Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: "Da kommt eine dicke Nummer auf uns zu"

Wie erreicht man denn als Viert­li­gist seine Anhän­ger­schaft? In der Sport­schau wird die Regio­nal­liga nicht gezeigt, auf den dritten Pro­grammen auch selten.
Da es kaum Infor­ma­tionen über uns gibt, müssen wir die selbst ver­breiten. Wir machen einen Stream, mit einer Kamera und einem Kom­men­tator, das finan­ziert sich durch Tages­karten und Dau­er­kar­ten­in­haber, die als Aus­gleich eine Dau­er­karte für den Live­stream gekriegt haben. Das ist doch klasse. Wir kommen jetzt raus und sind prä­sent! Dazu haben wir eine digi­tale Mit­glied­schaft ins Leben gerufen, mit der wir eine enge Bin­dung an den Verein errei­chen wollen, ganz unab­hängig vom Spieltag selbst. Was dazu­kommt: Es sind unglaub­lich viele dabei, die auf­grund ihres Wohn­ortes selten bis nie ins Sta­dion kommen. Wir bekommen dann Mails, aus den ent­le­gensten Ecken der Repu­blik, in denen sich Leute bedanken, dass sie nach Jahren end­lich wieder was von ihrem Her­zens­verein mit­kriegen.

Wie kann man sich eine Saison unter Pan­de­mie­be­din­gungen vor­stellen? In der Bun­des­liga wird in einer geschlos­senen Blase wei­ter­ge­spielt. Geht das auch in der Regio­nal­liga?
Die Spieler dürfen ihren Pri­vat­kram auch wei­terhin machen, aber bitte ver­ant­wor­tungs­be­wusst. Für die Tests haben wir eine Hygie­ne­be­auf­tragte ange­stellt. Die Spieler kommen Mon­tags, Mitt­wochs und immer vor den Spielen zum Test und dann kriegen alle, die mit der Mann­schaft in Berüh­rung waren und kommen werden, ein Stäb­chen – selbst der Bus­fahrer. Bisher hatten wir nur zwei Ver­dachts­fälle, aber nie inner­halb des engeren Kreises. Sollten wir jemanden positiv testen, wird das sofort dem Gesund­heitsamt mit­ge­teilt, dann wird der Ver­band infor­miert und geschaut, ob man das Spiel den­noch aus­tragen kann.

Ein großer Auf­wand in der Infra­struktur.

Was dazu­kommt: Wir als Viert­li­gist zahlen unsere Tes­tungen selber. Wenn man alles zusam­men­rechnet hat uns die Corona-Pan­demie an Des­in­fek­ti­ons­mit­teln, Pla­nungen und Anträgen und Tests für die Spieler bis zum 30. Juni 40.000 Euro gekostet. Also können wir ein Zehntel der Lan­des­mittel schonmal abhaken.

Rot-Weiß Ober­hausen ist gut im Spiel­plan durch­ge­kommen, einige Teams haben aber bis zu vier Spiele weniger. Wie ver­zerrt ist der Wett­be­werb in der Regio­nal­liga?

Wir haben fast alles so gespielt, wie es geplant war. Da bin ich auch ganz froh drüber, denn da kommt jetzt eine dicke Nummer auf uns alle zu. Ab Mitte April sollen zusätz­lich die Lan­des­po­kale aus­ge­spielt werden, damit die Teil­nehmer für den DFB-Pokal fest­stehen. Da haben einige Mann­schaften noch zusätz­lich bis zu acht Spiele, die dann in eng­li­schen Wochen durch­ge­prü­gelt werden. Diese zusätz­liche Belas­tungen auf die kaputten Kno­chen am Ende der Saison werden zu deut­li­chen Wett­be­werbs­nach­teilen führen. Aber da kannst du dich auf­regen oder dich auf den Boden schmeißen und trom­meln. Da wird keiner was dran machen.

