Peter Stöger folgt auf Peter Bosz. Der Österreicher tritt in Dortmund ein schwieriges Erbe an, und könnte Zeuge größerer Veränderungen werden.
Man wolle nun endlich den Bock umstoßen, den Turnaround schaffen und habe doch zwischen der 25. Minute und 65. Minute gezeigt, dass man nichts verlernt habe. Man müsse nun alle Steine umdrehen, und schauen, was man da finde. Sie fanden nichts, sie stießen keinen Bock um, Julian Weigl spielte Fehlpässe, wenn er spielte, Pierre-Emerick Aubameyang wirkte teilnahmslos, Europameister Raphael Guerreiro auch. Beide zählten in der vergangenen Saison zur Thomas-Tuchel-Fraktion. Mit Neven Subotic tauchte auf einmal ein verschwunden geglaubter Spieler als Retter auf. Im Stadion wurde es unruhig. Auf der Südtribüne blieben Plätze frei. Diese zerbröckelnde Mannschaft.
Die Überreste der 2013er-Mannschaft und Spieler wie Guerreiro, Aubameyang, die in den Jahren danach dazu gekommen waren, für die der BVB nur Durchgangsstation sein kann. Das verdeutlichtete in diesem Sommer der Transfer von Ousmane Dembele. Wer für einen anderen europäischen Spitzenverein nur annähernd interessant ist, der bleibt nicht in Dortmund. Dazu die Neuzugänge um Ömer Toprak, Jeremy Toljan und Mo Dahoud, die das Vertrauen des Trainers verloren, Fremdkörper blieben. Und ein Trainer, der solange auf sein System beharrte, bis der Systemwechsel nach innen und außen unglaubwürdig wirkte.
Niemand dachte an ein Backup für Bosz
Am Ende blieb dem BVB keine Wahl. Mit Peter Stöger verpflichtete man einen erfahrenen Trainer, der das letzte Halbjahr in Köln hinter sich lassen will. Bereits im Sommer war er ganz oben in der Liste der Wunschkandidaten, blieb jedoch bei den Geißböcken. Die Wahl fiel auch auf Stöger, weil mit David Wagner, Hannes Wolf und Daniel Farke innerhalb der letzten 24 Monate gleich drei potentielle Nachfolger ihr Glück bei den Zweitligisten Huddersfield, Stuttgart und Norwich suchten, und bislang auch fanden.
War der Abgang Wagners noch logisch, verließ Wolf den Verein zu einem Zeitpunkt, als Tuchels Abgang sich intern bereits abzeichnete. Farke ging im Sommer. Er hatte seine Zukunft an die des Ex-Trainers geknüpft, und an einen Backup für Bosz dachte zu diesem Zeitpunkt niemand.
Ist die Führungsetage am Ende?
So logisch und folgerichtig der Trainerwechsel am Rheinlanddamm nach dem dramatischen Niedergang der letzten Monate auch ist, die Probleme werden mit Stöger nicht verschwinden. Der erste Trainerwechsel in der laufenden Saison seit Jürgen Röbers Abgang im Frühjahr 2007 könnte gravierende Folgen haben.
Alle paar Jahre, zuletzt Anfang des Jahrtausends, fliegt die Borussia zu nah an die Sonne. Das passiert. Im Leben und auch im Fußball. Das Ende der Dortmunder Stabilität läutet nun zugleich das Ende aktuellen Führungsetage ein. Das wird nicht gleich passieren. Aber der Abschied wird absehbarer. Borussia Dortmund wird sich von innen heraus erneuern. So war es immer.
Hans-Joachim Watzke, Michael Zorc und Präsident Reinhard Rauball haben den Verein aus dem Vorzimmer der Pathologie in die Nähe der europäischen Spitze geführt. Dort aber blieb der BVB für die linke Spur zu langsam, für die rechte Spur zu schnell. Und jetzt muss erst einmal der Motorschaden behoben werden. Es ist der dritte seiner Art nach Klopps Abschied in 2015 und den Verwerfungen mit Tuchel in diesem Frühjahr. Der Kampf um den Platz hinter den Bayern ist eröffnet.