Sol Campbell behauptet von sich selbst, über eines der größten Gehirne im Fußball zu verfügen. Trotzdem lehnte die Oxford-Universität ihn ab – und er suchte jahrelang erfolglos einen Job als Trainer. Jetzt hat es endlich geklapp – beim Viertligisten Macclesfield.
Hinweis: Das Interview stammt aus der 11FREUNDE-Ausgabe #190. Damals trafen wir Sol Campbell zum Gespräch, weil er seit Jahren keinen Job als Trainer fand – und deswegen langsam ungeduldig wurde. Seit gestern ist das Warten vorbei. Denn Campbell beginnt seine Trainerlaufbahn beim englischen Viertligisten Macclesfield Town.
Sol Campbell, stimmt es, dass Sie ein Jahr lang auf Gehalt verzichten wollen, wenn ein Team Sie als Trainer verpflichtet?
Das habe ich in der Tat so gesagt. Ich war dreimal Kapitän der englischen Nationalmannschaft, einer der besten Verteidiger meiner Zeit. Ich habe meinen Trainerschein gemacht und bin bereit, ein Team zu übernehmen. Trotzdem warte ich seit mehr als einem Jahr auf eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Nur ein Vorstellungsgespräch. Niemand will mir eine Chance geben.
Und Sie glauben, ohne Gehalt kämen Sie ins System?
Ja, denn vielleicht gibt es einen kleinen Klub, der Ambitionen hat, aber kein Geld. Solange man mir vertraut, würde ich auch weit unten anfangen. Auch im Ausland, es muss nicht England sein. Wenn ich die Chance bekomme, ein Team nach meinen Vorstellungen zu formen, werde ich Erfolg haben. Dann sehen auch andere, dass ich das kann.
In Ihrer Autobiografie steht: „Wenn ich weiß wäre, wäre ich zehn Jahre lang Kapitän der englischen Nationalmannschaft gewesen.“ Glauben Sie, es hat auch mit Ihrer Hautfarbe zu tun, dass Sie keinen Job bekommen?
Interessante Frage, sehr leicht zu beantworten. Schauen Sie sich die Zahlen an. In der letzten Saison waren von 92 Trainern im englischen Profifußball zwei nicht weiß. Zwei!
Einer von den beiden, Chris Hughton, ist mit Brighton & Hove Albion in die Premier League aufgestiegen.
Das ist großartig und zeigt, dass die Dinge sich verändern. Die Leute waren geschockt, als ich vor ein paar Jahren so vollmundig davon sprach, dass ich wegen meiner Hautfarbe benachteiligt wurde. Doch die Dinge kamen ins Rollen, heute ist es kein Tabu mehr, darüber zu reden. An der Basis sieht es auch schon deutlich besser aus. Je weiter man nach oben kommt, desto dünner wird die Luft für uns allerdings. Viele vertrauen uns nicht, weil sie denken, wir haben nicht die Intelligenz, um ein Team zu leiten.
Macht Sie das traurig?
Ich war nie der Typ, der resigniert hätte. Ich denke immer nach vorn, vertraue auf das Gute in den Menschen. Deshalb sage ich: Gebt mir ein Bewerbungsgespräch, ich werde euch überzeugen.
Mangelndes Selbstbewusstsein war nie Ihr Problem.
Das stimmt. Ich komme aus East London, bin nicht wirklich wohlhabend aufgewachsen. Meine Mutter arbeitete bei einem Telefonanbieter, mein Vater fuhr U‑Bahn. Ich hatte meinen Sport, das war alles. Es waren harte Zeiten, aber ich habe mich durchgesetzt. Das hat mich geprägt.
Hatten Sie nie Zweifel?
Doch, ich hatte sogar Angst. Angst vor den Aufgaben, denen ich mich stellen musste. Aber Angst beflügelt dich auch. Angst ist gut – wenn sie dich nicht beherrscht.