Er erzielte für Rot-Weiss Essen den wichtigen Ausgleichstreffer im Pokalkrimi gegen Leverkusen: Oguzhan Kefkir über schnelle Entscheidungen vorm Tor, das Aufstiegsrennen in der Regionalliga und Underdogs im DFB-Pokal.
Oguzhan Kefkir, was war am Dienstagabend nach dem Spiel in der Kabine los? Wie wurde gefeiert?
Wir waren erstmal alle total sprachlos und konnten es gar nicht fassen. Dass wir ein Spiel gegen solch einen Gegner, gegen den wir zunächst auch noch in Rückstand geraten waren, doch noch für uns entschieden haben, das fühlte sich an wie ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Insofern wurde das natürlich in der Kabine gefeiert. Allerdings mit Rücksicht auf die Partie am Wochenende. Da geht es ja weiter mit einem sehr wichtigen Spiel.
Wurde denn zumindest das ein oder andere Stauder-Pils getrunken?
Ein Bierchen gab’s auf jeden Fall. Schön mit Musik dazu. Wie sich das bei einer Feier nach so einem Spiel gehört.
Bayer hatte in der regulären Spielzeit viele Chancen, aber entweder fehlte die Kaltschnäuzigkeit oder es standen der Pfosten beziehungsweise Torwart Davari im Weg. Wieviel Glück war dabei und wie glücklich waren Sie, dass Bayer in den ersten 90 Minuten keinen reingemacht hat?
Die hatten echt sehr viele Chancen, darunter auch viele Hochkaräter. Wir haben alles reingeschmissen und versucht, alles so gut wie möglich abzuwehren. Natürlich hatten wir auch einen Torwart, der quasi alles gehalten hat. Er war eine Mauer hinten drin und lieferte eine Spitzenleistung. Dementsprechend wurde er auch zum „Spieler des Spiels“ gekürt, was er sich richtig verdient hat. Einerseits ist man natürlich froh, dass man das Glück auf seiner Seite hatte. Andererseits haben wir auch sehr viel für das Glück getan. Dass wir bei unseren wenigen Chancen kaltschnäuziger waren, das spricht auch für uns.
Als Achtungserfolg galt ja schon, dass Sie es in die Verlängerung geschafft haben. Was hat Trainer Neidhart in der kurzen Pause nach den ersten 90 Minuten zur Mannschaft gesagt?
Als es in die Verlängerung ging, sagte er, dass wir genauso weitermachen und das so durchziehen sollen. Wir sollten versuchen, Nadelstiche zu setzen. Später, als es dann nach dem 0:1 in die zweite Hälfte der Verlängerung ging, sprach der Trainer an, dass wir nichts zu verlieren hätten und „Alles oder Nichts“ spielen sollten. Er hat uns für die restlichen 15 Minuten nochmal richtig heiß gemacht und uns vermittelt, dass noch alles drin sei. Dass das dann wirklich geklappt hat und wir das Spiel noch gedreht haben, das war die Bestätigung von alledem.
„Zum Glück fällt mir der Ball dann auch noch vor die Füße.“
Wie haben Sie es nach dem 0:1‑Rückstand geschafft, weiter an das Wunder zu glauben? Dachten Sie nicht: Das war’s jetzt?
Ich habe das Spiel auf jeden Fall nicht abgeschrieben. Ob wir das Spiel noch drehen würden, das war in der Situation schwer zu sagen. Ich wusste aber: Wir haben noch genug Zeit und die eine Aktion oder die Chance, bei der wir das 1:1 machen können, wird vielleicht noch kommen. Dass zumindest der Ausgleichstreffer drin ist, das Gefühl habe ich immer gehabt.
Sie selbst wurden in der 62. Minuten eingewechselt und trafen später zum 1:1-Ausgleich. Ihrem Tor ging ein Abpraller von Torwart Hradecky voraus. Was haben Sie sich in dem Moment gedacht?
Schon in der Situation, in der Platzek zum Schuss ausholt, habe ich den Weg gemacht und auf den Abpraller spekuliert. Natürlich so, dass ich nicht im Abseits stehe. Zum Glück fällt mir der Ball dann auch noch vor die Füße. Aber ich musste mich schon konzentrieren, weil es auf dem Boden, mit dem ganzen Matsch, schwierig war. Der Ball war sowieso schwer einzuschätzen und kam auch richtig komisch. Aber ich habe den einfach so, wie er kam, reingehauen, ohne viel rumzuexperimentieren. Ich war glücklich, dass ich den Weg gemacht habe und der Ball auch in meine Richtung abgeprallt ist.
Wie schnell ging das alles?
