Flemming Povlsen gewann 1992 mit Dänemark überraschend bei der EM den ersten und einzigen Titel des Landes – auch dank eines Besuchs bei „McDonald’s“ und einem Song von Elton John. Heute wird der ehemalige Bundesliga-Stürmer 55 Jahre alt.
Das Interview erschien erstmal im Sommer 2017 zum 25-jährigen Jubiläum des EM-Titels.
Flemming Povlsen, was steht eigentlich auf Ihrem Klingelschild?
Mittlerweile wieder Povlsen. Aber von 1992 bis 1996 stand da „Europameister“. Man muss ja auch ein bisschen mit dem angeben, was man hat.
Ist der EM-Sieg von 1992 denn sonst in Ihrem Alltag noch präsent?
Und wie. Es kommen immer noch Menschen zu mir und bedanken sich. Selbst aus der jüngeren Generation, die damals noch gar nicht geboren war. Wir haben vor 25 Jahren in Schweden Geschichte geschrieben. Jedes Jahr treffen wir uns mit der gesamten Mannschaft. Dieses Mal sind wir noch einmal in das Hotel gereist, in dem wir damals während der Gruppenphase untergebracht waren und haben ordentlich gefeiert. Da kam alles noch mal hoch.
Es war der erste und bisher einzige Titel, den Dänemark je gewinnen konnte. Dabei waren Sie damals eigentlich gar nicht für das Turnier qualifiziert.
Stimmt, wir wurden in der Qualifikation nach einer Niederlage gegen Jugoslawien und einem Unentschieden gegen Nordirland nur Gruppenzweiter. Die Enttäuschung war riesig, die Freude umso größer, dass wir doch hinfahren durften. Obwohl der Grund natürlich ein tragischer war. Unser Freud war des anderen Leid.
Ihre Mannschaft rückte für Jugoslawien nach, weil dort Krieg ausgebrochen war. Sie befanden sich gerade mit dem BVB in der Saisonvorbereitung – und wollten erst gar nicht zur EM fahren.
Ich war mir einfach nicht sicher: Sind wir wirklich gut genug, um da mitzuspielen? Ich war auf dem bis dato Höhepunkt meiner Karriere, 1991/92 sind wir mit Dortmund fast Meister geworden. Hätten wir bei der EM drei Pleiten kassiert – ich hätte doch mein Gesicht verloren. Etwas Schlimmeres gibt es als Fußballer nicht. Aber nach ein paar Tagen Bedenkzeit wusste ich dann: So eine Chance bekommst du nie wieder.
Neben Ihnen standen mit Peter Schmeichel, Brian Laudrup und Johnny Mölby weitere bekannte Fußballer im Kader. Warum hatten Sie trotzdem die große Außenseiterrolle?
Weil die anderen Mannschaften trotzdem besser waren. Bei uns gab es ja nicht einmal die Frage, wer spielen darf. Das waren einfach die Elf besten. Für die anderen war klar: Sie sind dabei, um auf der Bank zu sitzen, mal reinzukommen und in erster Linie uns bei guter Laune zu halten. Nicht falsch verstehen: Das war eine sehr wichtige Aufgabe. Die gute Laune hat uns zu all diesen Siegen geholfen. Naja, und dass die anderen Mannschaften wie Frankreich oder Holland uns nicht wirklich ernst genommen haben.
Sie hatten ja auch das Image einer Spaßtruppe. Sie spielten Minigolf statt zu Trainieren, fuhren vor den Spielen mit dem Mannschaftsbus zu „McDonald’s“.
Auf Polizeimotorrädern sind wir auch mitgefahren (lacht). Diese Geschichten sind mit der Zeit immer besser geworden. Und diesen Ruf der Amateurtruppe haben wir schon während des Turniers bewusst aufrecht gehalten. Natürlich haben wir auch viel trainiert und unsere Mannschaft hatte Qualität. Aber wir wussten, wenn der Gegner denkt, dass wir mit solchen Methoden weitergekommen sind, wächst der Druck, gegen uns gewinnen zu müssen. Und damit die Nervosität. Wir wurden als Prügelknaben eingeladen, die achte Mannschaft, um die Lücke zu schließen. Das war die einzige Option, unsere Chancen zu steigern.