Manuel Neuer arbeitet als Chefdiplomat, Pavard als Chefkoch und sind Kimmich und Claudia Strunz bald ein Paar? Die Bayern zerlegen Tottenham mit 7:2. Die Einzelkritik.
Manuel Neuer
Der Chefdiplomat unter den Bayern-Spielern. Bereitete in der ersten halben Stunde in vielen harten 1‑gegen-1-Verhandlungen alles vor, die erfolgreichen Abschlüsse machten dann andere. Wirkte beim 0:1 und dem Elfmeter zum 2:4 eher wie Alexander Dobrint in Kabinettssitzungen: im Grunde machtlos.
David Alaba
Wirkte in den ersten Minuten wie ein unglücklicher Bergbauarbeiter, weil: machte Bekanntschaft mit plötzlich über ihn hereinbrechenden Stollen. Bis zur Pause aber wieder und wieder auf erfolgreichen Rettungsmissionen. Machte in dieser Form Werbung dafür, dass sein Beruf erhalten bleiben sollte.
Jerome Boateng
Sollte Jerome Boateng in nächster Zeit wieder zu seinem Freund und Geschäftspartner Jay‑Z reisen, sollte er darauf achten, in Übersee nicht Donald Trump zu begegnen. Der könnte ihn sogleich zu seinem Verteidigungsminister machen: Kam in vielen Situationen zu spät reingerumpelt und war wenig an Sicherheit interessiert.
Niklas Süle
Wirkte in der ersten Halbzeit wie ein englischer Jungvater: Lief häufiger dem Son hinterher. Umso schöner, dass er aus den ihn überforderten Situationen zu lernen schien. Gönnte sich ab und an eine Ausflug – in die gegnerische Hälfte. Auch da wie ein englischer Jungvater: richtete ordentlich Schaden an.
Benjamin Pavard
Über die französische Küche heißt es ja, dass es nicht nur die leckerste, sondern auch die aufwendigste sei. Nicht auszuschließen, dass Benjamin Pavard, wäre er nicht Fußballprofi und Weltmeister geworden, heute Chefkoch wäre. Behielt auch unter Stress den Überblick und ließ wenig anbrennen.
Corentin Tolisso
Würde uns nicht wundern, wenn wir morgen an irgendeinem Busbahnhof in Osteuropa Corentin Tolisso begegnen würden, dem wir sogleich einen Batzen Geld in die Hand drücken. Weil: Fabrizierte in der ersten halben Stunde eine Reihe fantastisch falscher Pässe. Ermöglichte damit das 0:1 durch Son. Später dann besser, bljad!
Joshua Kimmich
Beim Stand von 0:1 spielte Kimmich erst einen fantastischen Lauf in die Spitze, kam dann kurz darauf wieder an den Ball, schlug einen Haken und traf gefühlvoll und hart zugleich in den Giebel. Was uns wirklich in Angst versetzte: Sein Jubel danach. Mit Stahlaugen und aufgerissenem Mund wirkte er wie der neue Leader des FC Bayern. In dieser Form ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Claudia Strunz seine Nummer besorgt.
Serge Gnabry
Sicherlich, Serge Gnabry mag ein ganz guter Fußballer sein. Was Gnabry aber ganz sicher nicht kann: Kuchen. Weil jeder Schuss ein Treffer war, rührte der vierfache Torschütze einfach zu häufig und, das wissen Backwarenexperten wie wir welche sind, ist nun wirklich tödlich für einen fluffigen Mürbeteigboden.
Philippe Coutinho
Diesem brasilianischen Genie beim Spielen zuzusehen, ist wie eine Ballade zu hören, komponiert von Mozart, Liam Gallagher und Adele zugleich. Das macht nicht immer Sinn, ist aber im großen Ganzen wunderschön. Der Pass zum 6:2 – muss man sich nochmal vorstellen: 6:2 gegen Tottenham, in deren Stadion, und das war noch gar nicht das Ende! Aber egal, wir schweifen ab – der Pass jedenfalls, war so Zucker, dass rund um München gestern Morgen ein exponentieller Anstieg von Diabetespatienten zu verzeichnen war.
Kingsley Coman
Wir haben gerade noch einmal nachgesehen und tatsächlich: Kingsley Coman scheint sehr nach einer TGV-Strecke aufgewachsen zu sein. Wenn der Franzose erst einmal freie Außenbahn hatte, donnerte er in Leck-mich-fett-Geschwindigkeit los. Was ein ums andere Mal schade ist, wenn Coman nicht die Bremse findet – und im wahrsten Sinne über das Ziel hinausschießt.
Robert Lewandowski
Gut möglich, dass die Herren Vertonghen und Aldeweireld noch heute eine Anzeige wegen Betrugs beim Polizeidezernat Nord-London aufgeben. Denn in den ersten Minuten hatte Tottenhams Innenverteidigerduo Lewandowski in der Box fest im Griff, wussten ja um dessen Torgefahr. Dumm nur, Lewandowski bewies dann, was bisher nur im Kleingedruckten zu finden war: Dass er halt auch richtig gut Fußball spielen kann. Also so richtig richtig gut. Wie er unter anderem beim Heber vor dem 2:1 bewies.
Thiago Alcantara (ab 46.)
Wie dieses Formen-Puzzle für Kleinkinder, wenn am Ende nur noch der Kreis übrig ist: Fügte sich perfekt ein.
Ivan Perisic (ab 71.)
Wenn wir es richtig verstanden haben, was der FC Bayern mit diesem Transfer bezweckt hat, dann genau das: Perisic kam 20 Minuten vor Schluss – und fiel gar nicht weiter auf. In dieser Form der rechtmäßige Erbe Rafinhas. Und dazu herzlichen Glückwunsch.
Javi Martinez (ab 72.)
Wie ein erfahrener Schumacher kurz vor dem Ruhestand: arbeitete ohne Hast seinen Stiefel runter.