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Seite 3: „Hat du mit einem Gyroshändler gesprochen?“

Für den FCK schossen Sie in Ihrer ersten kom­pletten Saison 14 Tore. Was machte denn Trainer Hannes Bon­gartz besser als Happel und Netzer?
Er ließ mir Frei­heiten hinter den Spitzen und fal­tete mich nicht sofort zusammen, wenn ich mal keine Abwehr­ar­beit machte. Ich konnte mich auf alles kon­zen­trieren, was mir im Fuß­ball Spaß machte: Frei­stöße, Ecken, Flanken, Pässe, Schießen.

Sie sind in Kai­sers­lau­tern zum Natio­nal­spieler geworden. Bis zum Kar­rie­re­ende haben Sie aller­dings nur vier Län­der­spiele gemacht. Wieso?
Kommen Sie mir jetzt nicht mit ver­schenktes Talent. Ich weiß, dass ich ein paar Spiele mehr hätte machen können, wenn ich diplo­ma­ti­scher gewesen wäre. Es ist müßig, dar­über nach­zu­denken. Außerdem war damals die Kon­kur­renz mit Pierre Litt­barski, Thomas Häßler und Olaf Thon sehr groß. Immerhin habe ich vier gute Spiele gemacht. Andere machen 50 Län­der­spiele, und davon sind 49 schlecht. Das habe ich dem Netzer auch mal gesagt.

1988 waren Sie Teil der Olympia-Elf, die in Seoul die Bron­ze­me­daille geholt hat. Wie wichtig war diese Erfah­rung?
Mein bestes Fuß­ball­er­lebnis! Wir hatten sogar kurz zuvor die A‑Nationalelf besiegt und waren eine ein­ge­schwo­rene Truppe. Mit Jürgen Klins­mann, Frank Mill oder Fritz Walter kam ich richtig gut aus. Dem Fritz habe ich einmal Trau­ma­salbe in die Unter­hose geschmiert.

Ein Scherz?
Ein bren­nender Scherz. (Lacht.) Was ich sagen will: Bei diesem Tur­nier fand ich end­lich mal Gleich­ge­sinnte. Diese Medaille ist für mich auch des­halb der größte Erfolg meiner Kar­riere.

Zurück in Kai­sers­lau­tern wurde ein Wein­fest zu Ihrem Ver­hängnis.
Ich wohnte zu der Zeit im pfäl­zi­schen Bad Dürk­heim, wo einmal im Jahr das größte Wein­fest der Welt statt­findet. Für mich war es selbst­ver­ständ­lich, dort mal vor­bei­zu­schauen, zumal ich in jener Woche an einer Leis­ten­zer­rung labo­rierte. Doch ich wurde tags darauf vom Trainer zur Rede gestellt und ver­suchte mich mit einer Not­lüge raus­zu­retten. Ich sagte, dass ich prin­zi­piell nicht auf Wein­feste gehe, ich sei ja schließ­lich Bier­trinker. Dumm nur, dass Hans-Günter Neues, Fan­be­auf­tragter beim FCK, mich dort gesehen hatte. Ich bekam eine Geld­strafe von 5000 Mark.

Ihr Name war in Deutsch­land ziem­lich ram­po­niert. War das auch ein Grund für den Wechsel ins Aus­land?
Das Aus­land war immer ein Traum von mir. 1988 hatte es bereits Gespräche mit Olym­piakos Piräus gegeben. Ich unter­schrieb am Tag des EM-End­spiels in Mün­chen einen Vor­ver­trag. Prä­si­dent Geor­gios Koskotas schenkte mir danach seinen gol­denen Car­tier-Füll­fe­der­halter, der 2000 Mark wert war. Mensch, Wutti, hier bist du richtig, dachte ich noch. Ich infor­mierte prompt die FCK-Ver­ant­wort­li­chen.

Die glaubten Ihnen aber nicht.
Sie hatten erfahren, dass Lajos Detari anstelle von mir zu Olym­piakos wech­seln sollte. Ich merkte, dass Koskotas ein Blender ist, doch nun galt ich als der Depp von der Pfalz. Selbst unser Prä­si­dent glaubte mir nicht. Er fragte: Mit wem hast du denn gespro­chen, Wutti? Mit nem Gyros­händler?“

Immerhin wech­selten Sie wenig später zu Espanyol Bar­ce­lona nach Spa­nien.
Die spa­ni­sche Liga war ein anderes Kaliber als Grie­chen­land. Beson­ders die Spiele gegen den FC Bar­ce­lona waren toll, auch wenn wir immer ver­loren. Die waren mit Michael Lau­drup, Andoni Zubi­zar­reta oder Christo Stoitschkow damals schon so gut besetzt, dass ich in den Derbys nur in zwei Situa­tionen an den Ball kam – bei Ecken und Frei­stößen.

Sie been­deten 1992 Ihre Kar­riere beim 1. FC Saar­brü­cken. Am Ende konnten Sie sogar Lobes­hymnen in der Presse auf sich lesen.
Sie spielen auf die Geschichte nach dem Spiel gegen Dort­mund an. Wir gewannen 3:1, und ich machte ein super Spiel. Als ich danach ein Inter­view gab, sackte neben mir ein Mann zusammen. Ein Herz­in­farkt. Er lag auf dem Rücken und erbrach sich. Ich drehte ihn also zur Seite, damit er nicht erstickte. Am nächsten Tag stand in der Zei­tung: Erst Fuß­ball­held, dann Lebens­retter.“ Ich musste lächeln: Am Ende meiner Fuß­ball­lauf­bahn meinten es die Jour­na­listen end­lich mal gut mit mir.

Wolfram Wuttke, Sie haben mal gesagt, dass Ihre Bio­grafie Das ver­dammte Fuß­ball­leben des Wolf­gang Wuttke“ heißen wird.
Wann erscheint sie denn end­lich?
Nie!

Warum nicht?
Vor einigen Jahren sah ich im Super­markt auf einem Grab­bel­tisch den Schinken von Stefan Effen­berg für 4,95 Euro liegen. Ich dachte nur: Ein Glück hast du dein Buch nie geschrieben. Auf so einem Tisch hätte ich nicht landen wollen.

Genug zu erzählen hätten Sie aber.
Ach, die Leute inter­es­siert doch eh nur, wer wie oft im Puff war oder ob ich dem Diet­rich Weise damals ins Bett gepin­kelt habe. Das ist mir zu anstren­gend.

Die Geschichte mit Weise wurde so häufig erzählt. Warum haben Sie das nie rich­tig­ge­stellt?
Ich sage Ihnen mal was: Der Weise war ein ganz spe­zi­eller Typ, der holte beim Trai­ning seine uralten DDR-Methoden raus und ach­tete tun­lichst darauf, dass wir keine Cola trinken. Einmal sahen Mat­thias Höner­bach und ich, dass seine Tür offen steht, wir füllten einen Putz­eimer mit Wasser und schli­chen in sein Zimmer. Dann kippten wir es in sein Bett. Ein dummer Jun­gen­streich, mehr nicht.