Hertha spielt gegen Bayern die Formation „Russisch Roulette“. Die lassen sich zwar abschießen, aber zumindest Europas Zombiefußballer des Jahres, Robert Lewandowski, ist partout nicht tot zu kriegen. Mit Kettensäge bewaffnet: der Ticker.
Hallo und Servus! Ich bin noch völlig platt. Komme gerade vom Fußball, Testspiel, eine kleine Reise gegen so einen Haufen Ex-A-Jugendlicher bekommen, und dann wechselt auch noch Choupo-Moting zu den Bayern. Verfolgt also live, wo sich mein erster Krampf meldet: Wade oder Herz.
Die Bayern haben so gerade elf Mann zusammen bekommen. So wollen sie spielen: Neuer – Richards, J. Boateng, Alaba, Hernandez – Kimmich, Goretzka, Gnabry, T. Müller, Davies – Lewandowski.
Damit der erste Startelf-Einsatz für Richards. Und die alte Frage: Wann setzt er zum Solo an?
Hansi Flick war gerade etwas genervt von den Fragen der Sky-Kollegen zu etwaigen Transfers. „Namen sind mir heute egal.“ Und damit viel Erfolg, Bernd Bergmann Jr.
Hallo auch von mir (Lemm). Ich würde ja gern mit einem hämischen Witz beginnen: Bayern aktuell nur auf Platz sieben, haha und das soll also die beste Mannschaft Europas sein. Aber leider bin ich Schalke-Fan.
Uli Hoeneß etwas verspätet auch auf seinem Platz. Hatte zu Hause noch Probleme mit seinem Fax-Gerät.
Hernandez chippt den Ball in den Hertha-Strafraum und wird dafür gleich mal von irgendeinem Berliner umgelegt. Geil, wenn das hier so ein Schlagabtausch wird, gibt’s in wenigen Minuten eine neue Audio-Funktion bei Sky: Das Spiel unterlegt mit der Tonspur vom amerikanischen TV-Duell.
Gerade Lewandwoski mit einem Versuch, auf der Gegenseite Lukebakio mit der ersten Hertha-Chance. Der übrigens mit fünf Toren in vier Spielen gegen die Bayern. Das ist, wenn ich mich jetzt nicht verrechnet habe, mehr als die gesamte Schalke Mannschaft.
Ah und ich sehe gerade, Bayern hat vor 40 Minuten Marc Roca verpflichtet. Aber passt „Wer, wer, wer? Wer soll das sein?“ überhaupt hinten aufs Trikot?
Ja. Nein. Doch. Mist. Cordoba kriegt einen wunderbaren Pass in die Spitze, rennt und rennt und holzt ihn rein, dass das Netz hinter Neuer rasselt aber: Abseits. Ich glaube: Einen Schritt zu weit gehen, den Automatismus hat er noch aus dem Kölner Karneval.
Freue mich immer über die Sky-„Realformationen” nach 15 Minuten. Weil sie mich glauben lassen, dass nie eine andere Mannschaft näher an der Bundesliga war als meine Minikicker-Truppe, wenn jeder spontan dem Ball hinterhergelaufen ist.
Immer hin, was für die Hertha nach den ersten umkämpften Minuten spricht: Die Bayern kriegen den Ball noch nicht einmal ins Tor. Gnabry kriegt den Ball, lässt mehr Berliner aussteigen als die Ringbahn, aber Schwolow, ein Mann wie eine fleischgewordene Notbremse, verhindert das 1:0.
Stelle mir immer vor, wie bei solchen Spielen Lars Windhorst in irgendeinem Penthaus in Berlin-Mitte, vor einem riesigen Flatscreen sitzt. Hertha-Schal um den Nacken, ein altes Continental-Trikot an, Dosenbier offen, und immer brüllend: „Schieß do-och!!” Jedenfalls: Eckball Bayern.
23 Minuten gespielt. Noch immer 0:0. Der Masterplan der Hertha, bald so zu spielen wie der FC Barcelona, damit wieder gescheitert.
