Am Wochenende startet die irische Liga. Einer der Stars ist Joseph Cyrille N’Do. Der Spielmacher des aktuellen irischen Meisters Sligo Rovers fühlt sich ganz im Westen der Grünen Insel pudelwohl. Seine Karriere war derweil so wechselhaft wie das irische Wetter.
Dieser Text stammt von Florian Christoph, einem echten Experten für die irische Liga. Wer mehr über den Fußball in Irland erfahren möchte, ist auf seinem Blog bestens aufgehoben.
Man kann Joseph N’do eine Wandervogel nennen. Er spielte in sechs verschiedenen Ländern und für elf verschiedene Klubs. Als Stammspieler stand der Kameruner für die unbezähmbaren Löwen bei der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich in allen drei Gruppenspielen auf dem Platz und beeindruckte mit seiner eleganten und gleichzeitig dynamischen Art.
Es war der Durchbruch nach Europa: Zwei gute Jahre in der Schweiz bei Xamax Neuchâtel und dem französischen Erstligisten Racing Strasbourg folgten, doch dann bekam die so verheißungsvoll begonnene Karriere einen Knick. Racing stieg ab und N‘do verabschiedete sich Richtung Saudi-Arabien. Keine glückliche Karriereentscheidung, trotzdem gehörte er dem kamerunischen Kader für die Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea an, spielte dort unter Trainer Winnie Schäfer aber keine einzige Minute.
Die rettende Idee: Irland
Immerhin, ein englischer Verein klopfte wenig später an die Tür: Coventry City aus der englischen Championship. Nicht ganz Premier League, aber ein Anfang. Die Verträge waren unterschriftsreif, doch eine nicht erteilte Arbeitserlaubnis verhinderte den Wechsel. Es folgte die Flucht nach China, zu Chengdu Wuniu. Eine gute Zeit aus sportlicher Sicht, doch die Familie fühlte sich nicht wohl, wollte zurück nach Europa, möglichst England. Es gab Probleme mit der Arbeitserlaubnis in England und so rettete die Idee seines Beraters die weitere Karriereplanung: Irland! Die League of Ireland war zu diesem Zeitpunkt eine kleine aufstrebende Liga, in der sich professionelle Strukturen entwickelten, und auch entsprechende Gehälter gezahlt wurden.
Nah an der Champions-League-Sensation
In Irland flogen ihm die Bälle um die Ohren und die Stollen der Gegner um die Knöchel. „Zu Anfang fiel es mir schwer, mich an die irische Spielkultur zu gewöhnen“, sagt N’do. Nach einem Jahr bei St. Patrick’s Athletic wechselte er 2004 zum Shelbourne FC. Der Klub aus dem Dubliner Norden war zu diesem Zeitpunkt die ganz große Nummer in der League of Ireland und spielte deutlich gepflegteren Fußball als die meisten Ligakonkurrenten. Es sollte eine von Erfolg gekrönte Zeit sein. Ndo führte die Shels auf Anhieb zur Meisterschaft, und gehörte auch jener legendären Mannschaft an, die 2004 an der ganz großen Sensation schnupperte. In der Champions League Qualifikation schalteten die Shels den Kroatischen Meister Hajduk Split aus, um anschließend dem spanischen Spitzenklub Deportivo La Coruna ein torloses Remis abzuringen.
Der Traum von der Champions League Gruppenphase erfüllte sich letztlich nicht, für Shelbourne war es gar der Beginn vom Ende. Die Gehälter für den astronomisch teuren Kader konnten Ende 2006 nicht mehr gezahlt werden, der Zwangsabstieg folgte. Joseph N’do zog weiter, mit immerhin zwei Meistertiteln im Gepäck. Zurück zu den Pats, dann weiter zu den Shamrock Rovers und anschließend zu den Bohemians. Damit gehört Joseph Ndo jener elitären und äußerst kleinen Gilde an, die bei allen vier großen Dubliner Klubs gespielt hat. Mit den Bohs holte Ndo anschließend das Double aus Meisterschaft und Pokal. So wurde Kameruns Nationaltrainer Paul Le Guen auf den Spielmacher aufmerksam und machte ihm berechtige Hoffnungen auf eine Weltmeisterschaftsteilnahme in Südafrika. Unter der einen Bedingung, dass N‘do seine Spielkünste künftig auf höherem Niveau beweisen würde.