Das ging sehr schnell! Das war eine Aktion. Du machst den Weg und schon liegt dir der Ball vor den Füßen. Dann kommt der Torwart an, du musst schnell handeln und möglichst noch das Tor treffen. Und zack steht es 1:1. Dann kam natürlich Aufbruchsstimmung und wir sind aufs Ganze gegangen, das hat man uns auch angemerkt. Von der Bank aus haben sie uns dann auch nach vorne gepeitscht. Jeder hat dran geglaubt. Daran, dass ein Sieg drin ist.
Das 2:1 ist ja dann auch noch gefallen, das hat Ihr Kollege Engelmann gemacht. Wie erlösend war der Schlusspfiff?
Das konnten wir schon beim Torjubel gar nicht fassen. Wir sind mit 2:1 in Führung! Dann hieß es einfach: Alle hinten rein, alle verteidigen! Alles nochmal rausholen, ob man einen Krampf hat oder nicht. Da wollten wir wirklich nur noch, dass das Spiel vorbei ist. Jede Minute hat sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Wir haben das alle zusammen gut verteidigt. Dann gab es noch einmal drei Minuten Nachspielzeit, da ging wirklich jede Minute unfassbar langsam rum. Aber wir haben es dann Gott sei Dank über die Bühne gebracht.
War das der größte Erfolg Ihrer Karriere?
Ja, das kann man schon so sagen. Ich hatte noch einen Aufstieg in die dritte Liga. Aber dieses Mal habe ich auch noch ein so wertvolles Tor geschossen.
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Hat der Trainer schon an den Run des damaligen Regionalligisten 1. FC Saarbrücken aus der letzten Pokalsaison erinnert?
Das haben wir schon im Kopf. Wir haben das auch alle verfolgt, dass Saarbrücken sehr weit gekommen ist, bis ins Halbfinale. Das war natürlich eine starke Leistung. Saarbrücken hat gezeigt, dass auch ein Regionalligist Bundesligisten raushauen kann. Das haben wir dieses Jahr bestätigt – sogar gegen mehrere Bundesliga-Klubs. Der kleine Unterschied ist ja, dass Saarbrücken die Spiele oft im Elfmeterschießen entschieden hat. Wir haben die Spiele in der regulären Spielzeit oder der Verlängerung gewonnen. Von daher: Warum sollten wir nicht auch ins Halbfinale einziehen können?
Damals scheiterte Saarbrücken an Leverkusen. Das kann RWE nicht mehr passieren.
Stimmt, Leverkusen ist jetzt raus, Bayern München ist auch raus. Es sind nicht mehr so viele Topvereine drin. Wir sind gespannt, gegen wen es in der nächsten Runde geht. Aber wir freuen uns erstmal über den Sieg.
Zum ersten Mal seit der Saison 93/94 – damals schaffte es RWE ins Pokalfinale gegen Bremen – kam der Verein übers Achtelfinale hinaus. Wie groß ist der Erfolg für den Traditionsklub und auch für die Stadt Essen?
Einfach weil es schon sehr lange her ist, dass RWE im Pokal so weit gekommen ist, bedeutetet der Erfolg echt viel. Auch für die Stadt und für die Fans, die jetzt in dieser schwierigen Zeit nicht ins Stadion dürfen. Das ist natürlich auch blöd für uns, weil wir uns immer vorstellen, was für eine Stimmung gewesen wäre, wenn wir vor Fans gespielt hätten. Aber der Erfolg ist für alle: Jeder kann sich freuen. Außerdem ist finanziell gesehen für den Klub, vor allem im Vergleich zu größeren Klubs, die Summe immens wichtig.
RWE hängt seit der Saison 2008/09 in der vierten, teilweise sogar der fünften Liga fest, war schön öfter nahe am Aufstieg dran, was aber bisher nicht gelang. Wie sehr wünscht man sich im Verein die dritte Liga?
Wir wünschen uns das alle sehr und wir arbeiten hart daran, das ist ja kein Geheimnis. Wir wollen unbedingt aufsteigen und wir tun alles dafür. Es geht in die richtige Richtung. Wichtig ist, jetzt dranzubleiben und nicht nachzulassen. Wir haben am Wochenende ein wichtiges Spiel, was richtungsweisend ist. Der Aufstieg ist ein Traum von jedem.
Mit dem KFC Uerdingen sind Sie schon zweimal aufgestiegen, Sie kennen sich also aus. Klappt es auch bei Essen dieses Jahr? Und was können Sie dazu beitragen?
Ich bin vollkommen überzeugt davon, dass es klappen kann. Was ich beitragen kann? Ich bin ein Offensivspieler und daher trage ich am meisten durch Tore und Vorlagen bei. Das versuche ich so gut wie möglich zu machen.
Noch einmal zurück zum Pokal: Von den Teams, die in der Verlosung sind: Welchen Gegner wünschen Sie sich für die nächste Runde?
Von mir aus könnte es dieses Mal auch ein Zweitligist sein. Aber eigentlich ist es egal. Ich freue mich auf jedes Spiel, auf jeden Gegner.
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