Auch der FC Liverpool, einer der reichsten Klubs der Welt, leidet unter Corona – vor allem die Mitarbeiter am unteren Ende der Nahrungskette: Rund 60 von ihnen leben aktuell von Care-Paketen und Spenden.
In der Geschäftsstelle des FC Liverpool, so ist zu vernehmen, machen immer wieder kleine Sammelbüchsen die Runde. Wer will und kann, steckt ein Scheinchen hinein. Oder zwei. Andere packen Tüten mit Lebensmitteln. Brot, Baked Beans, ein bisschen Milch. Auch mal Cornflakes. Laut „Daily Mail“ sammeln die Mitarbeiter für jene Kollegen, die aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage kein Einkommen mehr haben. Weil sie zum Beispiel als freiberufliche Stadion-Tourguides oder als Aushilfen im Klubmuseum tätig sind. Oder besser: tätig waren. Das Virus hat ihnen die Ausübung ihrer Berufe größtenteils unmöglich gemacht. Und der Verein, jener große FC Liverpool, der gerade sein 50 Millionen Pfund teures neues Trainingsgelände vorgestellt hat, lässt sie im Regen stehen.
Jener FC Liverpool, der im Sommer die Herren Thiago Alcantara (vom FC Bayern), Diogo Jota (Wolverhampton Wanderers) und Konstantinos Tsimikas (Olympiakos Piräus) für zusammen knapp 80 Millionen Euro Ablöse gekauft hat und der nach der Knieverletzung von Virgil van Dijk intensiv über die Verpflichtung eines weiteren hochkarätigen Innenverteidigers nachdenkt. Jener FC Liverpool also, dessen Profis im April einen Gehaltsverzicht dankend abgelehnt hatten, sieht verschämt zu, wie einfache Angestellte Care-Pakete für ihre Kollegen packen. Bezahlt von eher kargen Löhnen. Zugestellt in privater Eigeninitiative. Außerhalb der Arbeitszeit.
Dem Vernehmen nach hat der FC Liverpool rund 60 Kräfte, die bislang auf Stundenbasis bezahlt worden waren, auf null heruntergesetzt – auf null Stunden Arbeit, was folglich auch null Bezahlung ergibt. Das geht aus einem anonymen Reddit-Post eines Vereinsmitarbeiters hervor. Zum Beweis lud der Whistleblower einen ewig langen Chatverlauf hoch, in dem gleich mehrere Mitarbeiter von existenziellen Nöten berichten. Einer schrieb: „Ich habe keine Ahnung, wie ich das hier überleben soll. Ich habe diese Woche bislang null Stunden gearbeitet.“ Ein anderer vermisst nicht nur sein Geld, sondern auch sonst jegliche Unterstützung vonseiten des Vereins: „Schon die kleinste Zuwendung könnte Wunder wirken für unsere seelische Gesundheit.“
Offenbar gewährt der FC Liverpool den Betroffenen nicht einmal Informationen darüber, ob und wie es für sie weitergehen soll: „Wir alle waren während der Sommerferien extrem loyal und haben unser Bestes gegeben“, textete ein dritter Mitarbeiter, „aber jetzt bekommen wir nicht einmal ein Update. Es ist herzzerreißend, wenn man bedenkt, wie wir diesen Klub lieben.“
Ein Sprecher des FC Liverpool räumte die Vorwürfe gegenüber der „Daily Mail“ weitgehend ein: „Zu Beginn des Lockdowns im März war es unsere Mission, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu schützen. Deshalb haben wir unseren Gelegenheitsarbeitern das gezahlt, was sie erhalten hätten, wenn die Fußballspiele nicht ausgesetzt worden wären. Wir haben dies vier Monate lang getan, was in hohem Maße eine Zahlung aus Goodwill war.“ Doch damit scheint es nun vorbei zu sein: „Jetzt, fast acht Monate nach Beginn der Pandemie, ist es nicht zu leugnen, dass unser Club wie viele andere Unternehmen einen enormen Umsatzrückgang verzeichnet, der sich auf unsere Fähigkeit ausgewirkt hat, so wie bisher weiterzumachen.“