Kevin Kühnert saß im Aufsichtsrat von TeBe, ist gebürtiger Berliner, Bundesvorsitzender der Jusos und trotzdem Fan von Bayern München. Warum das allerdings immer weniger Spaß, was Hertha falsch macht und wieso der Fall von Clemens Tönnies beschämend ist.
Kevin Kühnert, stimmt es wirklich, dass Sie Sympathien für den FC Bayern München hegen?
Sagen wir so: Ich bin als Kind, wie so viele, über den FC Bayern zum Fußball gekommen. Neben Arminia Bielefeld und Tennis Borussia Berlin hat der FC Bayern München insofern Platz in meinem persönlichen Fußball-Dreieck. Ich gehöre aber nicht zu denjenigen, die sich in jeder Stadt den Schal des örtlichen Vereins umhängen.
Kevin Kühnert ein FC Bayern-Anhänger? Sie werden verstehen, dass das bei vielen Menschen für Verwunderung sorgt.
Ich glaube Fußballfans wissen, dass unser Hobby nicht frei von Widersprüchen ist, das macht es auch so interessant. Die Sympathie für einen Fußballverein entzieht sich glücklicherweise logischen Kategorien, ist etwas Irrationales – und ich finde, das ist auch gut so. Nicht umsonst fallen Worte wie Liebe und Leidenschaft, wenn Fußball-Fans Ihre Beziehung zu einem Verein beschreiben.
Wie hat das mit Ihnen und dem FC Bayern angefangen?
Wir hatten in den 90er keinen Bundesligisten in Berlin. Da ging der Blick zwangsläufig über den Tellerrand hinaus. Zu jener Zeit lief ja viel übers Fernsehen. Und dort wurde am meisten über den FC Bayern berichtet. Damals, als Kind, konnte ich mich problemlos mit dem FC Bayern identifizieren.
Was später wohl nicht immer so war.
Das ist in der Tat eine schwierige Angelegenheit – eine mit Höhen und Tiefen. Der Verein macht es einem zunehmend schwer, mit Überzeugung zu ihm zu stehen. Das Kapitel Uli Hoeneß beispielsweise hat sich für mich nach dem Umgang mit seiner Steuerhinterziehung erledigt. Dennoch ist ja seine Leistung zusammen mit anderen, den Verein dort hinzubringen, wo er heute ist, ein positives Beispiel dafür, wie man einen Verein entwickeln kann: nicht auf Luftbuchungen gebaut, verhältnismäßig nachhaltig, auch mit sozialer Verantwortung. Gleichzeitig muss man aber auch sehen, dass der Erfolg mit einer zunehmend autoritären Vereinskultur erkauft worden ist. Sie ist auf Uli Hoeneß zugeschnitten.
Dennoch ist der FC Bayern immer noch Ihr Lieblingsklub in der Bundesliga?
In der Bundesliga ja. Wobei ich hinzufügen muss, dass insgesamt mein Interesse an der Bundesliga und damit auch am FC Bayern geschwunden ist. Die 2. Liga und der Amateurbereich kommen meiner Vorstellung vom Fußball näher. Ich habe mir für diese Saison nicht ohne Grund eine Dauerkarte bei Arminia Bielefeld zugelegt, da kribbelt es bei mir deutlich mehr.