Frankfurt, Augsburg und Hannover spielen eine herausragende Saison. Warum das vielen Vereinen, die hinter ihnen stehen, peinlich sein sollte.
„Wir wollen Euch kämpfen sehen“, sangen die Fans des VfB Stuttgart im Spiel gegen den FC Schalke 04 an diesem Wochenende und beim Stand von 0:2. Quatsch, entgegnete Ex-Nationalspieler und VfB-Legende Hansi Müller im Interview bei den Kollegen von Sky: „Es müsste heißen: Wir wollen Euch kicken sehen.“
Recht hat er.
Im deutschen Fußball wurde zuletzt viel darüber gemeckert, dass die Bundesliga international hinterherhinken würde. Die englische und die spanische Liga seien definitiv viel besser, ließ zuletzt dann auch Klassensprecher Mats Hummels verlauten. Und all die Vollzeit‑, Freizeit- und Laienkritikaster stimmten fröhlich mit ein in den angedachten Chor und prusteten inbrünstig aus der Tiefe ihrer Überzeugung: Amen.
So diskutabel dieser Klagegesang ob des alten „Äpfel mit Birnen“-Paradoxons für sich genommen ist, umfasst er in seiner Argumentation doch ein nur schwerlich zu ignorierendes Phänomen: den Defensiv-Fetisch vieler Bundesligisten.
Abwehrschlachten können sexy sein, aber..
Augsburg, Hannover, Frankfurt —allesamt seit Anbeginn spätestens dieser Saison zuvorderst auf Zerstörung aus. Von anderen Vereinen, bei denen man sich gar nicht sicher sein kann, was überhaupt Konzept und was bloße Verzweiflung ist, ganz zu schweigen. Igitt und Bäh brüllten die selbsternannten Verteidiger des schönen Spiels.
Jene, die nicht selten für sich in Anspruch nehmen, einzig und allein durchdrungen zu haben, was denn nun ästhetisch sei und was nicht. Als könnte nicht auch eine Abwehrschlacht ganz veritabel sexy sein. Und manche revidierten angesichts der Erfolge von Augsburg, Hannover und Frankfurt ihre Meinung. Andere brüllten einfach noch lauter.
Geschickt? Feige!
Tatsache ist aber auch: In der Bundesliga gewinnt allzuoft die Mannschaft, die weniger Fehler macht. Nicht die bessere Fußball-Mannschaft, die, die besser SPIELT. Das kann man weise nennen, weil es eine Binse ist. Man kann es taktisches Geschick nennen. Man kann es aber auch einfach feige nennen.
Augsburg, Hannover und Frankfurt leisten einen fantastischen Job. Sie können ihn aber auch deshalb leisten, weil sich finanziell und individuell erheblich besser ausgestattete Mannschaften auf das Spiel einlassen. Weil auch jene Teams auf Fehlervermeidung, Fünferketten und Zerstörung setzen.
Angst essen Fußball auf
Anstatt sich auf ihre Stärken zu besinnen, auf das Talent, dass ihren ja auch deshalb so gut bezahlten Profis eingeschrieben steht. Anstatt sich vor allem darüber Gedanken zu machen, wie man Tore erzielt. Und nicht darüber, wie man Tore verhindert.
Angst essen Seele auf, heißt es. Angst essen Fußball auf, könnte es heißen. Natürlich geht es im Profigeschäft vor allem darum, zu gewinnen. Aber die Erfolge von Augsburg, Hannover und Frankfurt zeigen all jenen Vereinen, die hinter ihnen stehen und eigentlich über bessere Mittel verfügen: Es nicht zu wagen, ist auch keine Lösung.