Jens Kirschneck ist kein reicher Mann. Aber seit seinem Besuch des Spiels Granada gegen Barcelona doch einiges an Erfahrung reicher. Sein Moment der Saison: Wie Barca auf das Ende einer Ära zusteuerte.
Das Gespräch an der Abendkasse war ernüchternd. „Zwei Karten aus der günstigsten Kategorie, bitte.“ – „Alles klar. Macht 150 Euro.“ – „Nein, nein, aus der günstigsten.“ – „Das ist die günstigste.“ – „Ach so.“
Ein bisschen Tiki-Taka
Im Original fand dieser Dialog auf Spanisch statt, doch ansonsten hat er sich genau so zugetragen. Aber was wollte man sich groß beschweren, war doch ein dolles Ding, dass es überhaupt noch Karten gab für Granada gegen Barcelona, in einem Stadion, dass gerade mal 22.500 Zuschauer fasst. Da muss man doch zugreifen, ein bisschen Tiki-Taka vor der untergehenden andalusischen Frühlingssonne, noch dazu in der entscheidenden Phase der spanischen Meisterschaft.
Es kam dann aber alles ganz anders. Tiki-Taka fiel weitgehend aus, stattdessen ging der FC Granada nach einer Viertelstunde in Führung. In den restlichen 75 Minuten spielte sich das Geschehen weitgehend vor dem Tor der Gastgeber ab, doch es wäre zuviel gesagt, dass Granada von einer Kalamität in die andere geriet. Es war ein Abend, an dem der FC Barcelona seine hässliche Seite zeigte. Messi, Neymar, Fabregas, Iniesta, sie alle waren dabei, doch es kam nicht mehr dabei heraus als ein langweiliges Ballgeschiebe.
Die Anhänger des FC Granada begeisterten sich an der engagierten Abwehrarbeit ihres Teams, aber all die Väter und ihre Kinder mit Messi-Trikot, die ebenfalls im Stadion waren, schauten zunehmend irritiert aus der Wäsche: Das soll der große FC Barcelona sein? Er war es tatsächlich, nur sah er an diesem Abend eher aus wie eine müde Truppe desillusionierter Wanderdarsteller, die ihre besten Tage lang hinter sich haben, dirigiert von einem molligen Brillenbären, dessen Gestik und Mimik im Laufe des Spiels immer hilfloser wurden. Gerardo Martino wird spätestens an diesem Abend geahnt haben, dass er beim FC Barcelona keine neue Ära begründen wird.
Barca muss sich neu erfinden
Als das Spiel abgepfiffen wurde, stand es immer noch 1:0 für Granada, und obwohl Barca noch bis zur letzten Minute der Saison die Chance hatte, spanischer Meister zu werden, war den Augenzeugen im Estadio Nuevo Los Cármenes bereits klar, dass sie es nicht werden würden – oder es zumindest nicht verdient hatten. Der FC Barcelona, soviel wusste jeder, der diesen trostlosen Auftritt gesehen hatte, muss sich dringend wieder neu erfinden.
Natürlich war das kein tolles Fußballspiel, doch sehr oft kommt es nicht vor, dass man das Gefühl hat, bei einer kleinen Zeitenwende der Fußballgeschichte dabei zu sein. Dafür kann man durchaus mal 150 Euro auf den Tresen legen, nicht wahr?