Dinge, die mich während der Coronakrise fassungslos bis wütend zurücklassen:
- Menschen, die an der Supermarktkasse auf 50 Zentimeter ranrücken. Digga, du bist und bleibst Dritter und kommst gleich dran.
- Instagram-Boomerangs einiger Abi-Kolleginnen, die sich mit 30 Freundinnen dicht an dicht in irgendeinem Wohnzimmer treffen und Freixenet trinken. „Auf uns, Mädels!“
- Jens Lehmann.
Halbe Stunde, immer noch 0:0. Und die Chancen für ein auch in dieser Höhe völlig verdientes 1:0 (89.) steigen.
Kommentator Friedrich warnt: „Morgen schließt das Transferfenster!“ Hier deshalb ein Symbolbild von den Kaderlücken der Bayern, die Brazzo dieses Jahr mit seinen Einkäufen schließen musste.
Auch Müller trifft, aber auch er steht im Abseits. Tja. Die Berliner sind halt doch die Trendsetter.
Lustig nur, dass nach Müllers Treffer schon angestoßen wurde, ehe der VAR korrigierte. An der Seitenlinie spuckt Flick den Sekt wieder ins Glas.
Und dann: Flanke Gnabry und Lewandowski, Europas Fußballer des Jahres, hält europasfußballerdesjahresesk seinen Fuß hin. 1:0 Bayern. Ein Treffer, erwartbarer als Donald Trumps positiver Corona-Test.
War übrigens Robert Lewandowskis 100. Bundesliga-Tor in der Allianz Arena. Als Belohnung bekommt er eine Reisemittelversäumnisversicherung auf Lebenszeit. Herzlichen Glückwunsch!
Kurzes Update aus der Werbung. Jürgen Klopp sagt in einem Spot für Vermögensberatung: „Ein Experte zur richtigen Zeit ist Gold wert.“ Und im Sky-Studio reibt sich Martin Schmidt nervös die Hände.
Labaddia musste die Mannschaft irgendwie auf die 2. Halbzeit einstellen. Weiter geht’s, besser machen, auch Spaß am Fußball haben. Sky hält dagegen, zeigt nochmal kurz Wolfsburg-Augsburg.
Weiter geht’s. Bayern hat den Ball. Soll noch einer sagen, die Windhorst-Millionen würden sich nicht auszahlen.
Zirkzee, der ja noch verliehen werden soll, macht sich hinter dem Tor warm, blickt flehentlich Richtung Bank. Wann wird ihn Hansi Flick endlich zu sich rufen, um ihn mit Briefmarke nach Aue, Osnabrück oder Malaga zu schicken? Mach uns keine Schande, liebe Grüße, ciao.
Und jetzt: Lewandowski, natürlich. Bekommt den Ball am Sechzehner zurückgelegt, aus der Drehung locker ins Tor. 2:0! Friedrich (ehrfürchtig): „Er hat Grenzen verschoben.“ Ich (kritisch): Dann kommt das Tor einen Tag und 30 Jahre zu spät.
TOR für Hertha! Weil Cordoba einen Freistoß ins Tor köpft, ach was, er abreissbirnt den Ball an Neuer vorbei. Nur noch 2:1. Berlin in der hoffnungsvollsten Situation seit der Wende.
Richards jetzt am Boden. Friedrich: „Die rechte Wade scheint Probleme zu machen.“ Tja, da dachte man jahrelang, die würdelosen Koks- und Sauftouren würden irgendwann ihren Tribut zollen und dann: die Wade. Was kommt als nächstes? Pete Doherty, der an einem hartnäckigen Eisenmangel laboriert?
Friedrich übrigens gerade auch mit dem schönen Satz: „Mir ist nicht ganz klar, was Jerome Boateng im Gesicht hat.“ Geht mir ebenso, allerdings schon seit dessen letzter Brillenkollektion.
