Der Deutsche Paul Rütschi hat eine Fußballliga in Malawi gegründet. Wie kam es dazu? Und was hat Matthias Opdenhövel damit zu tun?
Paul Rütschi, Sie haben gemeinsam mit Ruben Hoffmann eine Fußballliga in Malawi gegründet. Wie kamen Sie auf diese abwegige Idee?
Vor zwei Jahren bin ich in vier Wochen vom Senegal nach Gambia gereist – mit Mitfahrgelegenheiten, öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß und teilweise mit Holzbooten von Fischern. Ich war mittendrin im Leben der Einheimischen und habe auch die Missstände gesehen. Zum Beispiel die Mangelernährung. Und man sieht viele Kinder, die auf der Straße leben, von Drogen abhängig sind und nicht zur Schule gehen. Trotzdem habe ich mich in diesen Kontinent verliebt und mir gesagt, dass ich nach dem Studium etwas Sinnvolles in Afrika machen will.
Eine Fußballliga?
Nicht direkt. Ich habe einen Förderverein aus der Nähe Bambergs angeschrieben, der ein Waisenhaus in Malawi betreibt. Für dieses Waisenhaus wollte ich einen Spielplatz bauen. Ich habe Geldspenden in meinem Freundeskreis gesammelt, eine Facebook- und eine Internetseite eingerichtet. So hat das alles Gestalt angenommen. Bis ich mich gefragt habe: Woher kommen diese Waisenkinder eigentlich? Ich habe herausgefunden, dass sie aus zehn Dörfern stammen, die alle nah beieinander liegen und gut miteinander vernetzt sind.
Die Dörfer, die inzwischen in der Fußballliga mitspielen?
Richtig. Ich saß eines Abends mit meinem Kumpel Ruben Hoffmann bei einem Bier zusammen. Er ist Filmemacher und wollte mich mit der Kamera begleiten. Dann haben wir ein bisschen herumgesponnen und sind auf die Idee gekommen, auf dem Spielplatz ein kleines Fußballtor bauen. Aber dann kam uns die Idee mit der Liga für die Dörfer, um auch etwas für die Jugendlichen zu tun.
Die Idee war geboren.
Ja. Uns wurde berichtet, dass es einen einzigen Sportplatz im Umkreis von 60 oder 70 Kilometern von dem Ort Misanjo gibt. Nicht weit vom Waisenhaus entfernt. Einen unebenen, völlig verwucherten Bolzplatz. Mit einem Lehmboden, Holztoren und Spielfeldlienen aus Holzspänen. Jetzt ging es darum, Teams zu bilden, Material zu sammeln und die Liga einzurichten.
Dabei hatten Sie prominente Unterstützer.
Ruben arbeitet für die Sportschau und hatte daher Kontakt zu Matthias Opdenhövel. Er hat für uns einen Aufruf gemacht. Über 10.000 Leute sahen das Video, wir bekamen hunderte Facebook-Likes. Im Sommer 2015 sind wir schließlich nach Malawi geflogen. Das halbe Jahr bis dahin war eine Verkettung von Zufällen.
Wie meinen Sie das?
Wir haben uns auf die Suche nach weiteren Promis gemacht, die das Projekt unterstützen wollen. Dann erfuhren wir, dass der erfolgreichste malawische Nationalspieler aller Zeiten, Daniel Chitsulo, in Deutschland spielt. Früher für Osnabrück und Aalen, heute bei einem Amateurklub in Köln. Wir trafen ihn und drehten den nächsten Videoaufruf. In Malawi kennt ihn jeder. Er sagt über sich selbst, dass er ein Volksheld ist, der Lothar Matthäus oder Lukas Podolski Malawis. Anschließend konnten wir weitere Promis gewinnen, die Weltfußballerin Celia Sasic, Christian Streich, Jerome Gondorf. Am Ende hatten wir 7000 Euro und 200 Kilogramm Sachspenden gesammelt.
Wie haben Sie die nach Malawi transportiert?
Über einen Bekannten lernte ich den stellvertretenden Botschafter Deutschlands in Malawi kennen. So konnten wir den Botschaftsdienst des Auswärtigen Amtes nutzen und die Sachen kostenlos per Luftfracht nach Afrika transportieren.
Wie waren die ersten Tage in Malawi?
Der Vorsitzende des Waisenhauses hatte bei unserer Ankunft schon ein Komitee gegründet, bestehend aus einem Verantwortlichen aus jedem Dorf. Und er hatte dafür gesorgt, dass sich aus den zehn Dörfern sieben Teams gebildet hatten. Wir haben dann einen Spielplan mit drei Spieltagen pro Woche erstellt, Schiedsrichter bestimmt und mit den Regeln vertraut gemacht.
Sie haben Schiedsrichter ausgebildet?
Ja. Vorher gab es zum Beispiel eine völlig verrückte Abseitsregel. Wenn du im Abseits stehst und den Ball bekommst, pfeift der Schiedsrichter ab und der Spieler hat trotzdem noch die Möglichkeit, im Eins-gegen-Eins auf den Torwart zuzudribbeln und ein Tor zu erzielen – wie ein Penalty im Eishockey. Und die anderen Spieler dürfen sich nicht mehr bewegen. Deswegen haben wir mit dem Komitee ein einheitliches Regelwerk aufgestellt und einen Spieler jeder Mannschaft zum Schiedsrichter ausgebildet.