Vor dem Champions-League-Achtelfinale gegen Real Madrid hat Manchester City beim CAS Berufung gegen den Ausschluss aus dem Europapokal eingelegt. Dass es überhaupt so weit gekommen ist, ist ein modernes Fußballwunder – zumindest ein kleines.
Im Dezember 2016 veröffentlichte der Spiegel seine erste Titelgeschichte zu den „Football Leaks“. Auf zwei verschiedenen Covern waren Mesut Özil und Cristiano Ronaldo zu sehen, darunter prangte jeweils die Zeile: „Die Geldmacher: Die schmutzigen Geschäfte der Fußball-Superstars“. Die Reporter hatten soundsoviele Terabyte an Daten und noch mehr Tonnen an Dokumenten ausgewertet. Sie zeichneten nach, wie Mesut Özil, Cristiano Ronaldo, Jose Mourinho und andere Fußballstars bei der Steuerabführung tricksen. Außerdem veröffentlichten sie Spielerverträge mit dubiosen Klauseln. Sie zeigten die unersättliche Gier des Fußballgeschäfts.
Es war eine wichtige und große Recherche, und vielleicht hätte sie zu einem früheren Zeitpunkt den Fußball in seinen Grundfesten erschüttert. Ende 2016 aber fand die Geschichte kaum Widerhall. Die Ausgabe verkaufte sich schlecht, und auch die Reaktionen der Leser waren verhalten. Der Tenor: Danke für die Information, aber was, um alles in der Welt, habt ihr anderes erwartet? Anstand? Nächstenliebe?
Albert Camus schrieb 1957 in seinem bekannten Essay in der France Football: „Alles, was ich im Leben über Moral oder Verpflichtungen des Menschen gelernt habe, verdanke ich dem Sport.“ Bei späteren Zitierungen wurde das Wort „Sport“ häufig durch „Fußball“ ersetzt, und vermutlich hätte Camus nichts dagegen gehabt, er war ein leidenschaftlicher Torhüter und Fan von Racing Paris.
Jedenfalls, an diese Idee wollte man gerne glauben. Dass der Fußball einem etwas für das Leben mitgibt: Moral, Werte, eine Haltung, wenigstens eine Ahnung. Aber man musste sich nichts vormachen, seit es professionellen Fußball gibt und Geld im Spiel ist, war er nie gefeit vor kleinen Betrügereien und kriminellen Machenschaften im großen Stil. 1971 war gefühlt jeder zweite Profiverein im sogenannten Bundesligaskandal verstrickt.
Aber damals hatte man das Gefühl, dass sich die Leute etwas daraus machen. Die Stadien wurden leerer, und die Manipulatoren wurden bestraft. Einige Profis beendeten ihre Karrieren, andere flüchteten ins Ausland. Arminia Bielefeld und Rot-Weiß Oberhausen mussten zwangsabsteigen.
„Das Financial Fairplay gewährleistet, dass die großen Vereine groß bleiben und die Kleinen klein.“
Nach den Football-Leaks-Enthüllungen 2016 ging es weiter wie davor. Die Superanwälte und Supersteuerexperten der Superstars fanden neue Super-Schlupflöcher, während Verbände wie die UEFA, allen voran Superpräsident Michel Platini, verkündeten, dass bald alles besser werde, denn man habe ja das Financial Fairplay eingeführt. Zumindest die Vereine, die unlautere Methoden anwenden, würde man nun drankriegen.
Das neue Reglement entpuppte sich als zahnloser Tiger. Ein Beispiel unter vielen: Paris Saint-Germain wurde in der Saison 2013/14 nicht mit eine Sperre belegt, obwohl die Bilanz des Vereins laut UEFA gegen das Financial Fairplay verstieß. Die immens hohen Spielergehälter wurden durch einen „nicht marktüblichen“ Zuschuss der katarischen Tourismusbehörde finanziert. Der Verein übte aber Druck auf den Verband auf, der danach von Sanktionen absah. PSG musste lediglich eine Geldstrafe zahlen, die er vermutlich aus der Kaffeekasse entnahm. Wenig später verpflichtete er Angel Di Maria für 63 Millionen Euro. Party on!
„Das Financial Fair Play gewährleistet strukturell, dass die großen Vereine groß bleiben und die kleinen Vereine klein“, sagte Frank Koch, Leiter des Sportrechteteams bei der Kanzlei Taylor Wessing, damals in der FAZ – und er hatte Recht damit.