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Bevor wir zu den Schlümpfen kommen – reden wir über Geld: Ein Bun­des­li­ga­profi ver­dient im Schnitt, inklu­sive Prä­mien, etwa 1,5 Mil­lionen Euro im Jahr. Ein deut­scher Fuß­ball­jour­na­list, der sich im mitt­leren Lohn­sektor bewegt, muss für die­selbe Summe etwas mehr als 30 Jahre arbeiten, also fast sein gesamtes Berufs­leben lang. Heißt auch: Ein Bun­des­li­ga­profi ver­dient am Tag das, was ein Fuß­ball­jour­na­list im Monat ver­dient.

Eine Rech­nung, die man als Fuß­ball­jour­na­list tun­lichst nicht anstellen sollte, wenn man gerade vor dem Trai­nings­ge­lände eines belie­bigen Bun­des­li­gisten an der Schranke wartet, die die 1,5‑Millionen-Euro-Menschen von den 30-mal-so-wenig-Men­schen trennt, und die 21-jäh­rigen Fuß­baller in ihren Batman-Autos an einem vor­bei­pre­schen, gen Hori­zont, der irgendwo hin­term nächsten Kreis­ver­kehr liegt. Und man selbst steht da mit seinem regen­durch­weichten Notiz­block, in dem unter der Frage Wie geht’s?“ die Ant­wort Da müssen Sie den Trainer fragen“ steht.

Auch wenn ich zu rechnen ver­meide – in sol­chen Momenten träume ich den­noch manchmal von einer Art Soli­da­ri­täts­bei­trag der Profis an die Fuß­ball­jour­na­listen, die mit ihrer Arbeit ein recht pri­mi­tives Talent wie Kicken­können erst zur weithin bewun­derten Kunst­form erheben. Für ein markt­wert­stei­gerndes Adjektiv gibt es einen Hei­er­mann, für Euphe­mismen etwas mehr. Deal? Doch die Profis, sie hören mich schon nicht mehr, sie parken ja bereits vor der Eis­diele in der Fuß­gän­ger­zone.

Pierre Litt­barski weiß nichts davon. Aber er und ich, wir beide waren mal ganz kurz davor, ein sol­ches Geschäfts­ver­hältnis ein­zu­gehen, eine Soli­dar­ge­mein­schaft zu meinen Gunsten. Und damit wären wir bei den Schlümpfen.

Der letzte, der ent­schei­dende Schlumpf

Eines Abends schaute ich im Fern­sehen die RTL-Sen­dung Die 80er Jahre Show“ mit Oliver Geißen, in der sich Litti“ – wor­über soll man auch sonst reden, wenn man stun­den­lang lang neben Geißen auf dem Sofa sitzt? – als lei­den­schaft­li­cher Schlümpfe-Sammler offen­barte. Seine Kol­lek­tion sei fast voll­ständig, so der Welt­meister, nur ein Exem­plar fehle ihm noch: der Base­ball-Schlumpf! Und er sei durchaus bereit, für diesen höchst sel­tenen Schlumpf 10.000 Euro hin­zu­blät­tern. Neben ihm spielte die Ulk­nudel Hella von Sinnen unge­rührt Tetris auf einem Gameboy.

Ich aber war wie vom Donner gerührt: Ich – ja ich! – war im Besitz genau dieses Base­ball-Schlumpfes! Sofort rief ich meine Mutter an: Guck im Keller nach, ob der Base­ball-Schlumpf noch da ist!“ Ich hörte ihre Schritte auf der Treppe, Gewühle in einer Kiste, wieder Schritte. Ja, ist noch da.“ – Schick ihn mir! Gleich morgen früh! Tschüs!“ In der Nacht konnte ich kaum schlafen. Im Vor­ge­fühl nahenden Reich­tums. Und auch weil ich befürch­tete, meine Mutter könnte denken, ich spielte wieder mit Schlümpfen.

Zu Besuch beim Schlumpf­ana­lysten

36 Stunden später hielt ich den Base­ball-Schlumpf in Händen und rannte umge­hend in einen Laden in einem fins­teren Han­no­ve­raner Ein­kaufs­tunnel namens Pas­se­relle“, der mir auf­grund seines Sor­ti­ments (Rol­len­spiel­zu­behör, Rit­ter­fi­guren, T‑Shirts mit vor Monden heu­lenden Polar­wölfen drauf) geeignet schien, um den von Litti“ auf­ge­ru­fenen Wert des Base­ball-Schlumpfs zu veri­fi­zieren. Der Mann hin­term Tresen, der offenbar in dem Laden­ge­schäft zu über­nachten pflegte, sah mich aus gelben Augen an. Den Schlumpf wür­digte er keines Bli­ckes. Du bist schon der Fünfte, der mit so nem Ding ankommt“, hus­tete er. Die haben alle RTL geguckt. Ich geb’ dir n Zehner dafür. Maximum.“

36 Stunden lang hatte ich mich damals reich gewähnt, beschenkt von einem schlümp­fe­s­am­melnden Welt­meister. Doch für einen mick­rigen Zehner hätte ich wohl nicht einmal ein T‑Shirt mit einem vorm Mond heu­lenden Polar­wolf drauf bekommen. Ich behielt den Base­ball-Schlumpf. Mein Sohn spielte bis vor kurzem damit, dann riss er vor Lan­ge­weile den Gum­mi­schläger ab. Es wäre nun billig zu sagen: Ich kann ihm keinen neuen kaufen, weil ich Fuß­ball­jour­na­list bin und kein Bun­des­li­ga­profi.

Aber ich will kein Mit­leid.

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