Höre den Stadionsprecher der Bayern, der trotz Geisterspiel die Wechsel durchsagt und muss irgendwie an ein Buch von David Graeber denken. Wie hieß das denn noch gleich? Tipps bitte an bullshitjobs@11freunde.de
Und TOOOR! Cunha am Ball, schiebt sich selbst an drei Bayern vorbei und dann den Ball ganz locker ins Netz. 2:2. Leise hört man einen Telefonlautsprecher von der Tribüne hallen: „Heynckes, hallo, Kalle, bist du das?“
Noch mehr Patzer der Bayern-Spieler und sie dürfen in der nächsten Legislaturperiode für die CSU das Verkehrsministerium übernehmen.
Freistoß. Robert Lewandowski will zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung auch an die Gräueltaten des DDR-Regimes erinnern und schickt einen Schuss über die Berliner Mauer. Aber der glücklicherweise wie die innerdeutsche Teilung: vorbei.
Oh wei. Und dann Ecke Bayern, Tolisso aus drei Metern direkt und drüber. Dinge, die wahrscheinlicher sind, als dieses Tor nicht zu machen:
- Das Bernsteinzimmer finden
- Ein 11Freunde-Ticker ohne Uli-Hoeneß-Witz
- Eine SMS von Uli Hoeneß zu bekommen
Meister, DFB-Pokal, Champions League, Supercup, Europas Trainer des Jahres. Keiner sammelte schneller mehr Titel als Hansi Flick. Wer hätte gedacht, dass er auch noch den 1. Platz bei der plötzlichsten Trainerentlassung aller Zeiten gewinnen könnte?
Muss man sich mal vorstellen: Hansi Flick verlöre seinen Posten – und Andi Scheuer wäre immer noch im Amt.
Aber das braucht es überhaupt nicht. Weil die Bayern immer noch Robert Lewandowski haben. Alaba chippt einen Freistoß in den Sechzehner, Müller legt direkt ab, Lewandowski muss den Ball nur noch über die Linie drücken. Und ganz ehrlich: Das Bayern-Spiel, es sollte bald als Ausbildung angeboten und vom IHK abgenommen werden. Denn wie bei einem Handwerker, der einem die Waschmaschine repariert, steht man daneben und denkt sich: Jaja, genau so hätte ich es auch gemacht. Sieht ja auch total einfach aus. Klar. Und dann, beim nächsten Mal, probiert man es selbst. Und bricht sich beide Beine.
Labaddia wechselt Jessic Ngankam ein. Die weiße Flagge hat’s wahrscheinlich gerade mit dem Rücken.
TOOOR für Hertha! Von wegen Weiße Flagge. Ngankam, die letzte Patrone, kommt an den Ball. Russisch Roulette. Hertha dreht an der Trommel, drückt ab – 3:3. Bayern tot.
Was soll ich sagen? Wenn irgendjemand einen Zombie-Splatter drehen will, soll er jede Menge Bayern-Trikots mitbringen. Denn diese Truppe ist einfach nicht totzukriegen. Lewandowski wird im Strafraum gefoult, bekommt den Elfmeter, versenkt den Elfmeter. Fear the Walking Red.
Interview mit Niklas Stark. Die Stimme zittert, die Augen glänzen feucht. Sagt Sätze wie „Wir müssen im Kollektiv besser sein“. Was er aber meint: „DIESER SCHEISS DUSEL DAS KANN DOCH NICHT DEREN ERNST SEIN VERFICKTE SCHEISSE WIR HÄTTEN DAS VERDIENT GEHABT.“ Glaube ich zumindest.
So, Leute, was sollen wir sagen? War ein gutes Spiel. Bayern zeitweise besser, aber auch Hertha zeitweise besser. Am Ende war’s das Glück, das mal wieder auf der Seite des Rekordmeisters stand. Weil heute eigentlich der letzte Wiesn-Sonntag gewesen wäre und wir solidarisch sind mit all den kleinen Leuten, die es ja in Bayern doch noch – neben Joshua Kimmich – gibt, müssen wir jetzt los. Drei Maß auf Ex trinken, uns von einem Fremden ohne Grund einen Jochbeinbruch hauen lassen und dann auf die eigene Hose kotzen. In diesem Sinne: Schönen Abend noch!