Als Präsident von Rot-Weiß Oberhausen und Geschäftsführer eines Theaters steht Hajo Sommers seit Beginn der Pandemie dauerhaft unter Strom. Ein Gespräch über Problemlösungen, unbändigen Optimismus und das Derby gegen Rot-Weiss Essen.
Hajo Sommers, die Pandemie macht Ihnen als Präsident eines chronisch klammen Regionalligisten und als Inhaber eines Theaters das Leben ganz schön schwer, oder?
Ja schon. Aber die Zeiten waren auch schon härter. Auch wenn es schwerfällt, aber was willst’n machen? Das ist eine Belastung, die hätte ich mir mit 62 jetzt nicht mehr gewünscht, aber allgemein finde ich es nicht so schlimm wie alle anderen. Man muss sich jetzt damit arrangieren und schauen, wie es zukünftig weitergeht.
Sieht man denn Licht am Ende des Tunnels?
Einen kleinen Hoffnungsschimmer. Im März letzten Jahres hieß es „in einem oder zwei Monaten geht’s wieder normal weiter“ und es kam anders. Jetzt sieht es etwas besser aus: Dafür, dass wir im Verein 300.000 Euro eingespart haben, spielen wir eine ganz gute Runde. Im Theater ist das schwieriger. Dort müssten wir 250 Zuschauer zulassen, um überhaupt unsere Kosten zu decken können. Das ist momentan noch nicht möglich.
Für die Vereine der Regionalliga West hat das Land Nordrhein-Westfalen 15 Millionen Euro bereitgestellt. Wie viel kriegt Rot-Weiß Oberhausen davon ab und wie berechnet sich die Förderung?
Die fehlenden Ticketeinnahmen aus bestimmten Berechnungszeiträumen werden zu 60 Prozent ersetzt. Da haben wir für den ersten Berechnungszeitraum 289.000 Euro erhalten. Vereine mit höheren Zuschauerzahlen wie Alemannia Aachen und Rot-Weiss Essen bekommen deutlich mehr. Aktuell läuft der zweite Antrag, da wird es rund 185.000 Euro geben.
„Es ist nicht schön, aber es ist auch kein Grund zum Heulen“
Kommt man so ohne Verluste über die Spielzeit?
Trotz unserer Einsparungen zu Beginn der Saison werden wir mit einem Minus von 200.000 bis 300.000 Euro abschließen. Da bis Saisonende weiterhin keine Zuschauer ins Stadion kommen dürfen, werden wir prüfen, ob man einen Teil des Minus geltend machen kann. Wir arbeiten daran und werden das bestimmt auch noch hinkriegen, diesen Betrag zu drücken. Wie viel man letztendlich abgetragen kriegt, kann man nicht vorhersehen, also müssen wir davon ausgehen mit einem Minus von Summe x in die neue Saison zu starten. Für Corona-Zeiten find ich das vollkommen in Ordnung. Es ist nicht schön, aber es ist auch kein Grund zum Heulen. Wir werden nicht pleite machen und auch keine Insolvenz anmelden müssen. Wir werden überleben. Das ist die Hauptsache!
Und die Sponsoren, wie hält man die bei Laune?
Es haben sich nur die Sponsoren zurückgezogen, die aufgrund von Geschäftsschließungen nicht mehr können. Alle anderen haben gezahlt. Durch das Streaming unserer Spiele können wir wenigstens noch eine Gegenleistung bieten, damit waren die meisten Sponsoren zufrieden.
Was wäre denn bei einem Saisonabbruch passiert?
Wir haben die Sponsorenzahlungen geteilt, weil wir nicht wussten, ob die Saison zu Ende gespielt wird. Hätten wir nicht weiter gespielt, hätten wir die Zahlungen für die zweite Saisonhälfte nicht in Anspruch genommen. Dann hätten wir hier alle Spieler und Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Der größte Kostenfaktor sind halt die Personalkosten. Aber jetzt müssen wir weiterspielen, weil wir die Sponsorengelder genommen haben.
„Ich hoffe, dass dass die Leute statt zu Schalke oder Dortmund zu uns kommen. Hier alles viel greifbarer – und der Bierpreis ist in Ordnung“
In einer Talkrunde der Sportschau haben Sie gesagt: „Die Ultras und die Fans haben uns am Kacken gehalten“. Wie haben die das geschafft?
Aus der Fanszene kam ein Aufruf, sich mit Geisterspieltickets und Geisterbieren einzudecken. Das hat dazu geführt, dass am Ende der Saison, wo kein frisches Geld mehr reinkommt, knapp 150.000 Euro auf unserem Konto gelandet sind. Und dass keiner darauf bestanden hat, den Restbetrag seiner Dauerkarte, ausgezahlt zu kriegen, auch wenn es nur ein paar Euro waren. Das alles hat mich zu Tränen gerührt. Und das meine ich auch mit „am Kacken gehalten“. Außerdem machte das sehr viel Spaß, die Gesichter der umstehenden Redaktionsassistent*innen zu sehen, wenn man das Wort „Kacken“ in der Sportschau sagt. Ich fand’s amüsant – und die fanden’s auch alle gut. (Lacht.)
Werden alle Fans wieder zurückkommen, wenn es wieder möglich ist? Viele Fans sagen, sie hätten sich durch die Pandemie vom Fußball entfremdet.
Es wird sich zeigen, wen wir in den anderthalb Jahren verloren haben. Es wird nicht die ganz große Menge sein, aber es gibt sicher einige, die da kein Bock mehr drauf haben. Das ist aber eher eine Frage der ersten Liga. Ich hoffe ein bisschen darauf, dass die Leute statt zu Schalke oder Dortmund zu gehen, zu uns in die vierte Liga kommen, weil hier alles viel greifbarer und dazu noch der Bierpreis in Ordnung ist. Aber wir, so ehrlich müssen wir sein, führen mittlerweile auch ein Geschäft, nur ist das längst nicht so aufgeblasen wie in den höheren Ligen.