DFB-Präsident Reinhard Grindel hat 2017 von einem ukrainischen Oligarchen eine teure Uhr zum Geburtstag bekommen – und das Geschenk beim Verband nicht gemeldet. Warum Luxusuhren so oft zum Stolperstein für Fußballfunktionäre werden.
Und auch Grindel scheint nicht in den Sinn zu kommen, dass der reiche Ukrainer mit der Uhr nicht nur den lieben Reinhard erfreuen wollte, sondern sich dabei auch der Gunst des Präsidenten des größten Sportfachverbandes der Welt versicherte.
Für die Spezial-Ausgabe von 11FREUNDE zum Thema „Fußballskandale“ trafen wir im Februar 2019 Grindels Vorvorgänger im DFB-Amt, Dr. Theo Zwanziger. Im Gespräch schilderte er wie auch er, ein studierter Jurist und erfahrener Richter, wegen einer Uhr mit den Zollbehörden kollidierte.
Bei der WM 2014 in Brasilien fand er nach einer Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees im Hotel eine Tasche mit Sportsachen vor. „Es war üblich, dass wir bei Zusammenkünften derartige Aufmerksamkeiten erhielten“, so Zwanziger. In Brasilien war in dieser Tasche allerdings auch eine kleine Schatulle mit einer Armbanduhr. Da es bei der FIFA bereits Compliance-Bestimmungen gab, ging er nun davon aus, dass er die Uhr behalten könne.
Erst als ihn nach der Rückkunft ein englischer Journalist nach der Sporttasche befragte, stellte sich heraus, dass die Uhr einen Wert von 25 000 Dollar besaß. Ein Geschenk des brasilianischen Verbandes an alle Mitglieder des Komitees. Zwanziger erstattete Selbstanzeige und gab den Zeitmesser später beim Schweizer Zoll ab. Im Nachgang zog die FIFA-Compliance sämtliche Uhren wieder ein.
Für Grindel könnte die Zeit bald abgelaufen sein
„Doch als Sepp Blatter bei einer Sitzung erklärte, die Sache sei nun geregelt“, so Zwanziger, „meldete sich der spanische Funktionär Angel Maria Villar und sagte: ›Wenn das so ist, könnten Sie uns die Uhr doch auch wieder zurückgeben.‹“
Zwanzigers Aussagen machen deutlich, wie selbstverständlich es auf Funktionärsebene ist, mit exklusiven Aufmerksamkeiten bedacht zu werden. Und wie schwer es fällt, dabei den Überblick zu behalten. Offenbar fällt es den handelnden Personen gar nicht mehr ein, den Sinn und Zweck von teuren Zuwendungen zu hinterfragen, die jedem Normalbürger beim klarem Verstand sofort verdächtig vorkommen würden.
Zwischen Coffeebreak und Dinner werden in den Verbänden mit zuckersüßer Beiläufigkeit Abhängigkeiten geschaffen, die in Krisenzeiten – wie im Fall Grindel – plötzlich ans Licht der Öffentlichkeit kommen und zum Bumerang werden. Unweigerlich muss man an Gerhard Polt denken, auch wenn der es bestimmt ganz anders meinte, als er dichtete: „Zeit plus Zeit ist mehr Zeit. Brot plus Zeit ist Brotzeit. Zeit mal Zeit ist: Mahlzeit.“
Mahlzeit! Wird sich dieser Tagen wohl auch Reinhard Grindel angesichts der sich zuspitzenden Situation gedacht haben. Denn für den seit längerem in der Kritik stehenden Funktionär ist mit dem Bekanntwerden des Uhrengeschenks die Zeit als DFB-Chef abgelaufen.