Nor­ma­ler­weise liegt die Tref­fer­quote für einen guten Transfer bei 70 Pro­zent. Das wird dieses Jahr viel ris­kanter“

Zusätz­liche Ver­stär­kungen aus den Jugend­leis­tungs­zen­tren sind auch nicht mög­lich. Die U19 hat das letzte Mal am 18. Oktober gespielt.
Wenn du jetzt jemanden hoch­ziehst, kannst du den direkt für sechs Monate krank­melden. Die Jugend­ar­beit wird noch ein großes Pro­blem für den gesamten Fuß­ball­be­reich. Wir haben bis jetzt noch keine nen­nens­werten Abmel­dungen, aber wenn wir wieder trai­nieren dürfen, dann gucken wir mal, wie viele Ver­letzte wir haben und wie viele Abmel­dungen wir kriegen. Die 14-jäh­rigen, die früher richtig Spaß am Fuß­ball hatten, sitzen jetzt aber seit sechs Monaten zu Hause und dad­deln nur an der Kon­sole. Ob die nicht nach drei Mal trai­nieren, wenn es nass und kalt war bei zwei Grad draußen, sagen, dass zuhause Rum­hängen und Zocken doch besser ist?

Wie plant man denn in diesen unbe­stän­digen Zeiten einen Kader für die nächste Saison?
Zugänge können wir nur aus der Regio­nal­liga West und Süd­west holen. Aus der Ober­liga, zum Bei­spiel, kriegst du zwar bestimmt auch Leute, die sind privat alle viel gelaufen, aber die haben ein Drei­vier­tel­jahr kein Fuß­ball mehr gespielt. Wir sollten nicht erst ein Auf­bau­trai­ning von sechs Monaten ver­an­stalten müssen. Gene­rell liegt die Tref­fer­quote, wenn der Sport­di­rektor ein richtig glück­li­ches Händ­chen hat, bei 70 Pro­zent. Das wird dieses Jahr viel schwie­riger und ris­kanter. Und vor allem auch teurer.

Du kannst auch mit viel Kohle viel falsch machen“

Ist man in der Situa­tion nicht nei­disch auf die Nach­barn von Rot-Weiss Essen? Dort wird man dank der Pokal­er­folge weniger Geld­sorgen haben.
Es ist kein Neid. Ich meine, wer wünscht sich das denn nicht, als Viert­li­gist 1,9 Mil­lionen Euro aus dem Pokal mit­zu­nehmen. Dazu haben sie mit dem Trainer und den Spie­ler­ver­pflich­tungen viel richtig gemacht und auf Auf­stieg gesetzt. Das hat auch etwas mit Geld zu tun, aber du kannst auch mit viel Kohle viel falsch machen. Das haben die Essener ja selbst ein paar Jahre lang so gemacht. Aber ich sage, wenn die dieses Jahr nicht auf­steigen, dann haben wir nächstes Jahr ein Pro­blem. Die Kriegs­kasse bei denen ist so gut gefüllt.

Also braucht die Kon­kur­renz gar keine Ambi­tionen anmelden?
Das würde ich anders sehen, man weiß ja nie was pas­siert. Das ist ja immer noch Fuß­ball. Außer der Tat­sache, dass Bayern Mün­chen Meister wird, ist ja nix vor­her­sehbar. Und gegen uns spielt RWE am Samstag auch noch. Gegen die zu ver­lieren hat hier keiner vor. Wir werden ihnen das so schwer wie mög­lich machen und wenn wir schuld sein werden, dass die nicht auf­steigen, dann ist das so. Dann haben wir wenigs­tens einmal Spaß. Natür­lich haben wir dann nächstes Jahr ein dickes Pro­blem vor der Nase, aber das ist ja noch nicht akut. (Lacht.)

Den Mut ver­liert ein Hajo Som­mers offenbar nicht so schnell. Lassen wir noch ein biss­chen Opti­mismus zu: Was wün­schen Sie sich für die Zukunft?
Fans im Sta­dion, kaltes Pils­bier, nächstes Jahr um den Auf­stieg mit­spielen. (Denkt nach.) Und ansonsten wün­sche ich mir den Welt­frieden. (Lacht.)