In Wolfsburg gründen italienische Gastarbeiter 1962 den ersten Migrantenverein Deutschlands: U.S.I. Lupo-Martini. Beinahe hätten sie sogar dem großen VfL den Rang abgelaufen.
Es gibt einige Parallelen zwischen den Berliner Türken von Türkiyemspor und den Wolfsburger Italienern. In Berlin wurde etwa jahrelang der Atatürkpokal ausgespielt, ausgerichtet von den Konsulatsstellen in Deutschland. In regionalen Vorrunden qualifizierten sich die Teams, um den Meister unter den Deutsch-Türken auszuspielen. Er hatte für die Spieler einen höheren Stellenwert als die reguläre Meisterschaft. „Gab’s bei uns auch“, schmatzt Lochiatto. An einem Wochenende reisten alle Italiener mit Bussen aus den Kolonien des Landes nach Wolfsburg. Es sind die Hochfeste der Gastarbeiterkultur, einerseits. Für Kritiker verstärken sie aber auch den Eindruck, dass Fußball auch Abschottung bedeutet.
Lupo-Martini hat sich aber geöffnet. Heute spielt kaum noch ein Italiener in der Oberliga-Mannschaft. Über 6000 Landsleute leben zwar noch immer in der Stadt, aber „irgendwann musst du dir die Frage stellen: was wollen wir? Und für die Oberliga reichen nicht nur Italiener“, weiß Rocco Lochiatto. Oberliga, das ist heute kaum noch mit Amateuren zu bestreiten. Deutsche, Polen, Kroaten, Ghanaer – genau genommen interessiert das aber auch niemanden.
Immer noch Vorbild für Vereine in ganz Deutschland
Trainer ist Ex-Bundesligaprofi Detlev Dammeier, der längst keine Regularien mehr beachten muss, aus welchen Ländern seine Spieler stammen. Und der Ascheplatz ist einem modernen Kunstrasen gewichen. Der Verein, so vielfältig wie seine Stadt und ihre Einwohner. „Früher war jeder Italiener bei Lupo“, sagt Genetiempro, „heute ist das nicht mehr unbedingt der Fall.“ Aus dem „Italiana“ in U.S.I. ist längst ein „Internazionale“ geworden. „Früher“, das ist für Peppino Genetiempro die Zeit, in der das Trikot der eigenen Gemeinde noch die Welt für einen jungen Mann bedeuten konnte. Nach der Schicht noch auf den Platz? Das war an manchen Tagen der pure Schmerz, der durch die Muskeln schoss. Wer zum Rudel der Wölfe gehören wollte, musste was dafür tun.
Heute hat Lupo-Martini andere Sorgen. Als Absteiger versucht sich der Verein neu in der Oberliga zu etablieren. „Langsam wird es Zeit“, sagt Coppi, der den Verein unbedingt noch einmal in die Regionalliga Nord führen möchte. Beim Aufstieg vor zwei Jahren war das Postfach von Lupo-Martini, trotz der großen Klappe, bis zum Rand gefüllt. Migrantenvereine aus ganz Deutschland hatten den Pionieren aus Wolfsburg gratuliert.