Vor 30 Jahren starb der legendäre United-Trainer Matt Busby. Traurige Berühmtheit erlangte er auch deshalb, weil 1958 acht seiner Spieler bei einem Flugzeugunglück ums Leben kamen. Das ist die Geschichte der Busby Babes.
Sie hatten es geschafft und waren in entsprechend euphorischer Stimmung. Die jungen Himmelsstürmer von Manchester United, die die Fußballwelt nur Busby Babes nannte, hatten erneut das Halbfinale im Europapokal erreicht, ein Unentschieden bei Roter Stern Belgrad hatte genügt. Diesmal sollte es besser laufen und der große Wurf gelingen. Nichts schien sie mehr aufhalten zu können, ihr großes Ziel in die Tat umzusetzen, Real Madrid, damals das Maß aller Dinge, vom Thron zu stoßen. Am Vormittag des 6. Februar 1958 befanden sie sich auf dem Heimflug und erfreuten sich am herrlichen Panoramablick über die verschneiten Alpen. Nur ein kurzer Tankstopp trennte sie noch von der triumphalen Rückkehr in die kriegsgebeutelte und vom wirtschaftlichen Niedergang gezeichnete Industriestadt im grauen Nordwesten Englands, aus deren unmittelbaren Nähe die meisten Spieler stammten. In nur 48 Stunden stand das Gipfeltreffen mit Spitzenreiter Wolverhampton Wanderers auf dem Programm. Dieses vielleicht schon vorentscheidende Spiel musste Manchester United gewinnen, wollte es die dritte Meisterschaft in Serie feiern. Ein Tag Zwangsaufenthalt in München hätte die Vorbereitungen empfindlich gestört. Doch auf dem Flughafen München-Riem wartete ein fürchterliches Schicksal auf die Busby Babes, das die hoffnungsvolle Mannschaft mit einem Schlag zerstörte.
„I’m prepared to go“
Neben acht mitgereisten Journalisten, drei Kluboffiziellen, zwei Mitgliedern der Besatzung und zwei weiteren Passagieren kamen acht Spieler ums Leben: Roger Byrne (28), der charismatische Mannschaftskapitän, der zu den ersten modernen, offensiv ausgerichteten Außenverteidigern Englands zählte und zu dessen Charakterisierung allen immer zuerst „born leader“ einfällt. Tommy Taylor (26), Idealbild des klassischen „Center Forwards“ mit dem typisch englischen Namen. Schon 128 Tore in 198 Spielen gingen auf das Konto des ebenso wuchtigen wie wendigen Brechers, dessen Spezialität Kopfballtreffer von außerhalb des Strafraums waren. Eddie Colman (21), der kleingewachsene, rotzfreche und nimmermüde Mittelfeldmotor konnte alles außer Tore schießen. „Snakehips“ wackelte beim Dribbeln mit den Hüften wie Elvis, die wenigen weiblichen Fans vergötterten ihn. David Pegg (22), der spielstarke und nicht nur schnelle Linksaußen, der gern in die Mitte zog, galt als legitimer Nachfolger Tom Finneys. Liam „Billy“ Whelan (22), hätte vor einer Weltkarriere gestanden, wäre er nicht so langsam gewesen. Der irische Nationalspieler war ein Halbstürmer mit Torgarantie, begnadeter Spielübersicht und traumhaft sicherem Passspiel. Verbürgt ist, dass er als einziger Passagier unmittelbar vor dem dritten Startversuch seine Todesahnung äußerte: „If this is the end, I’m prepared to go, I’m a good Catholic boy.“
Mark Jones (24) alternierte mit Jackie Blanchflower auf dem Stopperposten, er bevorzugte die defensivere Interpretation der Position. Ein Kerl wie ein Baum, der aber nicht nur in der Luft Überragendes leistete. Geoffrey Bent (25) war ein Verteidiger aus dem zweiten Glied, der die Reise nur mitmachte, weil Roger Byrne angeschlagen war. Duncan Edwards (21) schließlich war das „Über-Babe“ und für viele Experten der kompletteste britische Spieler, den es jemals gab. Er strotzte vor Kraft und faszinierte durch Spielübersicht. Schoss Tore aus unmöglichen Lagen, wofür ihn die deutsche Boulevardpresse nach dem Länderspiel 1956 in Berlin und damit lange vor dem späteren deutschen Tennisstar „Bum Bum“ taufte, und war an Tagen, an denen die Babes völlig enthemmt losstürmten, ihr Ein-Mann-Mittelfeld. Es ist immer wieder verlockend, sich Spekulationen hinzugeben, wie sich die englische Nationalmannschaft in den Sixties entwickelt hätte, wenn Big Duncan weitergelebt hätte.
Eine Schlitterpartie
Was als „Munich Air Crash“ als eine ihrer schwärzesten Stunden in die Fußballgeschichte einging, war, anders als oft behauptet, kein Flug, sondern eine Schlitterpartie ins Verderben; kein Absturz, sondern ein missglückter Startversuch. Der letzte von dreien, der niemals hätte gewagt werden dürfen. Fast alles sprach dagegen: Das Wetter, die schneebedeckte Startbahn und ein von den Piloten zuvor bemerktes technisches Problem. Nur der verdammte Terminplan der englischen Liga nicht.