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Seite 2: So selbstverständlich läuft das Geschäft mit Aufmerksamkeiten

Und auch Grindel scheint nicht in den Sinn zu kommen, dass der reiche Ukrainer mit der Uhr nicht nur den lieben Rein­hard erfreuen wollte, son­dern sich dabei auch der Gunst des Prä­si­denten des größten Sport­fach­ver­bandes der Welt ver­si­cherte.

Für die Spe­zial-Aus­gabe von 11FREUNDE zum Thema Fuß­ball­skan­dale“ trafen wir im Februar 2019 Grin­dels Vor­vor­gänger im DFB-Amt, Dr. Theo Zwan­ziger. Im Gespräch schil­derte er wie auch er, ein stu­dierter Jurist und erfah­rener Richter, wegen einer Uhr mit den Zoll­be­hörden kol­li­dierte.

Bei der WM 2014 in Bra­si­lien fand er nach einer Sit­zung des FIFA-Exe­ku­tiv­ko­mi­tees im Hotel eine Tasche mit Sport­sa­chen vor. Es war üblich, dass wir bei Zusam­men­künften der­ar­tige Auf­merk­sam­keiten erhielten“, so Zwan­ziger. In Bra­si­lien war in dieser Tasche aller­dings auch eine kleine Scha­tulle mit einer Arm­banduhr. Da es bei der FIFA bereits Com­pli­ance-Bestim­mungen gab, ging er nun davon aus, dass er die Uhr behalten könne.

Erst als ihn nach der Rück­kunft ein eng­li­scher Jour­na­list nach der Sport­ta­sche befragte, stellte sich heraus, dass die Uhr einen Wert von 25 000 Dollar besaß. Ein Geschenk des bra­si­lia­ni­schen Ver­bandes an alle Mit­glieder des Komi­tees. Zwan­ziger erstat­tete Selbst­an­zeige und gab den Zeit­messer später beim Schweizer Zoll ab. Im Nach­gang zog die FIFA-Com­pli­ance sämt­liche Uhren wieder ein.

Für Grindel könnte die Zeit bald abge­laufen sein

Doch als Sepp Blatter bei einer Sit­zung erklärte, die Sache sei nun gere­gelt“, so Zwan­ziger, mel­dete sich der spa­ni­sche Funk­tionär Angel Maria Villar und sagte: ›Wenn das so ist, könnten Sie uns die Uhr doch auch wieder zurück­geben.‹“

Zwan­zi­gers Aus­sagen machen deut­lich, wie selbst­ver­ständ­lich es auf Funk­tio­närs­ebene ist, mit exklu­siven Auf­merk­sam­keiten bedacht zu werden. Und wie schwer es fällt, dabei den Über­blick zu behalten. Offenbar fällt es den han­delnden Per­sonen gar nicht mehr ein, den Sinn und Zweck von teuren Zuwen­dungen zu hin­ter­fragen, die jedem Nor­mal­bürger beim klarem Ver­stand sofort ver­dächtig vor­kommen würden.

Zwi­schen Cof­fee­break und Dinner werden in den Ver­bänden mit zucker­süßer Bei­läu­fig­keit Abhän­gig­keiten geschaffen, die in Kri­sen­zeiten – wie im Fall Grindel – plötz­lich ans Licht der Öffent­lich­keit kommen und zum Bume­rang werden. Unwei­ger­lich muss man an Ger­hard Polt denken, auch wenn der es bestimmt ganz anders meinte, als er dich­tete: Zeit plus Zeit ist mehr Zeit. Brot plus Zeit ist Brot­zeit. Zeit mal Zeit ist: Mahl­zeit.“

Mahl­zeit! Wird sich dieser Tagen wohl auch Rein­hard Grindel ange­sichts der sich zuspit­zenden Situa­tion gedacht haben. Denn für den seit län­gerem in der Kritik ste­henden Funk­tionär ist mit dem Bekannt­werden des Uhren­ge­schenks die Zeit als DFB-Chef abge­laufen.