Der DFB hat die Trikots der Nationalmannschaft für die anstehende Heim-EM präsentiert – und geht damit durchaus ins Risiko. Doch wie haben sich die Shirts in all den Jahren verändert? Antwort: Früher war mehr Lametta.
Es ist offiziell: So sieht es aus, das deutsche Heim-Trikot für die Heim-EM. Die Streifen an der Seite? Natürlich eine Hommage an das Trikot von 2006. Der wilde Farbverlauf? Wohl eher Geschmacksache. Allerdings: Es gab schon deutlich schlimmere Verläufe. Die der vergangenen Turniere zum Beispiel.
Huch?! Das hier ist tatsächlich das offizielle Auswärtstrikot. Und wir sagen mal so: Wenn es das Ziel des DFB gewesen sein sollte, ganz Boomer-Deutschland gegen sich aufzubringen, dürfte dieses Teil ein voller Erfolg werden. Nicht immer ging es in der Geschichte der Nationalmannschaft derart wild zu. Kommt mit auf eine Zeitreise.
Schwarz und Weiß. Die Farben des Preußischen Kaiserreichs, zurückzuführen auf den Deutschritterorden, überlebten jede politische Neuordnung. Hier, 1934, steht die Mannschaft vor dem Halbfinale gegen die Tschechoslowakei stramm.
Erfrischende Designelemente in der 1938er-Ausgabe. Die lederne Hose mit Täschchen und Knopf hatte der DFB erst kurz vor dem Turnier einem befreundeten Schlachtereiunternehmen abgekauft. Also vielleicht. Fritz Szepan gefällt’s trotzdem und gerade deswegen.
1952 führte Fritz Walter die neuformierte deutsche Mannschaft mit Kragen und Kordel auf das Feld.
Das erste deutsche Weltmeistertrikot! Verspieltes Accessoire: Die Spieler konnten beim Ausschnitt zwischen prüde zugeschlossen und offenherzig ungebunden wählen.
1956: Schwarz auf weiß, Oli Pochers Stadiongröhler hat bereits früh das Kragendesign des Nationalmannschaftstrikots geprägt.
Jahrelang hatten sich die Chefdesigner die Köpfe zerbrochen, wie sie den Weltmeister bei der WM 1958 auflaufen lassen sollten. Das Ergebnis: ein durchgängiges Schwarz am Kragen. Ein Durchbruch der Trikotgestaltung.
Jetzt werden die Ärmel wieder hochgekrempelt. Das Trikot von 1962 traf den Geist der Wirtschaftswunderzeit.
Die Premiere bei einer Europameisterschaft feierte die Nationalmannschaft 1964 in diesen schlichten Rundhals-Trikots.
„Upside down / Boy, you turn me / Inside out /And round and round.“ Nur wenigen Eingeweihten ist bekannt, dass sich Diana Ross für ihren Welthit vom neuen Rundhalsschnitt des DFB-Trikots inspirieren ließ, als sie als kleines Kind die WM 1966 vor dem Fernseher verfolgt hatte. Schon damals schmachtete sie Uwe Seeler zu: „No one makes me feel like you do“. Fetzig.
Das grüne Trikot aus dem Jahre 1968, zukünftiges Sehnsuchtsleibchen zahlloser Retrofreunde. Lediglich das DFB-Logo hätte etwas kleiner ausfallen können.
Erstmals in Farbe und doch Schwarz-Weiß. Ein Gegensatz, wie gemacht für einen Grenzgänger wie Berti Vogts. Im Spiel um Platz 3 der WM 1970 spielt die Deutsche Nationalmannschaft erstmals auch in weißen Hosen. Es bleibt eine seltene Ausnahme.
Leicht zugeschnürt wirkt das Modell „Rasentarnung“ aus dem Jahre 1972.
Auch 1974, im Halbfinale gegen Polen, spielt die Deutsche Nationalmannschaft komplett in Weiß. Sehr nassem Weiß. Im Finale gegen die Niederlande sind die Hosen wieder schwarz und trocken.
EM 1976. Ganz schlicht. Ganz schick.
