Klar, Amateurfußball ist eh geiler als Profisport. Aber was passierte eigentlich am Wochenende in den Kreisligen des Landes? Na, unter anderem Frühduscher, 80-jährige Keeper und Autokorsos.
Zu früh geduscht
Die Kreisligakicker des TuS Wieren hatte beim 15. Friede Cup in Pelzen schon jegliche Hoffnung auf die Titelverteidigung aufgegeben. Nach einer durchwachsenen Vorrunde verabschiedete sich ein Großteil der Mannschaft schon unter die Dusche und wollte das Hallenturnier schnellstmöglich verlassen. Doch die anderen Mannschaften in der Vorrundengruppe spielten währenddessen für die eingeschäumten Männer aus Wieren und plötzlich standen sie im Halbfinale. Dort zeigten sich die Gegner direkt so überrascht über den guten Geruch der frisch geduschten Halbfinalisten, dass Wieren ins Finale kam und dort auch noch den VfL Böddenstedt besiegte. Damit holt der TuS den dritten Titel beim Hallencup in Folge. So gut gerochen haben sie dabei aber wahrscheinlich noch nie.
Die Feste feiern, wie sie fallen
Der Autokorso, eine fast ausgestorbene Tradition, die heute fast nur noch nach Hochzeiten auf dem Berliner Ku’damm zu bewundern ist, lebt bei der Duisburger Hallenstadtmeisterschaft wieder auf. Zehn Jahre konnte sich der MTV Union Hamborn nicht für dieses Turnier der Extraklasse qualifizieren – allein das ist schon eine Leistung. In diesem Jahr klappte es aber, und so fuhren mehr als 80 Fans mit 30 Autos zur Halle. Dort gab es dann das volle Support-Ballett: Vorsänger, Megafon, lautstarke Gesänge. Beflügelt von dieser Stimmung besiegte der Kreisligist gleich mal zwei Landeslisten und zog ins Viertelfinale ein. Um sich aber noch Verbesserungsspielraum für die nächste Teilnahme in zehn Jahren offen zu lassen, schied man dort vorsichtshalber aus. Das tat der Party aber natürlich keinen Abbruch. Gerüchten zufolge bleiben einige Autos aus Sicherheitsgründen an der Halle stehen.
„Wir wären Aufstiegskandidat in einer Dartsliga für Fußballvereine!“
Jeden Winter übernimmt der Darts-Hype das Land und gibt den Fußballfans, die sonst orientierungslos durch die Winterpause irren würden, einen Grund zum Singen und Grölen. Auch bei Rhenania Hinsbeck wird bei feucht-fröhlichen Mannschaftsabenden immer kräftig gedartet. Offensichtlich stimmt beim Kreisligisten noch die Training-Mannschaftsabend-Balance, denn in der Krefelder Kreisliga A stehen die Kicker zwar auf einem ernüchternden letzten Platz, aber, so Trainer Franz Fretz gegenüber fupa.net: „Würde es eine Dartsliga für Fußballvereine geben, wären wir Aufstiegskandidat!“
Der Achtzigjährige, der die Torwarthandschuhe anzieht und auf den Platz geht
Gegen den 81-jährigen Heinz Böhmer von der TuS Kranenburg ist Jupp Heynckes (72) fast noch ein junger Hüpfer. Seit 1950 ist Böhmer Mitglied bei der TuS und seit mehreren Jahrzehnten Torwarttrainer. Böhmer, den alle nur „Opi“ nennen, war in seiner Kindheit Fan von Toni Turek, aber sein Torwarttraining ist keinesfalls eingestaubt, so nutzt er Übungen von Andreas Köpke, Oliver Kahn oder auch aus der niederländischen Torwartschule. Seine Torhüter bringt er auch mit über 80 noch aus der Puste und behält dabei immer den Humor. Als Heynckes bei den Bayern wieder einsprang, scherzte Böhmer: „Der Jupp brauchte noch einen Torwarttrainer. Deshalb haben sich die Bayern bei mir gemeldet.“ Der Wechsel scheiterte dann wohl einzig und alleine an den Transfermodalitäten, denn Bernd Schiweck, Vorstand des TuS, hat den 81-Jährigen jüngst als unverkäuflich bezeichnet.
„Die haben doch mal höherklassig gespielt!“
So ungefähr muss das Resümee in den Kabinen der gegnerischen Mannschaften geklungen haben, wenn sie gerade vom Lübecker Kreisligisten SV Azadi abgewaschen wurden. 150 Tore in nur 14 Spielen haben die Kicker von Azadi, was auf kurdisch „Freiheit“ heißt, bereits geschossen und sind damit die torgefährlichste Offensive Deutschlands. Dabei ist der Verein erst im vergangenen Jahr von vier Freunden gegründet worden, die Flüchtlingen eine Heimat bieten und Kulturen zusammenbringen möchten. Und tatsächlich hat einer der Spieler schonmal höherklassig gekickt: Niwar Kasim lief für den FC Schönberg in der Oberliga und im DFB-Pokal auf und nimmt jetzt die Kreisliga auseinander. Im Gespräch mit fussball.de blickt er zurück: „Ich habe auf einem guten Niveau Fußball gespielt, doch es ist ein viel geileres Gefühl, mit dem eigenen Team Geschichte zu schreiben. Wenn wir uns anstrengen und in Zukunft ein paar Mal aufsteigen sollten, schaffe ich es vielleicht noch einmal, gegen die alten Kollegen zu spielen.“