Peter Stöger folgt auf Peter Bosz. Der Österreicher tritt in Dortmund ein schwieriges Erbe an, und könnte Zeuge größerer Veränderungen werden.
Hans-Joachim Watzke bemüht gerne das Bild der mit 280 km/h hinter der Borussia herjagenden Teams aus England, Spanien, Frankreich und Italien. Jetzt hat der BVB zu lange in den Rückspiegel geschaut, und ist gegen die Wand gefahren.
Nach der Trennung von Thomas Tuchel musste nun auch sein Nachfolger gehen. Auf den besten Start in der Vereinsgeschichte mit 19 Punkten aus sieben Spielen folgte die größte Ernüchterung der jüngeren Dortmunder Vergangenheit. Die in sich zusammenfallende Mannschaft ist aktuell nicht mehr wettbewerbsfähig, die so wichtige Champions League-Qualifikation nach einer knappen Halbserie in akuter Gefahr.
Bis heute wirkt der Anschlag nach
Als Endverantwortlicher wurde Peter Bosz nun stilvoll und emotional vom Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke verabschiedet, sagt Hans-Joachim Watzke. Und man ist sofort mittendrin in den Problemen des Vereins, der nach langen, sieglosen Monaten hilflos wirkt.
Die Bosz-Entlassung ist der Endpunkt eines langen, beschwerlichen Jahres für den BVB, der noch mit den Nachwirkungen des Leipzigs-Spiel zu kämpfen hatte, und gedanklich bereits die Tuchel-Entlassung vorbereitete, als er Ziel eines Anschlags auf Leib und Leben der Spieler wurden, die teils bis heute mit den Nachwirkungen zu kämpfen haben.
Die Gegner verloren den Respekt
Das wurde unter Peter Bosz, der überraschend und nicht als erste Wahl auf Tuchel folgte, erst in der sportlichen Krise deutlich, in der sich der BVB seit Ende September befindet. Erst spielerisch, dann auch tabellarisch.
Bis zum Bremen-Spiel hatten sie auf die Wende, in Dortmunder Neusprech auch Turnaround genannt, gehofft. Doch die Abwärtsspirale, in der sich die Borussia seit der 1:3 Niederlage im Champions League-Spiel gegen Real Madrid befand, drehte sich immer schnell. Anstelle des Turnarounds steuerte die Borussia seit zwei Monaten mit vollem Tempo auf die Wand zu. Mit Lukas Piszczek verloren sie einen Stabilisator und die Gegner nach Leipzig die Angst vor der Gelben Wand. Nach Hannover, die sich den BVB zurechtgelegt hatten, und den Unentschieden gegen Nikosia, den Respekt.
Gegentreffer ohne Ende
Durch das erschütternde 4:4 im Derby war jedes Selbstbewusstsein verschwunden. Der Verein wirkte paralysiert, handlungsunfähig. Bosz hielt nicht mehr an seinem System fest, doch die Fehler blieben.
In 13 Pflichtspielen seit der 2:3 Niederlage gegen Leipzig kassierten sie neunmal mindestens zwei Treffer, nur in den Spielen gegen Leverkusen, Magdeburg und den Duellen mit Nikosia blieben sie unter dieser Marke. In diesen 13 Spielen kassierten sie insgesamt 28 Treffer, davon allein 16 in der zweiten Halbzeit. Sie gewannen gegen Magdeburg, teilten zweimal die Punkte mit Nikosia und kamen in der Liga in acht Spielen auf 3 von 24 möglichen Punkten.
Lagen die wiederholten Einbrüche an der fehlenden Fitness und dem zu risikoreichen Spiel, lagen die Einbrüche an mangelndem Selbstvertrauen oder doch, wie von Hans-Joachim Watzke in den Raum gestellt, an den Auswirkungen des Anschlags auf den Mannschaftsbus? Diktierten Marcel Schmelzer und Nuri Sahin jetzt die Aufstellung, war Bosz überhaupt noch Trainer? Als Antwort diktierten Spieler und Verantwortliche Woche für Woche Phrasen in die Notizblöcke der Reporter.