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Julian Koch, wie geht es Ihnen?

Julian Koch: Besten Dank, alles läuft nach Plan. Ich laufe seit dieser Woche ohne Krü­cken und kann langsam sogar wieder Fahrrad fahren. 

Im Februar 2011 ver­letzten Sie sich beim Bun­des­li­ga­spiel mit dem MSV Duis­burg gegen RW Ober­hausen schwer. In den Medien sprach man zunächst von einem Kreuz­band­riss. Wie sich her­aus­stellte, drohte Ihnen sogar eine Bein­am­pu­ta­tion. Was ereig­nete sich in den Tagen nach der Ver­let­zung?

Julian Koch: Nach dem Spiel hatte ich zwar Schmerzen, aber es war keine Schwel­lung zu sehen. Am nächsten Nach­mittag stand der Kern­spin­termin an, ich hatte aber mor­gens bereits der­ar­tige Schmerzen und dass Knie war enorm dick, so dass ich direkt ins Kran­ken­haus gefahren bin. Dort wurde ein Kom­part­ment-Syn­drom dia­gnos­ti­ziert. Ich dachte: Okay, sagt mir nichts, dann ope­rieren wir das eben. Um was es sich dabei genau han­delt und was das letzt­end­lich für mich bedeuten würde, wurde mir erst in den nächsten Tagen klar. 

Was muss man sich unter einem Kom­part­ment-Syn­drom vor­stellen?

Julian Koch: Das Gewebe schwillt an und durch den erhöhten Druck wird die Durch­blu­tung gestört. Wenn das nicht schnell genug behan­delt wird, stirbt die Mus­ku­latur und das Gewebe ab. Das Bein muss ampu­tiert werden. Es hätte tra­gisch enden können, wenn ich einige Stunden später zur Behand­lung gekommen wäre. 

Wir haben diese Ver­let­zung mal bei Wiki­pedia nach­ge­schlagen. Dort gibt es Fotos, die nichts für zart besai­tete Gemüter sind. Sah Ihr Bein auch so aus?

Julian Koch: Ich habe mir diese Bilder auch ange­schaut. Mein Bein ist nicht auf­ge­platzt, wie auf diesen Fotos. Bei mir wurde alles recht­zeitig erkannt, der Druck konnte durch gezielte Schnitte ent­lastet werden. Geblieben sind ledig­lich zwei Narben. 

Wie kann es in der heu­tigen Zeit zu einem sol­chen Vor­fall kommen?

Julian Koch: Es wurden von medi­zi­ni­scher Seite keine Fehler gemacht. Nach dem Spiel war ja noch nichts zu erkennen. Der ganze Druck hat sich wäh­rend der Nacht nach dem Spiel ange­staut. Am nächsten Morgen war ich dann sehr gut beraten, sofort ins Kran­ken­haus zu fahren. 

Wie häufig kommt diese Ver­let­zung im Pro­fi­fuß­ball vor?

Julian Koch: Mir sind nur sehr wenige Fälle bekannt. Chris­tian Ziege hatte damit große Pro­bleme, als er für Tot­tenham Hot­spurs spielte. Grund­sätz­lich ist das eine sehr sel­tene Ver­let­zung.

Was ging Ihnen in diesen Tagen durch den Kopf?

Julian Koch: Zunächst war da der Schock, dass ich mein Bein hätte ver­lieren können. Als das Kom­part­ment-Syn­drom dia­gnos­ti­ziert wurde, wusste ich aber noch nicht, was am Knie sonst noch so alles kaputt ist, weil durch die Schwel­lung keine wei­teren Unter­su­chungen gemacht werden konnten. Etwa zwei Wochen später stellte sich dann heraus, dass auch das Kreuz­band und das Außen­band gerissen waren. Ich war richtig fertig und habe mir in dieser Situa­tion viele Gedanken gemacht. Natür­lich gab es auch ernst­hafte Bedenken, ob ich jemals wieder Fuß­ball spielen kann. Die letzten Monate haben mir aber gezeigt, dass die Aus­sichten sehr gut sind. Der Hei­lungs­pro­zess ver­läuft zur großen Zufrie­den­heit der Ärzte. 

Wenige Tage später zogen ihre Mann­schafts­ka­me­raden gegen Cottbus ins DFB-Pokal­fi­nale ein. Sie trugen T‑Shirts mit der Auf­schrift Alles Gute, Jule“.

Julian Koch: Eine schöne Geste, die ich vom Kran­ken­bett aus gesehen habe. Es tat aber auch sehr weh, nicht spielen zu können. 

Wie war der Kon­takt zu Borussia Dort­mund, ihrem eigent­li­chen Arbeit­geber?

Julian Koch: Als ich für ein Jahr nach Duis­burg ver­liehen wurde, hat mich der BVB intensiv beob­achtet. Im Kran­ken­haus kamen dann Michael Zorc und Nuri Sahin vorbei und haben mir Blu­men­sträuße gebracht. 

Ihre Ver­let­zung war umso tra­gi­scher, weil Sie gerade einen kome­ten­haften Auf­stieg hin­legten. In der Saison 2010/11 wurden Sie im kicker“ als noten­bester Abwehr­spieler der Zweiten Liga geführt, zogen mit Duis­burg bis ins DFB-Pokal­fi­nale ein und debü­tierten in der U21. Wie haben Sie die Saison erlebt?

Julian Koch: Zuvor hatte ich für Borussia Dort­munds U23 haupt­säch­lich in der Dritten Liga gespielt, also war mein Ziel, mög­lichst viel Spiel­praxis in der Zweiten Liga zu sam­meln. Die Duis­burger Mann­schaft wurde vor der letzten Saison aber kom­plett neu zusam­men­ge­stellt, was für mich ein Vor­teil war. Dass es so gut lief, hätte ich nicht erwartet. 

Wie wird man als 20-jäh­riger Neu­zu­gang, der ohnehin nur aus­ge­liehen ist, Kapitän einer Mann­schaft?

Julian Koch: Das frage ich mich auch hin und wieder. Ich habe in der Sai­son­vor­be­rei­tung richtig Gas gegeben und der Trainer, Milan Sasic, mochte wohl die Art, wie ich mich in die Mann­schaft ein­ge­bracht habe. Ich war aller­dings nur Vize-Kapitän, trug die Binde aber recht oft, weil sich Srdjan Baljak ver­letzte. 

Wie viele Stunden schuften Sie täg­lich in der Reha?

Julian Koch: Ich bin seit einigen Wochen wieder bei der Mann­schaft auf dem Dort­munder Trai­nings­ge­lände, was sehr wichtig für mich ist. So bleibt der Kon­takt bestehen und ich kann mich von der Ver­let­zung ablenken. Wäh­rend sie trai­nieren, mache ich etwa drei bis vier Stunden täg­lich meine Übungen. 

Wann haben Sie das Come­back ein­ge­plant?

Julian Koch: Das nächste Ziel für mich sind Lauf­ein­heiten. Meine Aus­dauer ist mitt­ler­weile gleich null. In fünf bis sechs Wochen wäre das rea­lis­tisch. Gegen Februar würde ich dann wieder gerne ins Mann­schafts­trai­ning ein­steigen. Wenn ich noch ein paar Minuten in dieser Saison bekommen würde, wäre das fan­tas­tisch.