Kevin Pannewitz galt als Supertalent, doch seine Karriere scheiterte gleich zweimal an Gewichtsproblemen. Wir sprachen mit ihm über seine Karriere.
Ist Ihnen der sportliche Ehrgeiz verloren gegangen?
Absolut nicht, ich kann nicht einmal im Training verlieren. Wenn wir zurückliegen und ich von meinen Teamkollegen noch Sprüche gedrückt bekomme, dann gebe ich 110 Prozent und mache notfalls alles alleine.
Sie sprechen jetzt von 110 Prozent im Training. Zu Beginn Ihrer Karriere wurde Ihnen aufgrund Ihres Talents eine große Zukunft vorhergesagt, trotzdem hat es zur Profikarriere nicht wirklich gereicht. Warum?
Ich war zu naiv und nicht reif genug fürs Geschäft. Ich wollte einfach nur Fußballspielen. Wir waren zu Beginn mit Spielern wie Bastian Oczipka, Fin Bartels oder Marcel Schied unterwegs und oft feiern. Die Jungs haben die Kurve bekommen. Fin Bartels, zum Beispiel, hat sich nach einem halben Jahr um 180 Grad – ach was, um 360 Grad – gedreht und ist überhaupt nicht mehr weggegangen. Ich dagegen habe es fortgeführt und mir nicht so viele Gedanken gemacht.
Konnten Sie als Fußballprofi überhaupt in Rostock feiern gehen?
Man muss das nur zum richtigen Zeitpunkt machen. Als wir mit Hansa gegen den Abstieg gespielt haben, ging mir mal ein Fan an den Kragen und sagte: „Was machst du hier? Du hast hier nichts verloren! Verzieh dich!“ Dann bin ich schleunigst heim, sonst wäre ich vermöbelt worden.
Wie sind die Verantwortlichen von Hansa mit Ihren Eskapaden umgegangen?
Bei Rostock haben viele Leute auf mich eingeredet. Paule Beinlich und René Rydlewicz sagten in Dauerschleife zu mir, wenn ich so weitermache, würde ich irgendwann 115 Kilo auf den Rippen haben und Kreisliga spielen. Falsch gedacht: Heute sind es 137 Kilo.
Damals sind Sie mit 20 Jahren von Hansa Rostock zum VfL Wolfsburg gewechselt. Wie haben Sie Feiern und Trainer Felix Magath unter einen Hut bekommen?
Ich habe zu dieser Zeit eine Menge investiert, so viel trainiert wie nie und ging auch nicht mehr oft feiern. Als Magath mich geschliffen hatte, war ich fitter denn je.
Können Sie das konkretisieren?
Ich war bei 89 Kilo – tiefer geht es nicht. Ich bin 1.86 Meter groß, wenn ich nur 86 Kilo wiege, sehe ich aus wie ein Magersüchtiger.
Wie sah das Training unter Magath aus?
Ich kann mich noch an eine Einheit erinnern, da kam ich gerade aus einer Krankheitspause zurück. Eine Stunde lang sind wir um den Platz gerannt und haben Intervallläufe gemacht. Magath hat gepfiffen und wir sind gerannt. Danach haben wir ein Spiel gemacht und beim ersten Antritt bekam ich einen Krampf. Ich lag auf dem Boden und war völlig kaputt. Wer bei Magath Schwäche gezeigt hat, war für ihn nicht gut genug. Er sagte zu mir, ich solle zur Seite rausrutschen. Den anderen rief er zu: „Lasst den liegen!“ Glauben Sie, da wäre ein Physiotherapeut gekommen und hätte mir geholfen?
Trotz der harten Arbeit haben Sie nicht ein einziges Bundesligaspiel bestritten.
Ich stand nicht einmal im Kader. Magath hat mich noch nicht als Bundesligaspieler gesehen. Wäre ich mal im Kader gewesen und er hätte mich belohnt für die Arbeit, wäre das geil gewesen. Und wenn es nur zwei Minuten in der Nachspielzeit gewesen wären, um die Erfahrung zu sammeln. Stattdessen wurde ich in die Zweite geschickt. Da bin ich zusammengebrochen.
Zeitgleich erkrankte Ihre Mutter an Krebs.
Ich habe gemerkt, dass Fußball nicht alles im Leben ist. Mir hat das völlig die Lust am Kicken genommen. Ich würde nie wieder gegen einen Ball treten, wenn meine Mutter dafür noch leben würde.