Mitchell Weiser ist ein exzellenter Fußballer. Abseits des Rasens aber kokettiert er in grellen Outfits gern mit dem Image des extrovertierten Stars. Wie ernst meint er es? Eine Shopping-Tour.
Anmerkung: Die Reportage erschien erstmals im September 2016 in der 11FREUNDE-Ausgabe #178.
Die coolste Sau auf dem Planeten? Der Typ mit dem verwegensten Swag dieser Erde? Mitchell Weiser muss überlegen. Was komisch ist, eilt ihm doch der Ruf voraus, in Sachen Swag, diesem Hybridbegriff für Style, Ausstrahlung und Attitüde, ziemlich genau Bescheid zu wissen.
Nach längerem Brainstorming, er will sich nicht zu früh festlegen, dann die knappe Antwort: „Wahrscheinlich schon David.“ „David Beckham?“, widerspricht Luca, einer seiner Freunde, der scheinbar genau weiß, welchen Nachnamen Mitch, wie er Mitchell Weiser nennt, für den David vorgesehen hat. „David Beckham?“, nörgelt Luca, „nee, man. Der ist doch irgendwie asi!“ „Ja, genau“, sagt Weiser. „Aber das mag ich.“
Glitzernde Schuhe und streitbare Mützen
Es ist Nachmittag in Berlin-Mitte und Mitchell Weiser – 22 Jahre alt, 256 000 Follower auf Instagram, Rechtsverteidiger bei Hertha BSC – soll mit 11FREUNDE shoppen gehen. Schließlich müsse er ja Wert auf Kleidung legen, so der Hintergedanke der Inszenierung, auf stimmige Outfits, auf glitzernde Schuhe und streitbare Mützen. Denn wer das Internet nach Weiser durchforstet, der findet ihn nicht nur auf dem Fußballplatz.
Der sieht ihn mal mehr oder weniger schlicht in Schwarz auf der Fashion Week, der sieht ihn mit Fischerhut und ganz in Rot durch die Stadt spazieren und der erwischt ihn in regelmäßigen Abständen auf der Facebook-Seite „Fußballer, die den Swag aufdrehen“. Anders ausgedrückt: Mitchell Weiser zieht sich Sachen an, die andere Leute interessieren. Im positiven wie im negativen Sinne.
Schwierigkeiten mit Autoritäten
Es ist 17 Uhr und Mitchell Weiser kommt zu dritt. Zwei Jugendfreunde, Luca und Puya, hat er dabei, alle drei sagen höflich „Hallo“, Weiser selbst fast ein bisschen schüchtern. Sein Outfit: schwarze Sneaker, babyblaue Stoffhose, weißes Oversize-Shirt, schwarze Jacke. Dazu der obligatorische Fußballerschnitt mit rasiertem Nacken und Tolle oben drauf und ein paar Haare am Kinn. Alles in allem unauffällig, vielleicht eine Art Casual Friday Look für Fußballer?
Erster Halt ist ein Cappy Store, Menschen mit verstaubtem Swag eher als Kappen-Geschäft geläufig. Während Weiser mit großer Sorgfalt nach Cappys zum Anprobieren guckt, erzählt Luca von ihrem Kennenlernen. Beim 1. FC Köln in der Jugend sei das gewesen. Gleich beim ersten gemeinsamen Training hätten die beiden so viel Blödsinn gemacht, dass ihr Trainer sie fortan in den Einheiten trennte. Mitchell Weiser schaut sich im Spiegel an und grinst.
Als Problemkind abgestempelt
Mit Autoritäten und ihm, erzählt er, war es schwierig. „Ich habe immer meine Meinung gesagt, ob das in der Schule war oder bei Trainern. Man wird dann schnell als Problemkind abgestempelt. Dabei habe ich mir nur nicht alles gefallen lassen.“ Als Kind zog Weiser oft um, sein Vater, Patrick Weiser, war selbst Profi. Zunächst ging es von Köln nach Rennes in Frankreich, im Kindergarten sprach Mitchell besser französisch als deutsch.
Probleme, sich im neuen Umfeld einzugliedern, hatte er nie. „Ich fand immer schnell neue Freunde. In Frankreich erinnere ich mich vor allem an einen. Er war psychisch nicht ganz auf der Höhe und hat immer gesabbert. Aber war ein guter Mann, der Xavier.“ Aus Frankreich zog es die Weisers 1999 nach Braunschweig, nach Jahren in Niedersachsen dann mit elf Jahren der vorerst letzte Umzug, zurück nach Köln. Dort fanden seine Eltern, seine beiden Geschwister und er schließlich eine Heimat.