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Seite 2: „Dann bin ich schleunigst heim, sonst wäre ich vermöbelt worden“

Ist Ihnen der sport­liche Ehr­geiz ver­loren gegangen?
Absolut nicht, ich kann nicht einmal im Trai­ning ver­lieren. Wenn wir zurück­liegen und ich von meinen Team­kol­legen noch Sprüche gedrückt bekomme, dann gebe ich 110 Pro­zent und mache not­falls alles alleine.

Sie spre­chen jetzt von 110 Pro­zent im Trai­ning. Zu Beginn Ihrer Kar­riere wurde Ihnen auf­grund Ihres Talents eine große Zukunft vor­her­ge­sagt, trotzdem hat es zur Pro­fi­kar­riere nicht wirk­lich gereicht. Warum?
Ich war zu naiv und nicht reif genug fürs Geschäft. Ich wollte ein­fach nur Fuß­ball­spielen. Wir waren zu Beginn mit Spie­lern wie Bas­tian Oczipka, Fin Bartels oder Marcel Schied unter­wegs und oft feiern. Die Jungs haben die Kurve bekommen. Fin Bartels, zum Bei­spiel, hat sich nach einem halben Jahr um 180 Grad – ach was, um 360 Grad – gedreht und ist über­haupt nicht mehr weg­ge­gangen. Ich dagegen habe es fort­ge­führt und mir nicht so viele Gedanken gemacht.

Konnten Sie als Fuß­ball­profi über­haupt in Ros­tock feiern gehen?
Man muss das nur zum rich­tigen Zeit­punkt machen. Als wir mit Hansa gegen den Abstieg gespielt haben, ging mir mal ein Fan an den Kragen und sagte: Was machst du hier? Du hast hier nichts ver­loren! Ver­zieh dich!“ Dann bin ich schleu­nigst heim, sonst wäre ich ver­mö­belt worden.

Wie sind die Ver­ant­wort­li­chen von Hansa mit Ihren Eska­paden umge­gangen?
Bei Ros­tock haben viele Leute auf mich ein­ge­redet. Paule Bein­lich und René Ryd­le­wicz sagten in Dau­er­schleife zu mir, wenn ich so wei­ter­mache, würde ich irgend­wann 115 Kilo auf den Rippen haben und Kreis­liga spielen. Falsch gedacht: Heute sind es 137 Kilo.

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Kevin Pan­ne­witz spricht über die schwere Zeit bei Wolfs­burg und den Tod seiner Mutter.

Jens Kuiper

Damals sind Sie mit 20 Jahren von Hansa Ros­tock zum VfL Wolfs­burg gewech­selt. Wie haben Sie Feiern und Trainer Felix Magath unter einen Hut bekommen? 
Ich habe zu dieser Zeit eine Menge inves­tiert, so viel trai­niert wie nie und ging auch nicht mehr oft feiern. Als Magath mich geschliffen hatte, war ich fitter denn je.

Können Sie das kon­kre­ti­sieren?
Ich war bei 89 Kilo – tiefer geht es nicht. Ich bin 1.86 Meter groß, wenn ich nur 86 Kilo wiege, sehe ich aus wie ein Mager­süch­tiger. 

Wie sah das Trai­ning unter Magath aus?
Ich kann mich noch an eine Ein­heit erin­nern, da kam ich gerade aus einer Krank­heits­pause zurück. Eine Stunde lang sind wir um den Platz gerannt und haben Inter­vall­läufe gemacht. Magath hat gepfiffen und wir sind gerannt. Danach haben wir ein Spiel gemacht und beim ersten Antritt bekam ich einen Krampf. Ich lag auf dem Boden und war völlig kaputt. Wer bei Magath Schwäche gezeigt hat, war für ihn nicht gut genug. Er sagte zu mir, ich solle zur Seite raus­rut­schen. Den anderen rief er zu: Lasst den liegen!“ Glauben Sie, da wäre ein Phy­sio­the­ra­peut gekommen und hätte mir geholfen? 

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In der Saison 2012/13 spielte Kevin Pan­ne­witz beim VfL Wolfs­burg, bestritt dabei jedoch kein ein­ziges Bun­des­li­ga­spiel. Er hätte sich eine Beloh­nung für die harte Arbeit gewünscht.

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Trotz der harten Arbeit haben Sie nicht ein ein­ziges Bun­des­li­ga­spiel bestritten.
Ich stand nicht einmal im Kader. Magath hat mich noch nicht als Bun­des­li­ga­spieler gesehen. Wäre ich mal im Kader gewesen und er hätte mich belohnt für die Arbeit, wäre das geil gewesen. Und wenn es nur zwei Minuten in der Nach­spiel­zeit gewesen wären, um die Erfah­rung zu sam­meln. Statt­dessen wurde ich in die Zweite geschickt. Da bin ich zusam­men­ge­bro­chen.

Zeit­gleich erkrankte Ihre Mutter an Krebs.
Ich habe gemerkt, dass Fuß­ball nicht alles im Leben ist. Mir hat das völlig die Lust am Kicken genommen. Ich würde nie wieder gegen einen Ball treten, wenn meine Mutter dafür noch leben würde.