Endlich endet auch im Unterhaus die Winterpause. Nicht nur in Hamburg und Köln fragen sich die Menschen bang: Was kommt da noch auf uns zu?
Ist der Aufstieg bereits entschieden?
Nö, wieso? Richtig ist zwar, dass der HSV und der 1. FC Köln als verhinderte Erstligisten und große Aufstiegsfavoriten auf den Plätzen eins und zwei liegen. Allerdings waren beide bisher nicht annähernd so souverän, dass ihr Durchmarsch garantiert wäre. Die Gründe sind unterschiedlich: Während die Kölner zwischen Genie und Wahnsinn changieren, dabei mal mit einem 8:1 (gegen Dresden) und mal mit einem 3:5 (Paderborn) ein breites Spektrum exotischer Ergebnisse abdecken, hat der HSV zwischenzeitlich in vier von fünf Spielen gar nicht getroffen (und eines davon 0:5 gegen Jahn Regensburg verloren). Seitdem hat der neue Trainer Hannes Wolf die Lage zwar stabilisiert – der emeritierte Dino scheint aber dennoch der wackligere der beiden Scheinriesen zu sein. Beim 1. FC Köln regeln die Sache im Notfall weitere 22 Saisontore von Simon Terodde.
Wer kann noch oben angreifen?
Dabei könnte ein Blick auf die Tabelle helfen. Der FC St. Pauli liegt ganze zwei Punkte hinter Platz zwei, Union Berlin fünf. Ebenfalls noch in Reichweite der Tabellenspitze: die zeitweise spektakulär spielenden Teams aus Kiel und Paderborn sowie, huch, der 1. FC Heidenheim. Aber jetzt kommt viel Ernüchterung in einem einzigen Satz: Die wackeren Heidenheimer wollen vermutlich nicht mal aufsteigen, beim SC Paderborn ist unter dem Strich die Abwehr zu schlecht und Holstein Kiels Erfolgsmannschaft ist gerade entweder verletzt (Kinsombi, Meffert, Lee) oder auf dem Sprung (Schindler im Sommer zu Köln). Personalprobleme hat auch der FC St. Pauli, bei dem mit Vermeer und Ziereis zwei wichtige Leute bis zum Saisonende ausfallen. Dafür hat der Verein den greisen Alex Meier verpflichtet, aber wie heißt es auf dem Kiez immer so schön: Glaube, Liebe, Hoffnung. Der wahrscheinlichste Aufstiegskandidat aus dem Verfolgerfeld ist nach dem Ausschlussprinzip folglich der 1. FC Union, der über die mit Abstand stärkste Abwehr der Liga verfügt und sich vorne (unter anderem mit dem Ex-Stuttgarter Mané) weiter verstärkt hat.
Wer ist der interessanteste Winter-Einkauf?
Dennis Diekmeier beim SV Sandhausen. Okay, war nur Spaß. Aufgerüstet haben fast alle Vereine, aber neben dem erwähnten Neu-Unioner Carlos Mané ruhen besonders viele Hoffnungen auf Johannes Geis, der zu Mainzer Zeiten mal ein aufstrebender Bundesliga-Star war, bevor seine Karriere bei Schalke versandete, wie Karrieren in Gelsenkirchen halt manchmal versanden. Nun will er beim 1. FC Köln zeigen, dass das eher Schalkes Schuld war als seine. Ebenfalls spannend: Reinhold Yabos Rückkehr nach Bielefeld, wo sie ihn noch immer für seinen Dreierpack gegen Eintracht Braunschweig vor anderthalb Jahren feiern (wovon sich die Braunschweiger bis heute nicht erholt haben) – und der Ex-Bayernspieler Jan Kirchhoff – die Älteren werden sich erinnern – als Hoffnungsträger in, jaja, Magdeburg. Schließlich noch eine Träne im Knopfloch für den spektakulärsten Abgang des Unterhauses, denn Darmstadts Urgestein Aytac Sulu wechselt in die dritte türkische Liga. Aber wie Omma immer sagte: Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.
Müssen noch einmal sieben Trainer gehen wie in der Hinrunde?
Unwahrscheinlich. Fast alle Teams aus dem unteren Tabellendrittel haben mittlerweile den Übungsleiter gewechselt, wobei natürlich nicht gesagt ist, dass der eine oder andere Verein es im fortgesetzten Misserfolgsfall nicht noch ein zweites Mal probieren wird. Lässt man solche schwer kalkulierenden Risiken außen vor, sind die gefährdetsten Coaches vermutlich Dirk Schuster und Daniel Meyer. Der Darmstädter Schuster, weil seine bislang enttäuschende Elf tatsächlich noch unten reinrutschen kann, der Auer Meyer, weil er mit seiner ziemlich günstigen Mannschaft eine überaus erfolgreiche Halbserie gespielt hat. Die zu wiederholen oder gar zu steigern wird schwer, und da bei Helge Leonhardt, dem Zampano des Erzgebirgsklubs, der Colt traditionell locker sitzt, könnte es für Meyer eng werden.
Und wer beißt am Ende ins Gras?
Puh. Also wirklich: puh. Mit Ingolstadt, Magdeburg, Duisburg und Sandhausen bewerben sich gleich vier Klubs um die 2,5 Abstiegsplätze, deren Punktebilanz zwischen zehn und dreizehn in vielen anderen Tabellenkonstellationen dazu hätte führen können, dass sie schon für die dritte Liga planen dürften. So aber ist keiner abgeschlagen und alle haben noch ihre Chance. Noch verrückter: Mit Bielefeld und Darmstadt gibt es zwei weitere Kandidaten, deren Tendenz zuletzt deutlich nach unten zeigte. War es in der vorigen Zweitligasaison so, dass die Tabelle fast bis zum Schluss eine amorphe Masse war, in der kaum ein Team nach unten oder oben ausriss, ist diesmal, zumindest im Tabellenkeller, die kollektive Fallsucht ausgebrochen. Die schlechtesten Karten unter all den Verzagten und Strauchelnden dürfte tatsächlich der FC Ingolstadt haben: nicht nur, weil er bis jetzt die wenigsten Punkte hat, sondern weil seine Saisonplanung eigentlich aufs nördliche Ende der Tabelle ausgerichtet war. So etwas kann selten am offenen Herzen mit Erfolg operiert werden.