Weiter, weiter, immer weiter. Die Geschichte des Fanzines „Schalke Unser“ ist offenbar unendlich. Zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt erscheint die 100. Ausgabe. Würdigung eines kritischen Freundes von Mannschaft und Verein.
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: In Ausgabe 99 griff das Fanzine „Schalke Unser“ das Motiv der „Drei Affen“ graphisch auf und setzte die drei Primaten stellvertretend für Ehrenrat, Aufsichtsrat und Vorstand aufs Cover. Das schlug bereits im Vorfeld des Heimspiels gegen Hertha BSC im August hohe Wellen und sprach vielen Fans aus der Seele, die nicht nur von Clemens Tönnies‘ rassistischen Ausuferungen, sondern auch von den halbgaren und relativierenden Aussagen rund um die Geschäftsstelle die Nase gestrichen voll hatten. Nachdem der mitgereiste Anhang beim Pokalspiel in Drochtersen/Assel per Choreographie seinem Aufsichtsratsvorsitzenden die Rote Karte zeigte, machte das „Schalke Unser“ endgültig klar: mit uns nicht!
Bei dieser 99. Ausgabe handelt es sich, um im Fußballjargon zu bleiben, um eine symptomatische. Denn das „Schalke Unser“ schreibt sich seit 1994 nicht nur den Kampf gegen Rassismus in und auf sein Heft, sondern stellt den eigenen Farben immer wieder wichtige wie unangenehme Fragen. Man selbst definiert sich dabei auf der hauseigenen Webseite als „kritischer Freund und Helfer von Mannschaft und Verein“. Und seinen wir ehrlich: Gibt es einen besseren Freund? Der aus gleichem Holz geschnitzt in guten wie schlechten Zeiten hilft, aber einem auch ordentlich die Meinung geigt, wenn man aus der Spur gerät? Vereine sollten dankbar sein, dass sich jemand abseits der Geschäftsstelle um das Einhalten dieser Spur sorgt, die Clemens Tönnies längst verloren hat.
Von Albert Streit bis Edgar Davids
1994 war vielen Fans im Parkstadion nicht ganz klar, was es mit diesem Fanmagazin im DIN-A5-Format auf sich hat. Schließlich gab es mit dem „Schalker Kreisel“ bereits eine offizielle Vereinszeitung, warum da noch zusätzliche Kohle für ein weiteres Blatt ausgeben? 25 Jahre später reicht ein Blick über die Titelseiten des Schalke Unser, um sich dessen Bedeutung für die Fankultur bewusst zu machen.
Ticketpreise, Fernsehrechte, Polizeigewalt, Vereinspolitik – die Liste ist so lang, dass die 70 Seiten eigentlich nicht ausreichen für all das, was sich in den drei Monaten seit der letzten Ausgabe des Schalke Unser ereignet hat. Mittendrin: Gedichte über Viagogo, FDP-Wahlplakate mit Albert Streit („Arbeit muss sich lohnen!“) oder das Kult gewordene Inserat der Pizzeria Milano, das wie ein romantisches Alter Ego des Schalke Unser ausruft: Ja, es gibt uns immer noch!