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Seite 2: „150.000 Mark – für einen 16-Jährigen“

Wie wurden Sie als Flücht­ling behan­delt?
Damals kamen ja regel­mäßig Flücht­linge aus dem Osten, die Men­schen hatten sich schon daran gewöhnt.

Was hat Ihnen damals die meisten Pro­bleme in der neuen Heimat gemacht?
Defi­nitiv die Sprache. Ich bekam ein halbes Jahr lang Deutsch­un­ter­richt, erst dann wurde ich in eine deut­sche Klasse ver­setzt. Meine Eltern taten sich mit der neuen Sprache natur­gemäß noch schwerer.

Wann kamen Sie das erste Mal mit Fuß­ball in Berüh­rung?
Das ging sehr schnell. Schon im Auf­nah­me­lager war das meine Frei­zeit­be­schäf­ti­gung Nummer eins. Meine Sprach­schule lag direkt an der Grenze von Mühl­heim zu Ober­hausen. Mein Lehrer hatte Kon­takt zu Post SV Ober­hausen, also spielte ich mal beim Trai­ning vor und muss nach­hal­tigen Ein­druck hin­ter­lassen haben. Jeden­falls wollten die mich gar nicht mehr gehen lassen.

Half Ihnen der Fuß­ball bei der Inte­gra­tion?
Absolut. Vor­rangig ging es ja darum, dass ich so schnell wie mög­lich deutsch lernte und dabei half mir das Trai­ning und die Spiele unge­mein.

Wie viel ist dran an der Floskel von der uni­ver­sellen Sprache Fuß­ball“?
Eine ganze Menge. Ich habe das ja aus ver­schie­denen Per­spek­tiven erleben dürfen: als Flücht­lings­kind, dem der Fuß­ball den Über­gang in ein neues Leben erleich­terte, als Fuß­ball­profi im Umgang mit den ver­schie­densten Natio­na­li­täten und heute in meiner Tätig­keit als Sport­re­fe­rent für die AOK Rheinland/​Hamburg. Wo sich der Kreis übri­gens schließt: schon seit einiger Zeit orga­ni­siere ich mit meinem ehe­ma­ligen Mit­spieler Michael Klin­kert Trai­nings­tage für Schul­klassen, an denen auch Flücht­lings­kinder teil­nehmen. Die Reso­nanz ist groß­artig und zeigt mir immer wieder, wie viel Power der Fuß­ball hat.

Was ant­worten Sie dann Men­schen, die Flücht­lingen mit Furcht oder gar Hass begegnen?
Manchmal ver­suche ich mich tat­säch­lich daran, die Beweg­gründe von Men­schen auf der Flucht zu erklären. Dass sie nicht frei­willig ihre Hei­mat­länder ver­lassen, son­dern dafür gute Gründe haben. Und wir ihnen zumin­dest das Gefühl geben sollten, dass sie bei uns erstmal in Sicher­heit sind. Aber meiner Mei­nung nach hat die Politik schon im Vor­feld der Flücht­lings­wellen ver­sagt. Wenn man tatenlos zuschaut, wie in man­chen Staaten Macht­haber Krieg gegen die eigene Bevöl­ke­rung führen, muss man sich nicht wun­dern, wenn irgend­wann die Flücht­linge kommen. Die Büchse der Pan­dora ist geöffnet und jetzt müssen wir alle einen ver­nünf­tigen Weg finden, damit umzu­gehen.

Zurück zu Ihrer Kar­riere: Sie galten schnell als großes Talent, wurden schon 1983 erst­mals zur U15-Natio­nal­mann­schaft ein­ge­laden. Wie haben Sie das damals wahr­ge­nommen?
Das ging alles sehr schnell: von der Kreis­aus­wahl zu den Ver­bands­meis­ter­schaften und schließ­lich in die U‑Auswahlmannschaften. Mit 15 spielte ich plötz­lich vor 65.000 Zuschauern im Ber­liner Olym­pia­sta­dion, das war unglaub­lich. Bis zur U21 durch­lief ich sämt­liche U‑Teams und machte dabei offenbar einen so guten Ein­druck, dass sich 1986 Bayer Uer­dingen mel­dete.

Stimmt es, dass Bayer 100.000 DM an Ihrem dama­ligen Verein Rot-Weiß Ober­hausen über­wies, um Sie los­zu­eisen?
Ich glaube, es waren sogar 150.000. Viel Geld für einen 16-Jäh­rigen. Dazu bekam mein Vater einen neuen Job und der Verein stellte uns eine eigene Woh­nung. Unsere ganz per­sön­liche Aus­siedler-Erfolgs­story.