten Ball in den Oberrang. Eine der unterschätzesten Kunstformen dieses Sports.
DS$%/N))()OL::_ (/&%$§“§… Oh Gott, verzeiht, dieser Konter über Trent Alexander-Arnold war einfach zu schnell für mein bräsiges mittelniedersächsisches Gehirn. Apropos zu langsam: Auf der Gegenseite verpasst Kun Agüero schon wieder eine Möglichkeit in Anfield ein Tor zu schießen und der Sky-Mann raunt: „Es ist wirklich ein Fluch, oder?“ In München piekt Didi Hamann gehässig lachend in seine Agüero-Puppe.
Unverständlich aus meiner Sicht, dass Guardiola noch immer nicht Uwe Rösler eingewechselt hat.
Herrlich. Gleich bringt Klopp James Milner, der es nach seiner Fußballer-Karriere unbedingt als Daumenbrecher für die britische Mafia versuchen sollte, wo Optik und Statur schon so hübsch passen. Spitzname: Leberhaken-Jimmy.
Netter Versuch eben von City, einen Ball in die Mitte des Liverpooler Strafraums zu flanken. Solche Versuche schmeißt sich van Dijk morgens als Nahrungsergänzungsmittel ins Müsli.
Bei dieser geballten Offensiveuphorie wollen wir nicht vergessen an all die Helden in der Abwehr zu denken. Jetzt nun verewigt sich Lovren in den Highlights dieses Spiels, indem er mit einer eingekrabbelten Grätsche den Schuss von Agüero blocken kann und dafür völlig zu Recht von Kollege van Dijk geherzt wird. Und jedem Innenverteidiger der Welt durchströmt ein inniges Gefühl der Zuneigung.
Der Wachmacher: Traumflanke auf Mané, Kopfball, Tor! 3:0 für Liverpool und der rote Vollgasfußball reißt einfach weiter alles mit sich, was sich in ihm in den Weg stellt. Sehr beeindruckend.
Mein armer, tapferer Gastgeber. Da hat er den ganzen Tag mit einem äußerst intensiven Kater überstanden und jetzt, wo dieses Spiel in die zweite Halbzeit einbiegt und drauf und dran ist, als eines der attraktivsten Partien der vergangenen Monate in Erinnerung zu bleiben, pennt der ein. Sanfte Träume von Uwe Bein und Uli Stein!
Abifahrt 2003. Einer hat das Autoradio an und hört den letzten Spieltag in der 2. Bundesliga. Mainz steigt schon wieder nicht auf. Klopp heult. Jetzt bin ich alt und dick und Klopp steht an der Seitenlinie in Anfield und wird sich mit der Meisterschaft vermutlich endgültig zum Helden machen. Hätte mir das damals einer gesagt, ich hätte ihm den Berentzen weggenommen.
Ah, herrlich. Draußen kalt, drinnen warm, Glotze an, Spiel ist gut. Wenn alle Menschen so genügsam wie Fußballfans wären, wäre diese Welt eine bessere. Weiter geht´s.
Der Ticker im Rausch der Gefühle. Vielleicht haben wir noch nie so viel Kohle über ein Fußballfeld laufen sehen, vielleicht aber auch noch nie so viel Tempo und roboterhafte Perfektion. Zwischendurch habe ich mich dabei ertappt, was wohl ein mittelmäßiger Bundesligist tun würde bei diesem Tempo. Einbuddeln wäre wohl die beste Option. Ich brauch jetzt erstmal eine Pause und ein Stück von dieser Salami, die des Gastgebers Mutter vorhin mitgebracht hat. Danke, Mutti! Und bis gleich.
Vielleicht die schönste Szene in diesem wirklich sehr schönen Spiel – jedenfalls für einen Roy-Keane-Liebhaber wie mich: Fernandinho kracht in Fabinho rein, beide nehmen sich in die Arme und Fabinho wirft dem Landsmann einen Blick zu, der leichte Freude über diesen taktischen Tritt verrät. Goldig!
Unermüdliches Pressen schon in des Gegners Hälfte. Die Geburtshelfer des Fußballs: der FC Liverpool!
Meine Güte. Ein Spiel wie ein Actionthriller. Alle paar Momente gibt es hier Mische, beinahe hätte es eben Mo Salah erwischt, hin und her und wieder zurück und langsam bräuchte ich mal wieder einen Fehlpass, um ganz sicher zu sein, dass hier nicht ein perfekt inszenierter Werbegag von EA Sports ist.
Immer wenn ich Ilkay Gündogan sehen, muss ich daran denken, was eigentlich aus Mehmet Ekici wurde. Der soll doch in der Jugend noch mehr drauf gehabt haben, als Kumpel Ilkay, landete dann aber über Werder und Trabzonspor bei Fenerbahce. Ist ja nun auch nicht schlecht. Aber eben nicht Liverpool gegen City. Trotzdem liebe Grüße.
Dieses elegante, aber auch abrissbirnige Zweikampfverhalten von Virgil van Dijk kann man einfach den ganzen Tag lang bestaunen. Im direkten Duell scheinbar unbesiegbar, und wenn sie dem ein paar Bierkästen in den Strafraum werfen würden, würde der auch die rausköpfen. Der Steven Seagal des europäischen Fußballs.
Falls noch jemand nach einem symbolhaften Moment für diese erste Halbzeit gesucht hat: Agüreo schießt, Alisson hält, Mané ergrätscht sich tief in der eigenen Hälfte den Ball, Gefahr gebannt. Klopp und seine Fußball-Mutanten. 2020 in 3D auch in ihrem Provinzkino!
Fabinho gegen Gündogan. Der Mann vom LFC eine dieser Patrickvierahaften Zweikampfmonster im Mittelfeld, die alles abräumen und wegstaubsaugen. Wie gerne hat man solche Typen in seiner Mannschaft… Jürgen Klopp wird warm ums Herz.
