In Duisburg und Bochum wurde Werner „Eia“ Krämer zur Ruhrpott-Legende. Zu Bundestrainer Helmut Schön sagte er: „Dat Biertrinken, dat können Sie mir nicht nehmen!“ Heute wäre er 80 Jahre alt geworden. Eine Erinnerung.
1966 – „Eia“ ist längst nicht mehr wegzudenken aus Duisburg – steht er im Kader für die Weltmeisterschaft in England. Kurz vor dem ersten Spiel gerät Krämer mit Bundestrainer Helmut Schön aneinander. Der Dresdener wirft dem schnellen Mann aus dem Ruhrgebiet übermäßigen Bierkonsum vor und befiehlt, den Alkoholgenuss einzustellen. Ben Redelings hat die Anekdote in seinem Buch „Dem Fußball sein Zuhause“ verewigt: „Völlig geschockt kam der Spieler des MSV nach dem Gespräch aus der Kabine, öffnete sich erst einmal ein schönes Pülleken Bier zu Beruhigung und trat dann, ohne weiter über die Konsequenzen nachzudenken, dem Bundestrainer erneut unter die Augen: „Wenn Sie so mit mir sprechen, Trainer, dann fahr ich lieber nach Hause. Denn dat Biertrinken, dat können Sie mir nicht nehmen!“
„Dat Biertrinken, dat können Sie mir nicht nehmen!“
Zu Hause lassen kann Schön den Biertrinker aus Leidenschaft nicht, „dann hätten seine Spieler gemeutert“, mutmaßt Redelings. Stattdessen straft ihn der Nationalcoach mit Verachtung, lediglich beim 2:1‑Erfolg gegen Spanien lässt Schön den Wirbelwind auflaufen. Und ein Jahr später endet mit einem lahmen 1:0‑Erfolg gegen Bulgarien die Nationalmannschaftskarriere von Werner Krämer nach nur 13 Einsätzen.
Für Hans Walitza, der ab 1969 als Mittelstürmer beim VfL Bochum mit Krämer ein großartiges Gespann bildet, immer noch eine der größten Verschwendungen von Talent in der deutschen Fußball-Geschichte. „Ich habe Jahre nach Eias Karriereende auf einer DFB-Veranstaltung Sepp Herberger getroffen. Er hat mir gesagt: „Der Krämer hätte locker 80 Länderspiele gemacht, wenn er nicht…“ Und dann hat Herberger eine bestimmte Geste gemacht.“ Der Alt-Bundestrainer ahmt Rauch- und Trinkbewegungen nach.
„Der Krämer hätte 80 Länderspiele machen können“
„Eia Krämer war ein Lebemann“, sagt Ben Redelings, der in seinem Film „Die 11 des VfL“ Heinz-Werner Eggeling zu Wort kommen lässt: „Ich war total geschockt, als ich als blutjunger Spieler beim VfL in die Kabine kam und Eia Krämer als Einziger dort saß und eine qualmte. Ich weiß sogar noch die Marke: Ernte 23.“
Bevor ihn sein alter Trainer aus Meidericher Zeiten, Hermann Eppendorf, 1969 zurück in die Heimat des Ruhrgebiets holt, spielt Krämer zwei Jahre lang beim Hamburger SV. Die Norddeutschen kratzen 1967 für den Hochbegabten die damalige Rekordsumme von 175.000 D‑Mark zusammen und lotsen ihn an die Elbe. Wirklich glücklich wird er dort nicht.
„Das war eine gewaltige Umstellung für einen Jungen aus dem Ruhrgebiet“, sagt der gebürtige Wattenscheider Willi Schulz, der vor seiner Zeit beim HSV fünf Jahre beim FC Schalke 04 über die Sportplätze grätschte. Drei Monate habe Krämer gebraucht, um sich in der Großstadt zu akklimatisieren. „Der Eia“, sagt Schulz, „war ein Kamerad durch und durch. Ehrlich und vor allem: loyal gegenüber seinen Mitspielern.“ Als sich der Neuzugang einen fahrbaren Untersatz kaufen möchte, unterschreibt er den Kaufvertrag noch in der Kabine. Torwart Horst Schnoor, nebenbei Autohausbesitzer, ist um einen Verkauf reicher.