Vom Taktikblogger zum Co-Trainer in Mönchengladbach. René Maric über seinen ungewöhnlichen Weg, den neuen Stil der Borussia und die globale Vernetzung im Fußball.
René Maric, mit 26 Jahren sind Sie der jüngste Co-Trainer der Bundesliga, wofür sind Sie in Gladbach zuständig?
Das ist nicht einfach zu sagen, weil wir im Trainerteam zusammen mit Marco Rose alle Entscheidungen diskutieren. Jeder von uns hat aber Bereiche, die ihn besonders interessieren: Alexander Zickler das Angriffsspiel und die Standardsituationen, Frank Geideck ist insgesamt sehr analytisch. Marco hat ein besonderes Auge aufs Spiel gegen den Ball, während es bei mir das Spiel mit Ball ist. Dazu hat Eugen Polanski als Talentetrainer sein Augenmerk auf die jungen Spieler. Letztlich wird das alles zusammengeführt.
Sie sind ein Quereinsteiger ohne Profikarriere, obwohl Marco Rose sagt, Sie wären ein guter Spieler.
Das ist nett von ihm. Mit viel Förderung hätte es vielleicht zum Profi gereicht, aber vermutlich nicht. Ich war ein klassischer Zehner in der oberösterreichischen Provinz, konnte einen Ball stoppen und hatte auch mal eine kreative Idee, aber schon viel gelaufen bin ich nicht. Außerdem hatte ich zwei Kreuzbandrisse und andere schwere Verletzungen. Aber ich will mich gar nicht beklagen, denn so konnte ich schon früh Trainer werden.
Wann ging das los?
Ich habe mit 17 Jahren bei uns im Dorf eine U11-Jugendmannschaft übernommen. Damals hat mich vor allem interessiert, warum Spieler auf dem Platz das machen, was sie machen. Dazu habe ich mir bei Youtube endlos viele Videos angeschaut, das war der Einstieg.
Und dann haben Sie sich gefragt, wie das alles zusammenhängt?
Genau. Wie bestimmt das Ziel einer Mannschaft das, was für den Spieler die beste Entscheidung in einer Situation wäre?
Sie waren als Blogger 2011 einer der Mitgründer der Website spielverlagerung.de, die anfangs oft für eine mitunter recht unzugängliche Spezialsprache verspottet wurde.
Weil wir damals keinen Zugang zur eigentlichen Fachsprache hatten. Außerdem waren wir anfangs zwischen 16 und 22 Jahre alt und wussten oft nicht genau, wie wir etwas beschreiben sollten. Manche Begriffe haben wir von Trainern aufgeschnappt, wie „abkippende Sechser“ oder „Gegenpressing“. Oder wir haben halt eigene Wörter für Vorgänge entwickelt, die wir auf dem Platz beobachtet haben.
So war plötzlich von „Offensivfluidität“ die Rede, worüber Sie einen episch langen Aufsatz geschrieben haben.
Der Begriff stammt ursprünglich von einem Kollegen, und ich habe darüber nachgedacht: Was könnte er gemeint haben? Wie würde ich das beschreiben? Was ist der Unterschied zwischen unseren Ansätzen? Das habe ich dann aufgeschrieben.
War das ein öffentliches Nachdenken?
Ja, das trifft es. Jedenfalls hatte ich weder das Ziel, journalistisch zu schreiben, noch hätte ich gedacht, dass es mehr als 15 Leute lesen würden. In Österreich sagt man „Hirnwichserei“.
In Deutschland auch.
Es gibt ein berühmtes Zitat des Physikers Richard Feynman, der gesagt hat: „Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht richtig verstanden.“ Als ich es besser verstanden habe, konnte ich es auch einfacher erklären.