Publikumsliebling Naldo verlässt den FC Schalke. Dafür gibt es gute Gründe für beide Seiten. Der Transfer zeigt aber auch, warum S04 gerade so schlecht dasteht.
Diesen einen Satz wollte Naldo noch unbedingt loswerden. Im weißen Hemd stand er im August auf der Bühne der Kölner „Flora“ und wartete, bis sich der lange Applaus für ihn legte. Gerade war er zum „Spieler der Saison“ geehrt worden, im stattlichen Alter von 35 Jahren und dazu noch als Innenverteidiger. In einem Einspielfilm waren die Stationen seiner Laufbahn über den Bildschirm geflimmert, in der Laudatio von Moderator Arnd Zeigler hatte sich der Saal an den Erinnerungen über Naldos Ankunft in Deutschland gewärmt – vor nunmehr 13 Jahren.
Es wirkte, als wäre diese Ehrung der Preis für sein Lebenswerk, mindestens aber für seine lange Karriere. Doch der Geehrte selbst wollte noch nichts von einem krönenden Abschluss wissen. Er blickte nicht zurück, sondern nach vorne. Oder wie Lothar Matthäus einst so formschön sagte: „I look not back, I look in front.“
Er wollte nicht den Grüßaugust geben
Der Satz, den Naldo unbedingt nachschieben wollte, war dann an einen anderen großen Redner beim FC Bayern angelehnt: „Ich habe noch lange nicht fertig.“ Am folgenden Tag wiederholte er ihn auf seinem Instagram-Account, er wiederholte ihn in Interviews und er wiederholte ihn bei seiner neuerlichen Vertragsunterzeichnung vier Monate später auf Schalke. Da war er mittlerweile 36 Jahre alt.
Doch dieses Alter trieb zwar die Öffentlichkeit um; geschätzte 320 Mal musste Naldo erklären, wie er damit umgehe, älter als sein Trainer Domenico Tedesco zu sein. Für ihn selbst war das irrelevant. Er fühlte sich wie ein Zwanzigjähriger, wie der Benjamin Button der Bundesliga. Naldo hat noch nicht fertig – das muss man in diesen Tagen bedenken, wenn die Frage aufkommt: Wieso trennen sich Schalke und Schalkes absoluter Liebling?
Naldos enormer Wettbewerbsgeist verhalf ihm selbst im gehobenen Fußballeralter zur Extraklasse. Doch genau dieser Wettbewerbsgeist treibt ihn nun weiter zum AS Monaco. Naldo hat in dieser Saison nur sieben Mal in der Bundesliga gespielt, häufig bekamen die anderen Verteidiger Salif Sané und Matja Nastasic den Vorzug. Naldo fühlt sich zu jung, um den hochdekorierten und gutgelaunten Grüßaugust auf der Bank zu geben.
Dabei sind für ihn auch Sentimentalitäten zu vernachlässigen – wie bereits bei seinen vorherigen Wechseln. In Bremen war er sesshaft geworden, in Wolfsburg hatte er gerade ein Haus gebaut, in NRW wollte er die nächsten Jahre mit seiner Familie verbringen. Jedes Mal zog es ihn dennoch weiter. Naldo ist in dieser Hinsicht Pragmatiker.
Heidel ist zu sehr Kaufmann, um Monaco abzusagen
Nüchtern betrachtet lässt sich der Wechsel auch von der Seite des Klubs her plausibel erklären. Von den sieben Spielen mit Naldo verlor Schalke fünf, kassierte dabei zehn Gegentore. Seine Zweikampfquote sackte auf 62 Prozent, der viel jüngere Salif Sané wirkte in seinen Leistungen beständiger. Naldo war immer noch ein guter Bundesligaspieler, aber eben ein 36-jähriger Bundesligaspieler.
Schalkes Manager Christian Heidel ist zu sehr Kaufmann, um eine Offerte aus dem gut betuchten Monaco für einen Spieler in gehobenem Alter und gehobener Gehaltsklasse vom Tisch zu wischen. In der offiziellen Verkündung wird er sicherlich auf die Höwedes-Stanze zurückgreifen, einem so verdienten Spieler den Wechselwunsch schon aus Dankbarkeit und Respekt erfüllen zu müssen.