Manager, Macho, Macher – heute vor fünf Jahren verstarb Rudi Assauer. Was für ein Mensch steckte hinter der öffentlichen Figur? Und warum bewegte sein Tod nicht nur die Fans im Ruhrgebiet, sondern in ganz Deutschland?
Du brauchst Verrückte, um Verrücktes zu schaffen. Der FC Schalke gewann im Jahr 1997 mit einer Truppe von absoluten No-Names bei seiner ersten Teilnahme nach zwei Jahrzehnten den Europapokal. Das war im besten Sinne verrückt – und hing an Rudi Assauers alten Fußballtretern. Die Sensation hatte nämlich bedenklich gewackelt: Vor dem wichtigen Halbfinalspiel auf Teneriffa hatten sich die beiden einzigen Schalker Stürmer Youri Mulder und Martin Max innerhalb einer Minute schwer verletzt. Mannschaft, Fans und Offizielle standen unter Schock. Es war der passende Zeitpunkt für Verrückte. Für alternde, Zigarre paffende Manager, die mal eben mit Bundesligaprofis kicken.
Rudi Assauer, damals 52 Jahre alt, zog sich die Fußballschuhe an und spielte einfach beim Schalker Abschlusstraining mit. Ganz so, als ginge es hier nicht um den Uefa-Pokal, sondern um die Vorbereitung auf ein Freizeitturnier der örtlichen Berufsfeuerwehr. In der ihm eigenen Schnoddrigkeit erklärte der Manager: „Die Jungs haben Spaß, wenn sie einen alten Knacker ein bisschen verarschen können.“
Die Stimmung war plötzlich gelöst. Die S04-Fans auf Teneriffa sangen „Rudi in den Sturm“, Trainer Huub Stevens kokettierte bei der Pressekonferenz belustigt mit einem Startelfeinsatz von Assauer. Und die Spieler, sie hatten tatsächlich Spaß mit dem alten Knacker und den Kopf frei.
Das Spiel verloren sie zwar unglücklich mit 0:1, doch in der zweiten Halbzeit und im Rückspiel drängten sie das damalige spanische Klasseteam von Jupp Heynckes förmlich an die Wand. Der Sieg entstammte also diesem psychologischen Kniff von Assauer, auch wenn er das selbst nie so ausgedrückt hätte („,Mental’ gab es zu meiner Zeit nicht, nur eine Zahnpasta, die so ähnlich hieß“).
Die Eurofighter: Assauers wilde Gang der Unterschätzten
Als er vor dem Finalrückspiel in Mailand den Frühstücksraum des Hotels betrat, schaute er den Spielern in die Augen. Einem Eigenrauch, dem taz-Kolumnisten mit den langen Koteletten. Einem Nemec, dem tschechischen Schweiger mit den zotteligen Haaren und zu langen Hosen. Einem Wilmots, dem breitschultrigen „Kampfschwein“ aus Belgien. Er sah eine Elf von vormals gescheiterten Rennern, unterschätzten Strategen und pumpenden Dampfwalzen – doch einen in sich funktionierendem Organismus eines Teams; Lunge, Hirn und Herz, die Assauer chirurgisch zusammengesetzt hatte.
Diese Gang trat am Abend gegen das glitzernde Ensemble Inter Mailand an. Mit Pagliuca, Bergomi und Zanetti. Mit Djorkaeff und Zamorano. Letzterer kann bis heute die Namen der Schalker nicht aussprechen, aber er bekommt eigenen Angaben zufolge „Blut in den Augen“, wenn er an sie denkt.
Assauer erzählte später, dass er in jenem Mailänder Frühstücksraum in die Gesichter seiner Schalker Spieler geschaut habe. Sie waren angespannt, aber locker. Manche verarschten den alten Knacker am Büffet. Assauer dämmerte: Wir packen das heute! Er hielt sich an die von ihm kultivierte Losung: „Form schlägt Klasse“