In seiner Kindheit saß Declan Thompson anderthalb Jahre im Rollstuhl. Nun gab er im FA-Cup sein Profidebüt für Sheffield Wednesday – und rührte seine Familie damit zu Tränen.
Es war die erste Minute der Nachspielzeit, in der Declan Thompson den Rasen des St. James’ Park betrat. Viel Zeit auf dem Platz hatte der Spieler von Sheffield Wednesday im FA-Cup-Match gegen Exeter City also nicht; nur zwei Minuten um genau zu sein. Die Größe des Moments schmälerte das für Thompson, der eigentlich in der U23 kickt, dennoch nicht.
Denn diese eine Minute, dieses Profidebut für Sheffield Wednesday stellte für den Briten einen Schritt dar, der Jahre zuvor noch undenkbar schien: Als Thompson fünf Jahre alt war, wurde bei ihm Morbus Perthes, auch bekannt als Perthes-Legg-Calvé-Krankheit, diagnostiziert, eine seltene orthopädische Kinderkrankheit, die den Hüftkopf angreift. Thompson musste sich nicht nur Operationen unterziehen, sondern verbrachte auch insgesamt achtzehn Monate im Rollstuhl.
Damals sagten ihm die Ärzte, dass er wohl nie mehr richtig würden laufen können. Im Gespräch mit der Sun erinnert Thompson, dass es ihm damals besonders weh getan habe, wenn Leute ihn ausgelacht hätten, etwa bei einer Weihnachtsfeier. Vom Fußball konnte er dennoch nicht lassen. Selbst als Thompson einen Rollstuhl oder später ein Gehgestell benötigte, trat er gegen einen Fußball, sobald ihm einer vor die Füße rollte. „Wenn ich meine Freunde beim Fußballspielen sah, wollte ich mitmachen“, sagte Thompson der Sun. Und schon bald konnte er sogar wieder richtig mitmischen: Mit elf Jahren war der Heilungsprozess abgeschlossen, Thompson konnte wieder laufen.
Mit dieser Krankengeschichte im Hinterkopf versteht man auch schnell, warum Thompsons Familie so emotional reagierte, als sie ihrem Declan von der Couch aus dabei zusahen, wie er den Platz betrat. Zu Tränen gerührt war Declans sichtlich stolzer Vater, Lee Thompson, in dem Moment, in dem Thompson den Platz betritt.
Lee Thompson war selbst Fußballspieler, wirkte unter anderem bei Boston United und Worksop Town. Aktuell arbeitet er als Co-Trainer bei Stocksbrigde Park Steels, zu denen auch sein Sohn Declan mit 14 Jahren wechselte. Dort blieb er aber nur zwei Jahre, mit 16 ging es für ihn dann wieder zu Sheffield Wednesday, bei denen er auch zuvor schon gespielt hatte. Dort kämpfte sich Thompson zur U23 – und von dort schaffte das Eigengewächs nun den Sprung in den Profikader für das Drittrundenspiel im FA-Cup. Die Nominierung kam für den Rechtsverteidiger ziemlich überraschend: „Es war wie ein Schock für mich […] Ich konnte es nicht glauben“, wird er auf der vereinseigenen Webseite zitiert. Der Spieltag selbst sei für ihn dann eine „surreale Erfahrung“ gewesen. Vielleicht hilft ihm ja sein Trikot aus dem Spiel beim nachträglichen Realisieren. Das will er einrahmen lassen und seinem 63-jährigen Großvater Craig, der ebenfalls als Fußballtrainer tätig war, schenken. Dort soll es an der Wand neben dem Trikot aus dem ersten Spiel seines Vaters Lee hängen.
Seit kurzer Zeit ist Declan Thompson auch Botschafter einer nationalen Wohlfahrtsorganisation, die sich für Menschen einsetzt, deren Leben durch ein Leiden an den unteren Gliedmaßen aus Kindertagen eingeschränkt ist. Man habe ihm als Kind gesagt, dass er nicht mehr Fußball spielen könne, nun möchte er für andere Kinder da sein und ihnen dabei helfen, das zu erreichen, was sie sich vorgenommen haben: „Sag niemals nein, es ist nicht das Ende“, sagt Thompson.
Aber zurück zum FA-Cup-Spiel: Das verlief nämlich erfolgreich für Thompson und die „Eulen“ aus Sheffield. Sie schafften mit ihrem 2:0‑Sieg gegen Exeter den Einzug in die nächste Pokalrunde. Für Thompson könnte sogar schon bald die nächste Premiere folgen: Am Wochenende spielt Wednesday in der britischen Championship gegen Coventry City – und auch hier könnte Trainer Neil Thompson den Achtzehnjährigen nominieren und somit zu seinem Zweitliga-Debüt verhelfen. Es wäre ein weiteres Kapitel in dieser besonderen, inspirierenden Geschichte.