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Kopie von QUADRAT 11 fuer Hochformate

Dieser Text stammt aus unserem neuen 11FREUNDE SPE­ZIAL – Tor­hüter. Darin erzählen wir die ver­rückte Geschichte der Torhüter, von Para­dies­vö­geln, Rambos und Elf­me­ter­kil­lern. Das Heft ist hier bei uns im Shop und am Kiosk erhält­lich.

Als Bernd Dreher am Nach­mittag des 30. Sep­tember 2005 an die Säbener Straße kommt, steht der Audi schon auf dem Park­platz. Das Auto von Oliver Kahn. Was für Dreher an diesem Freitag bedeutet: Am Wochen­ende würde er mal wieder auf der Bank sitzen. Sein letztes Spiel? Liegt 1666 Tage zurück. Gegen Wolfs­burg hat er sich auf einen uner­hofften Ein­satz gefreut, denn Bay­erns Nummer eins hatte nach dem Cham­pions-League-Spiel gegen Brügge über ein lädiertes Knie geklagt. Ein Aus­fall schien nicht unwahr­schein­lich zu sein. Felix Magath hatte außerdem gesagt, dass Dreher im Sommer bei der Japan­tour einen guten Ein- druck hin­ter­lassen habe. Da haben die Japaner hin­terher gefragt: Wer ist der Kahn?“, sagte der Trainer der Presse. Aber nun steht Kahn tat­säch­lich schon auf dem Trai­nings­platz. Weiter, immer weiter.

Ob Kahn, Sepp Maier, Rai­mond Aumann oder Manuel Neuer: In keinem anderen Verein herrschten Tor­wart­dy­nas­tien wie beim FC Bayern. Dahinter standen Tom Starke, Stefan Wes­sels oder Sven Scheuer. Tor­hüter, die nur einen Stamm­platz sicher hatten – auf der Aus­wech­sel­bank. Deren nächster Ein­satz in drei Minuten oder erst in drei Jahren beginnen konnte.

Dreimal Euro­pa­po­kal­sieger, keine ein­zige Medaille

Los ging alles mit Hugo Robl. Anfang der 1970er-Jahre hütet er das Tor der Jugend­teams von 1860 Mün­chen. Sein Traum: einmal Profi werden, so wie sein Vor­bild Petar Raden­kovic. Der Lokal­ri­vale von der Säbener sucht zu dieser Zeit einen ver­läss­li­chen Ersatz­mann für Natio­nal­tor­hüter Sepp Maier. Robl hat zwar auch ein Angebot von Borussia Mön­chen­glad­bach vor­liegen, aber er gibt dem Werben nach. Drei Jahre spielt Robl für die Bayern, genauer: Er spielt drei Jahre lang nicht. Keine ein­zige Minute. Nur wenn der Verein auf Welt­tournee geht, um bei Show­ver­an­stal­tungen das Geld für die exor­bi­tanten Gehälter der Mül­lers und Becken­bauers ein­zu­treiben, darf Robl ins Tor. Einem Reporter des Ober­baye­ri­schen Volks­blatts sagt er mal: Wenn wir irgendwo im Aus­land bei Freund­schafts­spielen waren, dann habe ich immer spielen dürfen. Ich habe in Tokio gegen die japa­ni­sche Natio­nal­mann­schaft oder im Mara­canã gegen Flu­mi­nense gespielt – und jedes Mal ohne Gegentor. Ich habe halt kein Bun­des­li­ga­spiel gemacht.“ Und trotzdem: Er ist drei­fa­cher Euro­pa­po­kal­sieger mit den Bayern. Atlé­tico Madrid, Leeds United, AS Saint-Éti­enne – alle geschlagen. Auch wenn ihm von den End­spielen nichts bleibt. Außer Erin­ne­rungen. In den Sieb­zi­gern erhalten die Aus­wech­sel­spieler keine Medaillen. Nach drei Sai­sons ohne Pflicht­spiel wech­selt Robl zu Rosen­heim in die Bay­ern­liga.

Drei Jahre, so lange muss auch Bernd Dreher warten, ehe er sein erstes Spiel für die Bayern macht. Als gestan­dener Tor­wart kommt er zum Rekord­meister, um mit Bayer 05 Uer­dingen nicht in der 2. Liga spielen zu müssen. Ihm ist klar, dass er als Ersatz­mann geholt wird. Sein Transfer ist im Sommer 1996 nur eine Rand­notiz. Der 29-Jäh­rige soll als starker Mann hinter Natio­nal­keeper Oliver Kahn ver­pflichtet werden“, heißt es in der Ber­liner Zei­tung. Die Bayern, in der Vor­saison Vize­meister und UEFA-Pokal­sieger geworden, sind um Ruhe bemüht. Ciriaco Sforza will zu Inter Mai­land. Dreher ist froh, dabei zu sein, nimmt nichts per­sön­lich. Nur einmal wird er böse, als Trainer Tra­pat­toni nach sechs Monaten seinen Namen nicht kennt. Ich ging als Letzter vom Platz, und der ruft: Sven!‘ Ich sach: Ich bin der Bernd.‘ – Oh, habbe gedacht, beide Ersatz­tor­wart heiße Sven‘“, erzählt Dreher der Süd­deut­schen Zei­tung.

Eine Leistung Zum Tod von Gerd Müller

Gerd Müller ist gestorben. In Erin­ne­rung wird er bleiben, weil er lebte, wie er Fuß­ball spielte – mit der Schön­heit der ein­fa­chen Dinge. Eine letzte Frage bleibt trotzdem offen.

Sven Scheuer hat als Nach­wuchs­keeper Ange­bote aus Nürn­berg, Ham­burg und Stutt­gart aus­ge­schlagen, geht 1988 zum Pro­be­trai­ning zu den Bayern. Dort flüs­tert Jean-Marie Pfaff ihm zu: Du wirst mein Nach­folger.“ Nach dem Trai­ning fährt er mit Uli Hoeneß und Geschäfts­führer Karl Hopfner heim nach Böb­lingen. Die Bayern eröffnen ihm, ihn langsam als neue Nummer eins auf­zu­bauen. Hoeneß setzt sich demons­trativ auf das Sofa der Eltern und ver­kündet: Bevor wir keinen Ver­trag unter­schreiben, steh ich nicht wieder auf.“ Ein Jahr später wird es für Scheuer ernst. Als 18-Jäh­riger muss er Rai­mond Aumann, der nach Pfaffs Weg­gang zur Nummer eins gemacht wurde, in Glasgow ver­treten. Die Fans der Ran­gers nennen ihn Kid Goalie“, Kinder-Tor­wart, doch Scheuers Nerven halten. Bayern gewinnt 3:1. Ein Traum, der Tage später bei Tempo 180 platzt. Auf dem Weg zu seiner Freundin muss Scheuer einem Wild­schwein auf der Bun­des­straße aus­wei­chen. Mit dem Opel Senator streift er vier Bäume, Total­schaden. Scheuer hat Glück, ver­letzt sich aber an der Band­scheibe. Bei einem Spiel der Ama­teure reißt kurz darauf die Rota­to­ren­man­schette an seiner Schulter ein. Scheuer wird von Spe­zia­listen in den USA ope­riert und fast zum Inva­liden. Danach habe ich ein Jahr gebraucht, um mich wieder her­an­zu­kämpfen.“