Ein Trikot, gemacht für eine Schande: Rüdiger Abramczik kämpft 1978 verzweifelt in Cordoba.
Schwarzer Kragen, drei Streifen, ansonsten viel weiß. Auch Lothar findet das Trikot von 1980 super.
Drei Streifen, die ein Trikot bedeuten. Erstmals 1982 und seitdem immer spielt Adidas bei der Nationalmannschaft mit. Paul Breitner blickt höchstskeptisch.
Das Ende des Kragens, der 1984 endgültig vom Nationalmannschaftstrikot verschwand.
Jetzt hör aber auf und leg‘ endlich den Farbtopf weg! Felix Magath muss 1986 mit diesem verrückten Design spielen, zwischen all’ den Farben und Mustern verbirgt sich erstmals auch die Nationalflagge in den Ärmelabsätzen.
Überragendes Foto, noch besseres Trikot. Zur EM 1988 kam der Zickzackkurs auf die Brust.
Das Trikot, das Deutschland (Ost wie West) zum Weltmeister machte. Ein Design, das auf Jahre hinaus unschlagbar sein sollte.
Nach dem WM-Titel ging es steil bergab. Bei der EM 1992 in Schweden mussten Effe und Co. dieses glitzernde Etwas präsentieren.
Der „Poncho“ kommt bei der Weltmeisterschaft 1994 nur bis zum Viertelfinale zum Einsatz. Die Hosen finden danach glücklicherweise noch Verwendung auf Technoparties in Ost-Berlin.
Schlicht zum Erfolg. Bis auf das übergroße Logo gibt es am EM-Trikot von 1996 kaum etwas zu bemäkeln.
Grundsolide geht es dann wieder bei der WM 1998 zu. Ein veraltetes Design als Symbol für eine in die Jahre gekommene Mannschaft?
Hände in die Hüfte, die Ärmel schwarz. So konnte das bei der EM 2000 ja nichts werden.
Weiß und Schwarz – mal wieder. Nur die kleinen Sterne oberhalb des Wappens sorgen 2002 für ein wenig Abwechslung. Kurzum: ein Trikot, so langweilig, als hätten selbst die Macher nicht mit einem Finaleinzug gerechnet.
Die nächste schwarze Stunde des deutschen Fußballs bei der EM 2004 beging die Nationalmannschaft in allenfalls mittelmäßigen Trikots.
Der Stoff, aus dem Helden sind? Oliver Neuville und David Odonkor sorgten 2006 dafür, dass Deutschland dran glaubte. Mehr aber auch nicht.
Breite Brust, breiter Ring. Der dicke schwarze Balken auf der Brust führte Deutschland bis ins Finale der Europameisterschaft 2008.
Understatement – was für das Trikot von 2010 galt, war auch lange in der Nationalmannschaft richtig. Klar, dass sich damit keine Weltmeisterschaft gewinnen lässt.
Drei diagonale Striche zierten das Trikot der Deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2012. Einen Strich durch die Finalpläne von Mats Hummels und Co. machte Angstgegner Italien.
Die Designer legten zur Weltmeisterschaft 2014 richtig einen drauf: Roter Brustring, weiße Hosen und Stutzen mit roten Absätzen. Zum Dank gab es den WM-Pokal. Gerne wieder.
Mit einem weißen Rundhalstrikot geziert vom WM-Pokal ging die DFB-Elf 20 Jahre nach dem Triumph in England in die EM 2016. Half alles nichts, im Halbfinale gegen Frankreich war Schluss.
Wenig bis gar keinen Grund zur Freude hatten Thomas Müller und seine Kollegen in diesen Trikots bei der WM 2018. Angelehnt war der Dress an das Design von 1990.
Auch bei der EM 2020 (wegen der Corona-Pandemie im Sommer 2021 ausgetragen) lief’s für Deutschland nicht. Im Achtelfinale war Schluss. Weil sich das Team vom Schlafanzug-Look der Trikots hatte inspirieren lassen?
Der dicke schwarze Balken in der Mitte, viel Gold – aber Glanz und Glamour versprühte Deutschland bei der WM 2022 in Katar nicht. Takuma Asano, Nico Schlotterbeck, Vorrundenaus.