In türkischen Fußballstadien sind politische Statements erwünscht – allerdings nur wenn sie den aktuellen Krieg in Afrin unterstützen.
Seitdem haben sich die Ultras des Vereins durch eine Reihe von aufwendigen Choreographien einen Namen gemacht. So wurde beispielsweise der Opfer des gescheiterten Putschversuchs mit einer großangelegten Choreo gedacht. Im Dezember unterstützten die Fans mit einem Papp-Felsendom Präsident Erdoğans Forderung, Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas anzuerkennen.
Vor der Begegnung gegen Galatasaray İstanbul letzte Woche folgte dann wohl die bisher spektakulärste Choreographie: Ein türkischer Panzer schießt zwei Raketen auf eine Festung, in der Abwandlungen einer israelischen und US-amerikanischen Fahne gehisst sind. Im Vordergrund der Festung, die das umkämpfte Afrin darstellen soll, stehen drei bewaffnete, schwarz gekleidete Personen. Als die Raketen einschlagen und die Festung zerstören, steigt Rauch aus dem Block auf. Das Publikum jubelt, skandiert erneut „Allahu-akbar“, während der TV-Kommentator den „Mehmetcik“, den einfachen türkischen Soldaten, Gottes Segen bei ihrem Einsatz wünscht.
Die Kurven bleiben politisch
Auch einige Vereine in den unteren Ligen zogen nach und zeigten in vielfältiger Form Unterstützung für die Militäroffensive. Die Spieler des Fünftligisten 1074 Çankırıspor liefen gar in Tarnkleidung auf den Platz und salutierten vor den Soldaten. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums sind Statements im Stadion hingegen unerwünscht und ziehen regelmäßig Sanktionen des türkischen Fußballverbandes TFF nach sich. Ein prominentes Opfer dieser einseitigen Auslegung der Meinungsfreiheit ist Deniz Naki.
Schon in den letzten Jahren wurde der deutsch-kurdische Fußballer unter anderem wegen angeblicher Terror-Unterstützung angeklagt und vom Verband zu Rekordstrafen verurteilt. Nun wurde ihm ein Video zur Last gelegt, in dem Naki zur Teilnahme an einer Anti-Kriegs-Demonstration in Köln aufrief. Der Disziplinarrat des Verbands wertete seinen Beitrag als „Diskriminierung und ideologische Propaganda“ und sperrte ihn lebenslang. Beim letzten Heimspiel von Nakis ehemaligem Klub FC St. Pauli zeigten Fans derweil ein Spruchband gegen die türkische Militäroffensive in Afrin. Die Kurven bleiben politisch.