Deutschland gegen Irland, da kommen schlimme Erinnerungen hoch. Damals, vor 20 Jahren, im Niedersachsenstadion zu Hannover, als der amtierende Weltmeister sein Testspiel gegen Irland verlor – und die schlechte Form bis zur WM in den USA rettete.
Das kommt davon, wenn deutsche Nationalspieler mal Fünfe gerade sein lassen wollen. Zwei Tage vor dem Freundschaftsspiel der DFB-Auswahl gegen Irland am 29. Mai 1994, dem vorletzten Test vor der Weltmeisterschaft in den USA, hatte Bundestrainer Berti Vogts seinen Spielern die Erlaubnis zum Sau rauslassen gegeben. „Aktive Regeneration“ nannte das der DFB-Tross, als einer der Nationalelf-Ausrüster mit Wein, Weib und Gesang in der mausgrauen Sportschule Malente aufkreuzte und die Herren Profifußballer zur kollektiven Conga-Schlange ermunterte.
Selbst Verbandskoch Fritz Westermann hatte man in einem Anflug von Laissez-faire einen Tag freigegeben. Verschiedene taktische Fehler mit Folgen: Als Westermann am nächsten Morgen wieder in Malente aufkreuzte, blieb ein Platz beim Abendessen frei: Jürgen Klinsmann waren weder Wein, noch Weib, noch Gesang und vor allem nicht verbandsfernes Essen bekommen. Der Stürmerstar reiherte sich die Seele aus dem Leib.
0:2 im Niedersachsenstadion
Zwei Tage später verlor Deutschland ein Testspiel gegen Irland mit 0:2. Mit Jürgen Klinsmann auf dem Platz. Die Torschützen für Irland hießen Tony Cascarino und Gary Kelly. Kennt heute niemand mehr. Wohl aber den Ort des Grauens, das mit 50.000 Zuschauern prall gefüllte Niedersachsenstadion zu Hannover, dem der „Kicker“ eine „fantastische Stimmung im riesigen Oval neben dem Maschsee“ attestierte. Ein Schauplatz, „wo sonst vor 5000 Unentwegten von Hannover 96 trostloser Zweitliga-Fußball präsentiert wird“. Wie sich die Zeiten ändern. Heute hat Hannover 96 eine attraktive Bundesligamannschaft zu bieten, Gary Kelly (430 Spiele für Leeds United!) hat seine Karriere längst beendet, und die Auswahl von Jogi Löw verbindet mit den Vogts/Malente/Klinsmann-Zeiten nur noch angestaubte DFB-Geschichte.
Die Pleite vom 29. Mai hatte damals weitreichende Folgen, vielleicht verhinderte sie sogar eine echte Chance der deutschen Nationalmannschaft auf die Titelverteidigung. Denn: gut war der Weltmeister von 1990 auch vier Jahre später noch. Jedenfalls auf dem Papier. Gegen Irland schickte Vogts Illgner, Matthäus, Kohler, Strunz, Basler, Buchwald, Sammler, Wagner, Möller, Riedle, Klinsmann, Berthold, Häßler, Effenberg und Völler auf den Platz. Sounds like Topfavorit.
Aber ach, die Zeit hatte ihre Furchen in den Kader gefressen, als das Turnier knapp einen Monat nach der Niederlage gegen Irland mit dem deutschen Auftaktspiel gegen Bolivien begann, hieß der jüngste Spieler im Kader Oliver Kahn (25), betrug das Durchschnittsalter 29,1 Jahre. So einen Schnitt erreicht heutzutage wahrscheinlich noch nicht einmal das DFB-Trainerteam. Die Mannschaft war alt, aber das war nicht einmal ihr Hauptproblem. Sie war einfach keine Mannschaft.