Achtung Achterbahn. Bei 1860 München herrschte in der Saison-Vorbereitung eine riesige Euphorie. Dann blamierten sich die Löwen bis auf die Knochen. Sportlich, wie neben dem Platz. Eine Chronik.
4. Juni 2014
1860 München stellt Ricardo Moniz als neuen Trainer vor. Der Niederländer war zuvor Techniktrainer bei Tottenham Hotspur, Interimstrainer beim Hamburger SV, Cheftrainer bei Red Bull Salzburg, Vorgänger von Thomas Doll bei Ferencváros Budapest. 1860 München greift nach den Sternen. Sportchef Gerhard Poschner: „Er musste es einfach sein. Ricardo ist ein Vollblut-Typ. Er lebt Fußball.“
16. Juni 2014
Die Löwen verpflichten zwei Neue. Ilie Sanchez und Edu Bedia wechseln vom FC Barcelona an die Isar. Die „Abendzeitung“ zitiert Sportchef Poscher, Barca hätte beide Spieler sehr gerne gehalten, die Kicker hätten aber den „nächsten Schritt machen wollen“. Bescheiden titelt die „Abendzeitung“: „TSV Barca Giesing“.
17. Juni 2014
„Wer Platz fünf im Kopf hat, landet auf Platz zehn. Wer Platz eins im Kopf hat, erreicht mehr. Die Mittelmäßigkeit muss raus aus den Köpfen. Ich erwarte auf dem Rasen Hasardeure, Kämpfer, Revolutionäre, echte Kerle. Wir sind Löwen. Wir wollen keinen Angsthasen-Fußball, sondern Raubkatzen-Fußball“, sagt Gerhard Poschner.
23. Juni 2014
Die Löwen starten in die Vorbereitung. Laktattest im Münchner Olympiapark. Einziger Abstinenzler: Trainer Moniz. Ein gesundheitlicher Notfall in der Familie hindert den 50-Jährigen, an der ersten Einheit seiner Mannschaft teilzunehmen.
29. Juni 2014
Ab auf Klassenfahrt! Moniz trommelt sein Team im ersten von zwei Trainingslagern zusammen. Man residiert im Rilano Resort Steinplatte im malerischen Pillersee-Tal (Tirol). Motto: Kondition bolzen. Verteidiger Vallori twittert: „Was dich nicht umbringt, macht dich noch stärker.“
5. Juli 2014
1860 verliert ein Testspiel gegen den österreichischen Zweitligisten Austria Lustenau 0:1. Zu allem Überfluss randalieren auch noch die eigenen Fans. Dabei feiert Austria Lustenau doch das 100-jährige Vereinsbestehen.
9. Juli 2014
Die Löwen schlagen den Ligarivalen Karlsruher SC im nächsten Testspiel 1:0. Es geht voran.
12. Juli 2014
Die beliebten Teambuilding-Maßnahmen werden abgeschafft. Kein Canyoning, kein Wildwasser-Raften, kein Wasserskifahren, kein Bergkraxeln. „Da verletzt man sich höchstens“, so Trainer Moniz, der anfügt: „Teambuilding passiert in der Kabine, wenn man sich unterhält, auf dem Trainingsplatz oder bei jedem Erfolg.“
14. Juli 2014
Zweites Trainingslager, dieses Mal im Panorama Royal in Bad Häring bei Kufstein (auch Tirol). Auf dem Programm: Schnelligkeit, Sprints und Taktik. Die Bild prophezeit „Den Löwen droht das härteste Camp seit Werner Lorant“.
17. Juli 2014
Der nächste Star stößt zum Team. Leonardo, ehemaliger brasilianischer U21-Spieler, Top-Angreifer, UEFA-Cup-Sieger. Leider liegt der Pokalgewinn schon zwölf Jahre zurück: 2002 mit Feyenoord Rotterdam gegen den BVB. Inzwischen ist Leonardo 31 Jahre alt, zuletzt hat er fünf Wochen Urlaub gemacht. Sein Versprechen: „In drei Wochen werde ich meine Topform haben.“ Die Fans munkeln, das Engagement sei ein Freundschaftsdienst. Leonardo hatte schon in Salzburg und Budapest unter Moniz gespielt.
