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Seite 2: Viele haben ihn für seine hochnäsige Art verflucht

In der Gast­stätte, die über der Umklei­de­ka­bine der Wolfs­burger Ama­teure mit klas­si­scher Cur­ry­wurst und einem Poker­tisch lockt, hängt noch der Mief aus dem letzten Jahr­tau­send fest. Wenn Brdaric dort ein Inter­view gibt, lau­schen die Fans am Neben­tisch heim­lich seinen Worten und können ihre Neu­gier nicht ver­bergen. Alles in Ord­nung?“, fragt Brdaric eine junge Dame, die ihm beim Mit­hören zu auf­dring­lich erscheint. Sein Ton­fall verrät in diesem Moment, wie schnip­pisch er sein kann und warum er mit seiner Art so stark pola­ri­siert hat.

Aktuell sind andere Trai­ner­typen in der Bun­des­liga gefragt. Prot­ago­nisten wie Roger Schmidt (Lever­kusen), Tayfun Korkut (Han­nover), Markus Gisdol (Hof­fen­heim) und Thomas Schneider (Natio­nalelf-Assis­tent) stammen sogar aus der­selben DFB-Lehr­gangs­klasse von 2011 und werden als tüf­telnde System- und Kon­zept­trainer gefeiert. Wenn Brdaric erklärt, wofür er steht, holt er ganz weit aus, schwärmt von seiner Von-der-Pieke-auf-gelernt-Methode und weiß am Ende des Satzes oft nicht mehr, womit er eigent­lich ange­fangen hat. Ich will nie­manden kopieren oder nach­ahmen und ver­suche, meinen Weg zu gehen“, sagt er. Er hat seine Uefa-Pro-Lizenz zu seiner Zeit bei Dynamo Minsk erworben. Dafür musste er Rus­sisch lernen und wird immer wieder gefragt, ob seine Aus­bil­dung wirk­lich hoch­wertig war. Dass ihm der klas­si­sche Trai­ner­lehr­gang in Deutsch­land auf einer Schul­bank mit frü­heren Natio­nal­spie­lern erspart geblieben ist, hängt ihm als Makel nach. Dass er in Minsk die Chance hatte, als Sport­di­rektor zu arbeiten, sich aber sehr auf die Train­er­bil­dung kon­zen­trieren zu können, findet Brdaric bis heute gut. Die Erfah­rung habe ihn berei­chert.

Brdaric hat klare Vor­stel­lungen und zuletzt Ange­bote aus der Zweiten Bun­des­liga abge­lehnt. Er will zwar als Trainer zurück in die ganz großen Sta­dien. Aber bloß nicht vor­eilig. Und laut sagen darf er das alles in Wolfs­burg auch nicht. Der Ruf, ein unge­dul­diger Hand­lungs­rei­sender des bezahlten Fuß­balls zu sein, wäre kein gutes Emp­feh­lungs­schreiben für einen Job in der Bun­des­liga. Brdaric findet, dass er mitt­ler­weile total geerdet sei und wühlt sich durch viert­klas­sigen Matsch. Viel­leicht aus Absicht. Viel­leicht aber auch, weil ihm seine Vita als kon­tro­verser Bun­des­li­ga­profi nicht mehr auto­ma­tisch einen Job als Pro­fi­trainer beschert. Cha­rak­ter­köpfe mit großer Pro­fi­vita haben es nicht mehr so ein­fach unter­zu­kommen wie früher, man frage nach bei Stefan Effen­berg oder Lothar Mat­thäus.

Der grüne Schnell­hefter mit dem Trai­nings­pro­gramm sieht nicht vor, dass Brdaric an den Übungen seiner Mann­schaft noch selbst teil­nimmt. Knor­pel­schaden und Kar­rie­re­ende 2008, das lädierte Knie schwillt bei zu starker Belas­tung an. Seine Auto­rität gegen­über jungen Spie­lern muss sich der frü­here Tor­jäger mehr in der Theorie als in der Praxis erar­beiten. Jene Talente, die sich unter seiner Regie schinden und eben­falls auf den Sprung in die oberen Ligen hoffen, sind voll des Lobes für ihn. Durch­dachtes Trai­ning, sys­te­ma­ti­sche Auf­ar­bei­tung von Feh­lern, offene und ehr­liche Kom­mu­ni­ka­tion: Der Chaot von damals erwirbt sich den Ruf des akri­bi­schen Ehr­geiz­lings, der fleißig Daten­banken füt­tert und ständig dazu­lernen will. Die Spieler durch­bli­cken heut­zu­tage sehr schnell, ob ihr Trainer Ahnung hat, wovon er spricht“ , findet Brdaric.

Viel­leicht tut ein Quer­denker wie er der Bun­des­liga eines Tages wirk­lich gut. Brdaric möchte Vor­bild für eine Spie­ler­ge­nera­tion sein, der es aus seiner Sicht zu gut geht. Regio­nal­liga-Kicker in Wolfs­burg müssen ihre Schuhe längst nicht mehr selbst putzen. Auf­stre­bende Talente wachsen heute wohl behütet in Nach­wuchs­leis­tungs­zen­tren auf. Brdaric, Vater von zwei fuß­ball­be­geis­terten Söhnen im U12- und U16-Alter, formt Jahr­gänge, die er irgendwie auch auf dem Kieker hat. Den jungen Spie­lern wird in den Nach­wuchs­leis­tungs­zen­tren vieles abge­nommen. Eigent­lich macht man es ihnen zu ein­fach. Es ist fast zu schön“ , sagt ihr Trainer.

Irgendwie sucht er nach jungen Män­nern, die manchmal auch so sind wie der junge Brdaric. Heute weiß er: Nicht alles, was er früher ange­stellt hat, war für Außen­ste­hende nach­voll­ziehbar. Viele seiner Trainer haben ihn für seine zuweilen hoch­nä­sige Art ver­flucht. Aber sie haben auch davon pro­fi­tiert, dass er auf dem Platz nur schwer aus­re­chenbar war. Der Chef­coach Brdaric erwartet wohl auch des­halb von seinen Spie­lern, dass sie nicht nur wie Zinn­sol­daten der Sys­te­matik des modernen Fuß­balls gehor­chen. Sie sollen immer wieder auch etwas Über­ra­schendes ver­su­chen. Als Mensch“, meint Brdaric, musst du leben und expe­ri­men­tieren. Ich brauche keine lang­wei­ligen Spieler.“ Und sie keinen lang­wei­ligen Trainer.