Julian Gressel wurde vor der Saison an achter Stelle des MLS-Drafts gezogen und nach der Saison zum Rookie of the Year gewählt. Wir haben mit ihm über eine wahnsinnige Saison gesprochen.
Julian Gressel, im Januar haben wir uns kurz nach dem MLS-Draft gesprochen. Damals sagten Sie, die Euphorie rund um Ihr Team Atlanta United sei riesengroß. Jetzt ist die Saison leider schon vorbei. Und die Euphorie …
… ist immer noch verdammt groß. Es war ein Riesenjahr für uns. Durch die Fans wurde es noch besser. Wir hatten im Schnitt über 40.000 Zuschauer bei unseren Spielen. Jedes Heimspiel war ausverkauft. Es war unbeschreiblich, wie sie die Mannschaft unterstützt haben. Auch Atlanta als Stadt ist großartig. Ich fühle mich persönlich sehr wohl hier.
Fünf Tore, neun Vorlagen, 31 Einsätze – auch sportlich lief es ziemlich gut bei Ihnen. Haben die Einsatzzeiten Ihre Erwartungen übertroffen?
Auf jeden Fall. Als frisch gedrafteter Spieler hat man es häufig nicht leicht und muss sich sein Standing erst erarbeiten. Aber ich habe mich von Anfang an gut gefühlt und der Klub hat mich großartig unterstützt, sodass ich mich voll auf die Leistung konzentrieren konnte. Ich war direkt gut in Form und konnte mich ins Team spielen.
Dennoch war in der ersten Playoffrunde im Elfmeterschießen gegen Columbus Crew Schluss. Sie traten zum ersten „Penalty“ an und vergaben. Überwiegt die Enttäuschung oder sind Sie trotzdem zufrieden mit dem Saisonverlauf?
Die Enttäuschung ist nach wie vor groß. Wir hatten eine Mannschaft, die im Playoffsystem weit hätte kommen können. Wie wir dann ausgeschieden sind, war hart. Auch für mich persönlich. Aber je weiter das zurückliegt, desto mehr realisiere ich, dass wir eine Riesensaison gespielt haben, auf die wir stolz sein können, gerade als Team, das das erste Jahr in der MLS gespielt hat. Wir hätten sogar Gesamtzweiter in der Liga werden und uns für die CONCACAF-Champions League qualifizieren können. Leider hat uns Sebastian Giovinco dann so ein krasses Freistoßding reingehauen.
Die „Atom-Ameise“ ist seit Jahren ein Dauerbrenner in der MLS. Gab es noch andere Spieler, die Sie beeindruckt haben?
Giovinco hat mir auf jeden Fall mit am besten gefallen. David Villa aber auch, seine Bewegungen als Stürmer sind Wahnsinn. Und natürlich Bastian Schweinsteiger, gegen den ich auch spielen durfte. Er hat mir gesagt, ich soll so weitermachen wie bisher und dass er meine Karriere weiterverfolgen wird. Überhaupt gegen diese Leute spielen zu dürfen, die schon alles gewonnen haben, das ist großartig.
Das Playoffsystem, dass Ihnen dann auch das Genick gebrochen hat, halten manche für unfair. Wie sehen Sie das?
Es hat beides seine Vor- und Nachteile. Bei einem reinen Ligasystem, wie in Deutschland, musst du eben über 34 Spieltage konstant deine Leistung bringen, wenn du am Ende oben stehen willst. Die Playoffs sind dagegen wie eine Weltmeisterschaft oder die Champions League: Du musst auf den Punkt topfit sein. Wenn du das nicht bist, ist es vorbei. Alles oder nichts – das hat seinen ganz eigenen Reiz.