Dankbar muss ich in der 20. Minute zur Kenntnis nehmen, dass dieses Spiel auch mal eine Atempause zulässt. Vom Zugucken werde ich heute nen Wadenkrampf kriegen.
Das letzte Mal, dass ich bei einer Sportveranstaltung so oft von links nach rechts und zurück gucken musste, war 1996, Australien Open-Finale, Becker gegen Chang, 6:2, 6:4, 2:6, 6:2. Will sagen: Es ist ein verflucht schnelles Spiel und wenn Jürgen Klopp gleich Lucky Luke und Pep Guardiola Speedy Gonzales zum Warmlaufen mit Co-Trainer Armin Hary schickt, dann würde mich das nicht wundern. Michael Chang gefällt das.
Fuck. 2:0! Mo Salah! Was. Ne. Bude!? Diese Flanke von links. Freunde, solche Tore müsst ihr sehen, da möchte ich eure Zeit nicht mit einer Beschreibung aufhalten. So ein Hütte haben wir früher auf der Konsole geschossen. Aber nur, wir die Spielgeschwindigkeit auf 1,5 umstellten. Ich glaube, Klopp hat nen Cheat benutzt.
Hat sich eigentlich schon mal jemand angemessen darüber aufgeregt, dass es inzwischen vollkommen ok ist, mitten im Spiel einen Werbe-Splitscreen einzubauen? Und falls nicht, wo bitteschön kann ich bei euch anrufen und ausfällig werden? Dann splitte ich meine Bars.
Jetzt aber doch noch mal ein Hohelied auf den gepflegten Fernschuss. Auf der Ehrentribüne soll Steven Gerrard auf Knien übers Parkett gerutscht sein.
TOOOOOR!! 1:0 durch einen Strahl von Fabinho, Kinder, was ein Brett, wunderschön…doch, halt, der Videoschiri guckt sich das an. Wenn das Ding nicht zählt, werde ich Franz-Xaver Whack anrufen und mich den ganzen Abend lang bei ihm beschweren, aus Prinzip, doch wieder halt: Tor zählt, 1:0, alles prima, doch leider habe ich dank dieser räudigen Videoschiriwartezeit fast dieses geile Tor vergessen. VAR, des Fußballs Variante eines Samenstaus.
Dieser Rasen. Ich möchte mir ein Stück davon abschneide und es als Matratze verwenden. Jeden Morgen dann Flachpässe spielen. Und der Tag ist dein Freund.
Kevin de Bruyne verspringt ein Ball und auf einmal fühle ich mich ihm viel näher. Vielleicht trinken wir nachher ein Bier unter der Duschen und essen noch eine Brat und diskutieren über den aktuellen Zustand des hiesigen Amateurfußballs.
Und ab dafür. Die ersten zerkratzten Knie registriere ich nach 24 Sekunden. So darf es bitte weitergehen, saubere Stutzen werden vom redaktionsinternen Geheimdienst offiziell registriert und verpetzt.
With hope in your heart. Ach. Und jetzt noch eine Schweigeminute. Meine Fresse. Um Atmosphäre dürften wir uns heute keine Sorgen machen, sag ich jetzt mal.
Hadere bei solchen Spielen immer mit mir selbst. Feier ich das nun ab, dass da die derzeit besten Fußball-Mannschaften der Welt Fußball spielen, oder lasse ich den kleinen Nostalgiker und seinen besten Kumpel, den Kommerzkritiker, freie Bahn? Was ich zugeben muss: Dieser unglaubliche Grinsekatzencharme, mit dem Jürgen Klopp auch irgendwann mich einfing, als ich ihn noch als BVB-Trainer zum Interview treffen konnte und er mit wehender Mähne, Dr.Best-Zähne und Indiana-Jones-Coolness aus einem alten Porsche 911 sprang, dieser Charme jedenfalls sorgt dafür, dass ich Liverpool, die ja auch nix anderes sind, als einer dieser Bestatter des Fußballs, wie ich ihn kennenlernte, irgendwie noch immer geil finde. Dank Jürgen Klopp, dem Terrence Hill des deutschen Fußballs.
Pep Guardiola könnte auch dieser immer leicht charmant verwirrte Kunstprofessor sein, der ab und an Affären mit sehr attraktiven Studentinnen startet, pietätvoll wie er ist aber niemanden davon erzählt und amtierenden Stadtmeister im Tischtennis ist. Gut vorstellbar als Doppelpartner: Jürgen Klopp. Jörg Rosskopf, übernehmen Sie!
Sky gelingt der erste gute Angriff des Spieltags, als Experte ist Mladen Petric geladen, der noch immer diese cabrioeske Ausstrahlung eines Frauenhelden hat, der sich bei Tempo 150 eine Zigarette drehen kann und Stiefel aus Krokodilleder über seinen edlen Füßen trägt. Dass der Sender gleich daneben den vermutlich am uncabrioesken aussehendsten Kollegen gesetzt hat, ist natürlich schlau.
Ei Gude, liebe Freunde, heute zur Abwechslung mal aus Frankfurt, live von einer äußerst gemütlichen Couch in der Wohnung eines äußerst gemütlichen Freundes. Etwaige Tippfehler bitte ich mit Hinweis auf den motivierten Konsum alkoholischer Getränke am gestrigen Abend zu entschuldigen. Dafür weiß ich jetzt, dass der Vater meines Gastgebers früher auf dem Fußballplatz „Ferenc“ gerufen wurde, benannt nach dem ungarischen Major. Hat sich also gelohnt.
Heute statt Deutschland gegen Ungarn, Liverpool gegen Manchester City. Na gud.