21. Juli 2014
Andere Löwen haben besser lachen! Der Zoo Hoyerswerda feiert Geburtstag, das Löwenpaar Fritz und Baari wird 19 und sieben Jahre alt. Im Rahmen einer „kommentierten Schaufütterung erhalten beide Tiere eine leckere Bluteisbombe und einen mit Mist gefüllten Jutesack.“ Das nur am Rande.
26. Juli 2014
1860 gewinnt das vorletzte Testspiel 2:0 – gegen den Premier-League-Klub Stoke City. Die „tz“ schreibt: „Starke Löwen in guter Form.“
28. Juli 2014
Der „Kicker“ befragt alle Zweitligatrainer, wer wohl aufsteigen wird. Kosta Runjaic, Oliver Reck, Norbert Düwel, Peter Neururer und Frank Schmidt legen sich fest: die Löwen packen’s!
29. Juli 2014
Angestachelt davon gelingt die Generalprobe der „Sechzger“ eine Woche vor Ligastart. Sie schlagen den TSV 1883 Schwabmünchen, immerhin Bayernligist, 3:1.
30. Juli 2014
Nur einen Tag später legt sich Ricardo Moniz bei Sky fest, wo die Reise in dieser Saison hingehen wird: „Wir müssen Meister werden, fertig. Diese Saison muss es passieren, so einfach ist das.“
3. August 2014
Die Löwen haben einen neuen Kapitän. Julian Weigl. 18 Jahre alt, bislang 14 Einsätze in Liga zwei, elfmal von Beginn. Ein Eigengewächs als jüngster Kapitän aller Zeiten. Sportchef Poschner in der Bild: „Ich sehe da kein Problem. Entweder man ist als Leader akzeptiert oder nicht.“
4. August 2014
Montagabend, 1860 startet gegen den 1. FC Kaiserslautern in die zweite Liga. Zur Halbzeit führen die Löwen, die bereits ab der 20. Minute in Überzahl spielen, 2:0. Am Ende gewinnt Kaiserslautern 3:2.
5. August 2014
Yannick Stark, Daniel Adlung, Vitus Eicher und Kapitän Julian Weigl feiern bis 2.30 Uhr in der Münchner Innenstadt. Ein Taxi-Fahrer erkennt einen Spieler und verpetzt ihn beim Verein. Sportchef Poschner erfährt von der Geschichte, hält sie aber noch zurück.
7. August 2014
Kult-Trainer Werner Lorant schaut bei den „Sechzgern“ vorbei. Er löffelt einige Espresso, beobachtet das Training und plaudert eindringlich mit Trainer Moniz. Später berichtet der „Beinharte“: „Moniz weiß, was er für Fehler gemacht hat.“ Immerhin verspricht Lorant Beistand: „Ich werde am Sonntag im Stadion sein. Wenn ich in der Arena war, hat Sechzig noch nie verloren…“
10. August 2014
1860 verliert 0:3 – gegen RB Leipzig. Die Löwen werden an die Wand gespielt. Während der Partie zieht dann auch noch Torwart Gabor Kiraly seinem Abwehrkollegen Gary Kagelmacher an den Haaren. Kiraly wird suspendiert, genau wie seine vier Party-Kollegen vom Dienstagabend. Bubi-Kapitän Weigl ist sein Amt schon wieder los. „Darum hat er sich selbst gebracht“, sagt Poschner.
11. August 2014
Trainer Moniz ist das Gesamtbild seines Vereins peinlich. „Da schämst du dich kaputt“, zitiert ihn die „SZ“.
12. August 2014
Die „Party-Löwen“ kriechen zu Kreuze. „Unser Verhalten war nicht in Ordnung. Und dafür stehen wir jetzt natürlich gerade. Es war ein Fehler, den wir bereuen“, lassen Ex-Kapitän Weigl, Adlung, Eicher und Stark über ihren Verein mitteilen. Sie müssen trotzdem vorerst mit der U21 trainieren.