Manager, Macho, Macher – heute vor fünf Jahren verstarb Rudi Assauer. Was für ein Mensch steckte hinter der öffentlichen Figur? Und warum bewegte sein Tod nicht nur die Fans im Ruhrgebiet, sondern in ganz Deutschland?
Diese Anekdoten geben Auskunft über die außergewöhnliche Klasse des Managers Assauer. Der breiten Öffentlichkeit ist er vor allem als schräge Type in Erinnerung geblieben mit Davidoff-Zigarren so dick wie seine Ruhrpottschnauze. Assauer steht für eine vergangene Epoche der Bundesliga mit erratischen Managern wie Reiner Calmund, Willi Lemke oder auch Uli Hoeneß.
Es war kein Zufall, dass diese Haudegen den Neunziger-Fußball bestimmten, während heute vermehrt aalglatte Consulting-Puppen das Sagen zu haben scheinen. Die früheren Manager wuchsen in der Nachkriegszeit auf, in ihren Biografien erklären sich ihre Schrullen. Calmund erzählte kürzlich in einer TV-Sendung von seiner einzigen Bezugsperson in der Kindheit, dem blinden Opa. Deswegen schwatze er noch immer so viel, weil er dem Großvater damals die Bilder der Welt übersetzen musste. Rudi Assauer wurde im tiefsten Ruhrpott in Herten groß, mehr auf der Straße als in der Schule. Er schwärmte später häufig von den „Straßenkämpfen“ im Fußball, wenn die Augustastraße gegen die Herner Straße antrat.
Er kämpfte mit heiligem Eifer für Stehplätze und günstige Eintrittskarten
Er ist nicht das einzige Arbeiterkind des Jahrgangs 1944, das seinen gesellschaftlichen Aufstieg mit teuren Anzügen und dicken Zigarren zelebrierte. Doch während der eine im Kanzleramt mit den Mächtigen aus aller Welt und vor allem aus Russland anbändelte, blieb Assauer in den Augen der Öffentlichkeit ein „Kaschmir-Prolet“. Er wird das Label selbst nicht gemocht haben, doch tatsächlich klammerte er sich an seine proletarischen Wurzeln. Mit heiligem Eifer setzte er sich für günstige Eintrittspreise im strukturschwachen Gelsenkirchen ein oder spendete einem Fan die neue Trompete. Dem Begründer des Museums in der Zeche Hugo drückte er ungefragt 3000 Euro in die Hand, als dieser keine öffentlichen Gelder bekam. Assauer sagte: „Zeig es den Schnarchhähnen, dass wir so was erhalten können.“
Der Manager schoss gegen die Granden, zuverlässig gegen Fernsehsender, den DFB und die Bayern (selten gegen den BVB, mit dem er selbst als Spieler 1966 den Europapokal gewonnen hatte). Als die Münchner wieder einmal das Livespiel in der ARD zugeschanzt bekamen, ließ er der Anstalt folgendes Bonmot ausrichten:
„Sollen sie der fetten Gans doch weiter den Arsch schmieren.“
Seine Sprache und sein Auftreten blieben nicht folgenlos. Assauer konnte sehr wohl herablassend und bärbeißig daherkommen. Nur wer ihm Kontra gab, wer ihm mit Schneid begegnete, hatte die Chance, seinen warmherzigen Kern hinter dem Macho-Gehabe zu entdecken. Huub Stevens war so jemand, seine langjährige Sekretärin und enge Vertraute Sabine Söldner auch, ebenso der Kommentator Werner Hansch. Doch diese Fähigkeit und Zähigkeit besitzen nicht viele. Fairerweise muss man sagen, dass Assauer in der heutigen Zeit wohl allwöchentlich mit Shitstorms, Hashtags oder Petitionen überzogen werden würde. Und fairerweise muss man sagen, dass ihn das nicht im Geringsten interessieren würde.
Er entstammt der Zeit des offenen Umgangs: anschreien, umarmen, vergessen. Dem Moderator Jörg Wontorra setzte er mal verbal richtig zu, einige Jahre später diffamierte ihn Wontorra in seiner Sendung als Alkoholiker. Assauer hätte Wontorras Absetzung besiegeln können, so ließ ihn der Sender wissen. „Doch der wäre doch dann in Deutschland erledigt gewesen“, sagte Assauer. „Er hat sich entschuldigt und gut is.“