Irisches Barcelona
Am Ende kam alles anders. Ein kolportierter Wechsel in die belgische erste Liga fiel ins Wasser, N‘do verzichtete auf die WM und blieb stattdessen dort, wo er sich wohl fühlte: in Irland. Trotzdem verließ er die Bohemians nach nur einem Jahr, und stellte sich einer ganz neuen Herausforderung. Über die Jahre hatte sich der Kameruner einen großen Namen in Irland gemacht, er war und ist bis heute der größte Star der Liga. Umso erstaunlicher sein Wechsel ins beschauliche Sligo, das direkt am Atlantik, ganz im Westen der Insel, liegt. Die Rovers waren zu diesem Zeitpunkt ein aufstrebender Verein, mit einer klaren Spielphilosophie unter dem charismatischen Trainer Paul Cook. Dieser verpönte lange Bälle und verordnete seinem Team ein an den FC Barcelona orientiertes Kurzpass-Spiel. N‘do und Sligo – das sollte also passen.
Mit 36 Jahren fängt die Karriere erst richtig an
Bereits damals sprach der Kameruner von einem möglichen Gewinn des Meistertitels. Zu einem Zeitpunkt, als in Sligo daran noch niemand zu wagen geträumt hätte. N‘do behielt am Ende Recht. Zwei Pokalerfolge und eine Vizemeisterschaft später sollt es in Sligo nach über 35 Jahren zum ersten Mal wieder eine Meisterschaft zu feiern geben. Ein junges und talentiertes Team, angeführt vom 36-jährigen Joseph Ndo, dessen Beine nicht mehr ganz so flink sind wie in früheren Tagen, aber der noch immer mit dem Ball am Fuß zu verzaubern weiß. Auf dem Spielfeld ist er der geniale Spielantreiber, neben dem Platz fungiert er als einflussreiche Figur, die den jungen Spielern als Leitbild dient.
Der größte Star im irischen Fußball
Man möchte meinen, das für einen Mann wie Joseph N‘do, der so viel erlebt und gesehen hat in seiner langen Karriere, der vor allem viele Titel und Trophäen gewonnen hat, darüber hinaus 21-facher Nationalspieler seines Landes ist, eine solche Meisterschaft, gewonnen im Herbst der Karriere, nicht mehr die ganz große Bedeutung hat. Doch weit gefehlt. Es ist dieser möglicherweise letzte Titel in einer bewegten Laufbahn, die dem weit gereisten Mittelfeldstrategen so viel bedeutet. Es sagt viel aus über den Charakter des Kameruners, wenn er während eines Interviews für die Sligo Rovers-„Champions DVD“, auf die Frage, wie wertvoll dieser Titel für ihn sei, nach Worten sucht und um Fassung ringt. Es zeigt auch, dass Fußball so viel mehr sein kann als Premier League und Millionen-Gehälter. Auch der Gewinn des Meistertitels in einer kleinen und eher unbedeutenden Fußballliga kann eine immense Bedeutung haben.
Diese Nähe und Puristik ist eine der elementaren Charakterzüge des irischen Fußballs, aber es ist auch eine elementare Eigenschaft des Joseph N‘do. Und vielleicht fühlt er sich gerade deswegen in Irland so viel heimischer als in allen anderen Ländern, in denen er zuvor gespielt und gelebt hat. Und darum hängt der Kameruner, der im April seinen 37. Geburtstag feiert, noch eine weitere Saison in Sligo dran.