Rudi Völler, Miro Klose, Gerd Müller, der Mittelstürmer blickt in Deutschland auf eine lange Tradition zurück. Doch der klassische Torjäger im Angriffszentrum ist aus der Mode gekommen. Was ist nur passiert?
Will man im Nachwuchsbereich konkrete Namen erfahren, wird es erstaunlich ruhig. Die Ausbilder scheuen sich, Spieler zu benennen und ihnen so den Druck aufzubürden, als der kommende deutsche Mittelstürmer zu gelten. Ein Name, der zumindest hinter vorgehaltener Hand öfter fällt: der des Supertalents Johannes Eggestein. Der 18-Jährige schoss in den Juniorenteams des SV Werder und auch für den DFB ein Tor nach dem anderen. Im Juni unterzeichnete er seinen ersten Profivertrag in Bremen.
Zur Heim-EM der U19 durfte jedoch der Dortmunder Janni Serra, der vor allem durch seine Körpergröße von 1,93 Metern und die robuste Statur auffällt. Serras Qualitäten als Mittelstürmer wurden dabei erst spät entdeckt. Bis zu seinem 16. Lebensjahr spielte er auf der Position des Innenverteidigers. Dann hatte der Dortmunder U17-Trainer Hannes Wolf die Idee, ihn als Stürmer einzusetzen. Das Risiko zahlte sich aus: In seinem ersten Spiel auf der Position schoss der inzwischen 18-Jährige zwei Tore und drehte die Partie nach einem 0:1‑Rückstand.
Vor allem der Übergang zwischen Junioren – und Seniorenberich ist schwierig
Ebenfalls ein Mittelstürmer von morgen könnte Cedric Teuchert sein, Angreifer des 1. FC Nürnberg und U19-Nationalspieler. Der 1,82-Meter-Brecher stand wie Serra bei der U19-Europameisterschaft im deutschen Aufgebot und schoss ein Tor. Hansi Flick hat alle drei auf dem Zettel: „Wir haben in unseren U‑Teams viele Talente, die nachkommen. Sie müssen sich aber kontinuierlich weiterentwickeln und sich dem Tempo anpassen, denn der Übergang zwischen Junioren- und Seniorenbereich ist eine wichtige Entwicklungsstufe.“
Es gibt sie also doch noch: die Männer ohne Nerven, die sich im engmaschigen Abwehrnetz durchsetzen können. Bei der WM 2018 werden die Talente wohl noch zu jung sein. Bis dahin wäre Mario Gomez mit dann 32 Jahren zumindest noch eine Alternative. Gomez hat gelernt, dass seine Position vielleicht nicht mehr so hip sein mag, dass er aber nach wie vor gebraucht wird: „Es muss immer einen geben, der in der Mitte das Ding verwertet“, so Gomez, „denn es gibt nur einen, der seinen fast schon kindlichen Spieltrieb mit Killerinstinkt verbindet: Lionel Messi. Alle anderen brauchen einen, der abschließt.“ Es wäre also nicht nachteilig, wenn sich hierzulande wieder mehr Angreifer entwickeln, die den Torriecher haben und den Herausforderungen des Kombinationsfußballs gewachsen sind. Und das Wichtigste: Die für junge deutsche Fußballer wieder zum Vorbild taugen.