Warum wechselt Alexander Nübel zu den Bayern? Sein Berater Stefan Backs äußert sich ausführlich zu den Hintergründen. Er kritisiert den FC Schalke und Stefan Effenberg.
Was war in den Gesprächen mit den Bayern entscheidend?
Alex ist ein bodenständiger Kerl. Er mag kein großkotziges Auftreten. Auf den Umgang legt er sehr viel Wert. Das war ein Punkt. Hinzu kam der Karriereplan. Was passiert in den nächsten drei, vier Jahren? Und man darf nicht vergessen: Nicht jeder Torwart hat die Möglichkeit, zum besten deutschen Klub zu gehen. Das ist eine große Chance. Die Bayern hatten in den Gesprächen das beste Auftreten und das beste Paket.
Der „kicker“ hat Nübel in der Hinrundenbilanz in die vierte Kategorie („Im Blickfeld“) eingeordnet. Hat ihn der Wirbel um seinen Wechsel beeinträchtigt?
Ich schätze den „kicker“ sehr, aber diese Kategorien sind Spielereien für Fans. Die Rangliste entstand auch unter dem Eindruck der roten Karte gegen Frankfurt und vielleicht einem Wackler gegen Leipzig. Alex kann äußere Umstände sehr gut ausklammern, also auf Ihre Frage geantwortet: klares Nein! Die Wackler waren kein Ausdruck von Nervenschwäche, sondern von einer Entwicklung. Ter Stegen und Neuer haben als junge und vor allem auch offensive Torhüter ähnliche Schritte gemacht. Jeder Fehler, den Alex macht, ist wichtig für seinen Lernprozess.
Bei Schalke wären ihm diese Fehler aber eher verziehen worden als nun bei den Bayern.
Erstens: Er ist noch nicht bei den Bayern, sondern noch ein halbes Jahr auf Schalke. Zweitens: Weltklassevereine kaufen Spieler nach Potenzial. Sie billigen Talenten Fehler zu. Ein Kimmich oder ein Davies waren am Anfang auch noch nicht komplett, sie konnten lernen. Die Bayern haben zudem mit Neuer einen Weltklassemann, von dem Alex zunächst einmal profitieren kann.
Im „Doppelpass“ kursierte die These: Nübel hat Bayern die Zusage gegeben, sollte aber noch zwei Jahre bei Schalke „geparkt“ werden.
Diesen Plan gab es nie. Der Transfer eines Torhüters ist immer anders anzugehen als jener eines Feldspielers, weil das Zeitfenster für eine Ablösung kleiner ist. Deshalb mag der Wechsel nun etwas knautschig wirken, weil Neuer bei den Bayern noch spielt. Es ist perspektivisch jedoch der richtige Schritt für Alex.
„Wenn ich einen 35-Jährigen nicht attackiere, habe ich es auch nicht verdient“
Sie sprachen von einem Karriereplan bei den Bayern. Im Dezember sagten Sie der „AZ“: „Die wichtigste Voraussetzung für Alex ist, dass er Spielpraxis bekommt.“ Wie soll das bei den Bayern funktionieren?
Meine Aussage mag erst einmal komisch klingen. Das Thema „Spielpraxis“ haben wir in den Gesprächen mit den Bayern natürlich geäußert, und auch die Bayern hatten diese Thematik auf dem Zettel. Manuel Neuer in diesem Sommer zu verdrängen – das wäre ein sehr ambitioniertes Ziel.
Und danach?
Alex will Neuer mittelfristig verdrängen. Wenn ich zu den Bayern wechsle, muss ich mich da durchsetzen wollen. Neuer ist ein Weltklassetorwart, aber bei Bayern hat jeder Neue erst einmal einen Weltklassemann vor sich. Das war bei Kimmich oder Davies auch so. Man wird in drei Jahren sehen, ob Alex’ Weg der richtige ist. Aber er ist fest entschlossen und geht das jetzt an.
Wurden Nübel 15 Einsätze in der nächsten Saison garantiert?
Dazu kann und darf ich nichts sagen. Aber lassen Sie es mich noch einmal skizzieren: Manuel Neuer ist wahrscheinlich der beste deutsche Torwart aller Zeiten. Alex kann im Training und in den Einsätzen viel lernen. Als er zu Schalke kam, hat er sich auch ohne Spielpraxis weiterentwickelt, bis er Ralf Fährmann verdrängt hat. Manuel Neuer wird nicht jünger. Wenn ich also ein großer Torhüter werden will und dann nicht einen 35- oder 36-jährigen Torwart attackiere, dann habe ich es auch nicht verdient.
Deutschlands Torwarttrainer Andreas Köpke sagt, dass es ohne Spielpraxis schwierig für Nübel in der Nationalelf werde.
Kevin Trapp fuhr ohne Spielpraxis zur WM 2018, Manuel Neuer hatte vorher kein einziges Spiel in der gesamten Saison gemacht.