Im Champions-League-Viertelfinale gegen Borussia Dortmund schoss Youssef En-Nesyri zwei Tore. Nun sollen ihn der BVB und sogar Manchester United auf dem Zettel haben. Dabei galt der hoch veranlagte Stürmer längst als gescheitert.
Schnell vorwärts zum Januar 2020: In Andalusien ist der FC Sevilla auf Stürmersuche. Vor der Saison sind Wissam Ben Yedder und Luis Muriel zur AS Monaco beziehungsweise zu Atalanta Bergamo gewechselt, im Winter folgen die Abgänge von Munas Dabbur (Hoffenheim) und Javiér „Chicharito“ Hernández (LA Galaxy). Die Wahl des angesehenen Sportdirektors Monchi fällt auf Youssef En-Nesyri. Stolze 20 Millionen Euro gibt der FC Sevilla für den Marokkaner aus – ein hohes Risiko, meinen viele. Seine Bilanz bei Leganés ist alles andere als überragend. Überschaubare neun Tore hat er in seiner ersten Saison in Madrid geschossen, in seiner letzten halben kommt er nur auf vier. Weshalb die Leute abermals über die hohe Ablösesumme staunen.
Doch En-Nesyri weist seine Kritiker zurecht. Und sorgt auch mit seinen Leistungen auf dem Platz für offene Münder. Beim 2:0 im Achtelfinale der Europa League gegen AS Rom etwa, als er mit einem Treffer wesentlich zum Sieg beiträgt. Wenige Monate später gewinnt die Mannschaft von Julen Lopetegui den Titel. Für richtig Aufruhr sorgt der 23-Jährige aber erst in dieser Saison. Seine bisher grandiose Bilanz: 21 Tore in 42 Spielen. Aktuell ist der Stürmer Fünfter der Torschützenliste in Spanien – acht Tore hinter Lionel Messi. Seine Torquote in der Champions League ist noch beeindruckender: sechs Treffer in acht Spielen. Das hat dazu geführt, dass Borussia Dortmund ihn nun auf der Liste potenzieller Nachfolger für Erling Haaland haben soll. Doch nicht nur der BVB wird mit ihm in Verbindung gebracht. Die beiden Mailand-Klubs AC und Inter sowie Manchester United und der FC Liverpool sollen ebenfalls Interesse an En-Nesyri zeigen.
„Er ist am idealen Ort“
Dabei bleibt die Frage: Warum wurde der 1,89-Meter große Stürmer viele Jahre kaum beachtet? Talente wie etwa Erling Haaland, Kylian Mbappé, Youssofa Moukoko und Marcus Rashford waren schon mit 18 und 19 Jahren weltweit bekannt. Lange galt En-Nesyri nur als eines von vielen durchschnittlichen Fußballtalenten. „Technisch begrenzt, schlechte Ballannahmen und einer, der genau so oft auf wie neben das Tor schießt“ – das war sein Ruf, als er Málaga verließ, so Lowe im Guardian. Und noch immer zeigt der junge Hoffnungsträger zuweilen Schwächen – etwa mit seinem rechten Fuß (En-Nesyri ist Linksfüßer). Zu oft rennt er ins Abseits, zu selten spielt er ab. Doch seine Entwicklung zeigt, dass er bald bereit für größere Aufgaben sein könnte.
Trainer Lopetegui rät zur Besinnung und hofft auf einen Verbleib in Andalusien: „Er ist am idealen Ort.“ In der marokkanischen Nationalmannschaft ist En-Nesyri längst Stammkraft. Kürzlich qualifizierte sich die Mannschaft für die kommende Afrikameisterschaft. Mit Teamkollegen wie Munir El Haddadi, Hakim Ziyech und Achraf Hakimi besteht die Hoffnung, dass Youssef En-Nesyri auch mit der Nationalmannschaft viel erreichen kann. Außerdem ist es ja so: En-Nesyri ist zwar jahrelang unterm Radar geflogen – aber er ist auch immer noch erst 23 Jahre alt.